piwik no script img

Referendum in Mali97 Prozent für die neue Verfassung

Die neue Verfassung in Mali kann in Kraft treten. Tuareg-Rebellen verhinderten jedoch die Abstimmung im Norden des Landes.

Ein Wahlberechtigter bei der Abstimmung am 18. Juni in Bamako, Mali Foto: Baba Ahmed/ap

Berlin taz | Die neue Verfassung für Mali, die das Staatswesen zentralisiert und die Macht des Staatspräsidenten erheblich ausbaut, kann in Kraft treten. Wie die Wahlbehörde des Landes in der Nacht zu Samstag mitteilte, siegte im Verfassungsreferendum vom 18. Juni das Ja zur neuen Verfassung mit 97,06 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung habe bei 39,4 Prozent gelegen, was sich im Rahmen der üblichen eher niedrigen Beteiligungsquoten bei Wahlen in Mali hält. Die 2,94 Prozent für das Nein entsprechen 99.181 Stimmen.

Damit steht den für Februar 2024 geplanten Wahlen in Mali, bei denen der seit 2021 regierende Militärherrscher Assimi Goita voraussichtlich selbst für die Präsidentschaft kandidieren wird, nichts mehr im Wege.

Das Verfassungsreferendum belastet allerdings auch den kriselnden Friedensprozess zwischen Malis Regierung und den Tuareg-Rebellen im Norden des Landes schwer. Die Tuareg-Kräfte lehnen den Verfassungstext ab, weil er aus ihrer Sicht im Widerspruch zum Friedensabkommen von Kidal aus dem Jahr 2015 steht, das ihnen Autonomierechte zugesteht. Weite Teile Nordmalis stehen bis heute faktisch unter Tuareg-Rebellenkontrolle.

In weiten Teilen des Nordens fand das Referendum daher gar nicht statt. Der Dachverband CSP (Cadre stratégique permanente) der bewaffneten Vertragsparteien des Abkommens von 2015 sagte, im Norden sei einzig in den wenigen von der Regierung kontrollierten Städten gewählt worden. Dort seien „die Urnen hemmungslos vollgestopft“ worden – ein Vorwurf der Wahlfälschung.

UN-Mandat endet am Freitag

Es ist nun unklar, wie die Tuareg-Kräfte mit der Inkraftsetzung der Verfassung umgehen werden. Bisher überwacht die UN-Blauhelmmission in Mali (Minusma) den Friedensprozess im Norden Malis. Aber ihr Mandat endet am 30. Juni und Malis Militärregierung hat kurz vor dem Referendum den sofortigen Abzug der UN-Truppe gefordert. Im Laufe dieser Woche muss der UN-Sicherheitsrat über die Zukunft der Mission entscheiden, an der auch die deutsche Bundeswehr teilnimmt.

Der Dachverband CSP nennt in einer Erklärung die Regierungsforderung nach einem UN-Abzug einen „Todesstoß“ für den Frieden im Norden Malis und stellt weiter fest: „Der Rückzug der Minusma ohne jede glaubwürdige Alternative würde eine Bedrohung der Sicherheit Malis und der ganzen Region darstellen“.

Eine besonders niedrige Wahlbeteiligung von 21,4 Prozent verzeichnete auch Malis Hauptstadt Bamako. Dort siegte das Ja mit gut 91 Prozent der Stimmen. In Bamako hatte der einflussreiche islamische Würdenträger Imam Mahmoud Dicko Stimmung gegen die neue Verfassung gemacht. Am Donnerstag wurde ihm am Flughafen von Bamako bei der Rückkehr von einer Konferenz in Mauretanien der Diplomatenpass entzogen. „So was kommt vor“, erklärte Dicko später und rief zur Ruhe auf.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Klingt für mich so, als wäre der Plan des jetzigen Herrschers einfach, warten bis minusma abzieht, und den Wiederstand der Tuareg gegen die neue Verfassung nutzen um einen bis dahin gut vorbereiteten Angriffskrieg im eigenen Land gegen die Touareg gebiete zu starten. Inclusive Kriegsverbrechen und allem was so dazu gehört. Möglicherweise lässt sich das dann auch Wahlkampftechnisch ausschlachten, insbesondere da die Oposition im Norden zum Wahlzeitpunkt gerade in den Bodengebombt wird, ist der Wahlsieg garantiert. Im Anschluss Ausnahmezustand wegen der schwierigen Sicherheitslage im Norden (für die mann natürlich nichts kann.) Und wegen des Ausnahmezustands, finden die nächsten Wahlen dann so ca. ähm sagen wir mal 15 Jahren statt.