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Reform der BundeswehrAusländer sollen mitmarschieren

Auch Nichtdeutsche könnten bald bei der Bundeswehr Dienst tun. Sie sollen helfen, die befürchteten Nachwuchsprobleme zu lösen. Türken bleiben aber außen vor.

EU-Bürger sollen mitmachen dürfen: Soldaten der Bundeswehr. Bild: dpa

Es könnte bunter werden beim Bund, zumindest wenn es nach Plänen von Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) geht. Damit den Streitkräften auch nach Wegfall der Wehrpflicht nicht die Rekruten ausgehen, soll die Bundeswehr ein möglichst attraktiver Arbeitgeber werden, auch für Ausländer.

Die Öffnung gegenüber Migranten ist dabei nur Teil des "Maßnahmenpakets zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr". Ferienbetreuung und Betriebskindergärten sollen zum Beispiel die Familienfreundlichkeit in den Vordergrund stellen, um dem Bund ein positives Arbeitgeber-Image zugeben. Für besonderes Aufsehen sorgt allerdings der Vorschlag, künftig auch um ausländische Rekruten zu werben.

Im Entwurf des Maßnahmenpakets heißt es: "Bestehende Regelungen sind so zu erweitern, dass Inländer bei entsprechender Eignung, Befähigung und Leistung auch ohne deutsche Staatsangehörigkeit regelmäßig in die Streitkräfte eingestellt werden können." Bisher schreibt das Soldatengesetz für Berufs- und Zeitsoldaten die deutsche Staatsbürgerschaft vor. In Einzelfällen seien zwar Ausnahmen möglich, allerdings habe es in den vergangenen Jahren solche Ausnahmeregelungen nicht gegeben. Die geplante Öffnung der Bundeswehr gilt allerdings nicht für alle Nationalitäten.

Der Passus beziehe sich nur auf Ausländer aus EU-Staaten und Ländern wie beispielsweise der Schweiz, deren Berufsausbildung in Deutschland anerkannt sei, sagte am Montag der Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums, Steffen Moritz.

In Deutschland lebende Türken als größte Migrantengruppe sind dabei nicht als Rekruten im Visier. Für sie käme wegen der strengen Wehrpflicht in der Türkei ein Dienst beim Bund nicht in Betracht, sagte SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels. Dafür sei erst ein bilaterales Abkommen mit der Türkei nötig.

Obwohl SPD und Grüne den Vorschlag begrüßten, gab es auch mahnende Stimmen. Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Omid Nouripour, warnte davor, Bundeswehrsoldaten aus dem Irak und anderen Krisengebieten zu rekrutieren: "Dann würde die Bundeswehr zu einer Söldnerarmee, die mit dem Gewaltmonopol des Staates nichts mehr zu tun hat", sagte Nouripour.

Serkan Tören, integrationspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, verwies auf die interkulturelle Kompetenz von Soldaten mit Migrationshintergrund, die bei Auslandseinsätzen von Bedeutung sein könne. Gleichzeitig sprach er sich aber klar gegen eine Art "Fremdenlegion" aus: "Wer einen Eid auf die deutsche Fahne schwört, sollte auch deutscher Staatsangehöriger sein", sagte Tören.

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18 Kommentare

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  • V
    vic

    "von Frank:

    wieso fragt sich eigentlich niemand aus welchen Gruenden es ueberhaupt in jedem Staat Militaer gibt?

    Warum besteht so selbstverstaendlich ein Bedarf an Kriegsmitteln und an Personal welches diese Waffen, wohlgemerkt weltweit, gegen Menschen zum Einsatz bringt?"

    Weil die Menschheit in Lauf der Jahrhunderte die Produktion von Kriegsgerät jeder Größenordnung immer weiter perfektioniert hat.

    Und weil zu viele von uns niemals zufrieden sein werden. Es geht immer noch ein wenig "besser".

  • F
    Frank

    wieso fragt sich eigentlich niemand aus welchen Gruenden es ueberhaupt in jedem Staat Militaer gibt?

    Warum besteht so selbstverstaendlich ein Bedarf an Kriegsmitteln und an Personal welches diese Waffen, wohlgemerkt weltweit, gegen Menschen zum Einsatz bringt?

    Immerhin werden doch ganz erhebliche Teile des sogenannten Bruttosozialprodukts, summieren Sie das doch einmal zum Spass, in die Entwicklung, Beschaffung und den Einsatz von "Verteidigung" gesteckt.

    Wieso ist das eine Notwendigkeit?

     

    Wie wuerde die Welt heute aussehen, wenn man dieses Geld in eine weltweite Energie- und Wasserversorgung, ein Gesundheitswesen oder die Landwirtschaft "investiert" haette?

     

    Warum wird diese alternative Denkweise so verpoent und als links gebrandmarkt und bekaempft?

    Ist das nicht geradezu eine vorbildliche Friedfertigkeit?

     

    Und umgekehrt; Ist die Forderung nach Gleichberechtigung bei Personalfragen der Kriegsvorbereitung, zB. fuer Frauen oder auch "Auslaender", nicht eine abzulehnende Befuerwortung von Gewalt?

  • P
    PeterWolf

    @Alain-Xavier

    Ihre Analyse finde ich treffend, aber wie kommen Sie zu der Schlussfolgerung im letzten Satz?

    Das ist doch hochprofessionell (und keineswegs niveaulos) im Sinne der von Ihnen (zu Recht) angenommenen Intentionen.

    Oder meinen Sie mit "niveaulos" mangelnde Ethik?

    Dann kritisieren sie aber den falschen.

     

    "Bundesminister der Verteidigung" und "Ethik" sind grundverschiedene Kategorien, die nicht zusammen passen.

  • D
    Daniel

    Wieso Nachwuchsprobleme? Ist doch super, wenn die Menschen sich mit Sinnvollerem beschäftigen als Kriege...

     

     

    Bitte bei der Umfrage noch "Die Bundeswehr sollte abgeschafft werden." hinzufügen.

  • P
    pablo

    @stefan s.: ah und wenn wir gegen christen in den krieg ziehen müssen wir damit rechnen das die bundeswehr die waffen ablegt und nicht gegen ihre glaubensbrüder kämpfen.

  • A
    Alain-Xavier

    Wieder mal ein komplett hirnfreies Konzept. Anstatt die Bundeswehr zu reduzieren, wie bei Amtsantritt zugesagt, wofür auch die paar letzten deutschen Freiwilligen ausreichen würden, will der Gelminister nun weiter expandieren, auch von Kosteneinsparung iHv 8 Mrd. ist nun keine Rede mehr. Und warum sollen es Ausländer sein, richtig, sie sind in der Hirarchie noch besser manipulierbar, weil dankbar für das vergleichhsweise hohe BW-Lohnniveau und mangels Systemkenntnis noch unkritischer formbar. Aber das ist eh das Konzept der Politik, Menschen mit wie auch immer gearteten Defiziten, etwa aufgrund der Bildung, des Intellekts, Äusseren, Berufes etc., oder auch aus einigen Randgruppen in Ämter setzen, die deren einzige Chance für eine Karriere sind, was sodann eine 100%-ige Manipulierbarkeit und Systemkonformität garantiert. Diese aktuell regierende Gurkentruppe taugt nicht mal fürs Kasperltheater, einfach zu niveaulos.

  • F
    FAXENDICKE

    Kanonenfutter aller Länder zur Bundeswehr! Vielleicht noch im Rahmen einer "PPP" Aktion den Verein privatisieren und dann zurückleasen.

  • DG
    D. Gherman

    Erstaunlich. Marschieren und womöglich sterben darf man für die Deutschen, aber seine Wahlstimme letzten Sonntag (13.2.2011) für oder gegen die komplette Offenlegung von Wasserverträgen abgeben durfte man als EU-Ausländer nicht, auch wenn man das gleiche Berliner Wasser trinkt.

     

    D.

  • B
    Bobby

    Ist doch nur konsequent. Schon jetzt rekrutieren sich Berufs- und Zeitsoldaten überproportional aus Ostdeutschland. Und auch in GB und den USA sind ärmere Bevölkerungsschichten überproportional vertreten. Die US-Army wirbt mittlerweile massiv Lateinamerikaner mit dem Versprechen der Einbürgerung an und die privaten Armeen a la Blackwater aka Xe Service rekrutieren hauptsächlich in Afrika.

     

    Ökonomische Perspektivlosigkeit und Bereitschaft Berufssoldat zu werden korrelieren miteinander. Das bilaterale Abkommen mit der Türkei wird nur durch die nationalistische Ideologie beiderseits aufgehalten, aber in Zukunft garantiert abgeschlossen werden. Ist doch eine win-win-Situation: Armutsbekämpfung und Rekrutierung aus einem Guss. Die Frage ist nur, ob man einen Vermittlungsvorschlag "Berufssoldat" durch die Arbeitsagentur ablehnen darf ohne die Leistungen gekürzt zu bekommen. Aber wer ohnehin nicht denkt, dass es süß und ehrenvoll ist für Deutschland zu sterben, hat die Unterstützung der Volksgemeinschaft eh nicht verdient, oder?

  • HJ
    Herr Jeh

    Zitat:

    "Maßnahmenpakets zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr". Ferienbetreuung und Betriebskindergärten sollen zum Beispiel die Familienfreundlichkeit in den Vordergrund stellen"

     

    Die Bundeswehr als normaler Arbeitgeber zu inszenieren, finde ich seltsam. Den Dienst an der Waffe als normalen 08/15-Job darzustellen, familienfreundlich und gut sozialversichert, während die Leute losgeschickt werden, um zu töten - und getötet zu werden - Wie schizophren ist das denn?

  • SS
    Stefan S.

    Türken sind zum größten Teil Moslems und Moslems werden ihre Probleme haben in Anfghanistan gegen "Glaubensbrüder" zu kämpfen. Die Probleme sieht man doch in der US Armee.

     

    Es ist einfach eine praktische Entscheidung. Wo liegt genau das Problem?

  • N
    Normalverdiener

    Ich finde es schon ziemlich fragwürdig wie wir bei der "Entscheidung des Tages" Abstimmung zu diesem Thema durch die vorgegeben 3 Antwortmöglichkeiten manipuliert werden sollen.

  • I
    Ingo

    Bitte lest Artikel 116 GG, das wird euch die Augen öffnen

    was Einbürgerung angeht. Selbst die Staatsbürgerschaft anzubieten für einen geleisteten Kriegsdienst, dürfen wir derzeit nicht. Wir dürfen es nicht, bis dieser Artikel geändert ist.

  • KM
    Klaus Matthäi

    Warum nicht gleich eine "deutsche" Fremdenlegion?

    Da könnte wir doch gleich ein paar Afghanen einstellen!

  • P
    PeterWolf

    @Anke

    Das mit Lampedusa ist schon die Richtung!

    Die tunesischen Flüchtlinge kommen dann zur Bundeswehr, werden auf der Gorch Fock ausgebildet und dann mit dieser zur Piratenjagd nach Somalia geschickt.

    Dann braucht der Verteidigungsminister nur noch die Filmrechte an Hollywood verkaufen und schon ist die Bundeswehr saniert!

  • KM
    K. Müller

    Die Idee hat was für sich. Man könnte sie sogar noch erweitern, indem man durch Dienst bei der Bundeswehr leichter an die deutsche Staatsbürgerschaft kommt. Z.B. nach 5 Jahren Dienst.

    Deutschunterricht und Staatsbürgerkunde helfen sicher bei der Integration.

  • A
    Andrej

    Finde ich eine sehr gute Entscheidung!

  • A
    anke

    Ich schätze, da hat das "Verteidigungs-"Ministerium nur eine neue Stufe seiner Spar-Rakete gezündet. Wer die Leute schon nicht wirklich gut bezahlen kann / will dafür, dass sie im Interesse der deutschen Wirtschaft und ihrer politischen Teppichroller den Hals riskieren, der muss in Krisenzeiten wie diesen andere attraktive Angebote machen. Womöglich ist das nächste, was wir von zu Guttenberg hören, der Vorschlag, jeden, der bereit ist, einen Eid auf die deutsche Fahne zu schwören, zum Bundesbürger zu machen, sobald er einen dreijährigen Einsatz an den Fronten dieser Erde überlebt hat. Auch dann, wenn der Kamerad Türke ist oder über Lampedusa kam.