Referendum ohne Mehrheit: Kein schneller Schweizer Atomausstieg
Entgegen den Umfragen stimmen 55 Prozent gegen eine frühere AKW-Abschaltung. Deutliche Unterschiede gibt es zwischen den Landesteilen.
Zudem forderte die Initiative eine Energiewende, die auf Einsparungen, Energieeffizienz und dem Ausbau der erneuerbaren Energieträger basiert, die den Strombedarf in der Schweiz bis spätestens 2030 zu 100 Prozent decken sollen.
Bei einer Annahme der Initiative hätten 2017 drei AKW endgültig abgeschaltet werden müssen: das 1969 in Betrieb genommene und seit über einem Jahr wegen irreparabler Sicherheitsmängel vom Netz genommene Beznau 1 und die seit 1972 laufenden AKW Beznau 2 und Mühleberg. 2023 wäre dann das AKW Gösgen und 2029 das AKW Leibstadt dran gewesen.
Die Schweizer Regierung (Bundesrat) lehnte die Initiative für einen geordneten Atomausstieg ab. Im Abstimmungskampf engagierte sich vor allem die für Umwelt, Verkehr und Energie zuständige Ministerin Doris Leuthard mit solcher Vehemenz gegen die Initiative, dass sie vielen BeobachterInnen wie eine bezahlte Lobbyistin der Betreiberfirmen der fünf Schweizer AKWs erschien.
Die bisherige „Energiestrategie 2050“ des Bundesrats sieht das Ende der Atomkraftnutzung sowie eine „weitgehende“ Stromversorgung durch erneuerbare Energien erst für die Mitte des Jahrhunderts vor – und dies ohne einen konkreten Zeitplan für die Abschaltung der fünf AKWs.
Tiefer Röstigraben
Die Ablehnung der Initiative steht im Widerspruch zu den meisten Umfragen, die zuletzt eine zumindest knappe Mehrheit der Befürworter vorausgesagt hatten. Die Initiative verfehlte auch das sogenannte „Ständemehr“ – die für eine Annahme erforderliche Mehrheit in mindestens der Hälfte der Schweizer Kantone.
Das Resultat offenbart erneut einen tiefen „Röstigraben“: Fast alle französischsprachigen Kantone der Westschweiz votierten mehrheitlich mit „Ja“ – darunter Genf mit dem höchsten Anteil von über 58 Prozent – während fast sämtliche Kantone der Deutschschweiz die Initiative mit Mehrheiten von bis zu 68 Prozent ablehnten. Darunter auch der bevölkerungsreichste Kanton Zürich, für den alle Prognosen eine knappe Zustimmung vorausgesagt hatten.
Die Verlierer der Abstimmung wollen sich jetzt dafür einsetzen, das das Parlament in Bern verbindliche Restlaufzeiten für die Schweizer AKWs festlegt.
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