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Referendum in KatalonienUnabhängigkeit hat wenig Fans

Bei einem nicht bindenden Referendum begrüßen 94,7 Prozent die Unabhängigkeit Kataloniens vom spanischen Königreich. Aber die Wahlbeteiligung lag nur bei 27 Prozent.

Haben diese älteren Damen etwa für die Loslösung vom spanischen Staat gestimmt? Bild: dpa

MADRID taz | Das von der Bürgerinitiative Catalunya Decideix ("Katalonien entscheidet") durchgeführte Referendum sollte ein Fest der Unabhängigkeitsbewegung Kataloniens werden. Doch das Ergebnis der unverbindlichen Abstimmungen in 166 Gemeinden der nordostspanischen Autonomieregion rund um Barcelona fiel nicht so klar aus, wie von den Organisatoren erwartet. Zwar sagten 94,7 Prozent am Sonntag "Ja" zur Unabhängigkeit Kataloniens vom spanischen Königreich, doch war die Wahlbeteiligung alles andere als überzeugend.

Laut Veranstalter fanden knapp 200.000 der 700.000 wahlberechtigten Einwohner der betroffenen Gemeinden den Weg an die Urnen. Das sind 27 Prozent. Und das, obwohl Catalunya Decideix hauptsächlich nationalistische Hochburgen ausgesucht hatte. In größeren Orten rings um die katalanische Hauptstadt Barcelona fiel die Beteiligung sogar noch niedriger aus. So stimmten in Vilanueva i la Geltrú, einer Kleinstadt mit 62.000 Einwohnern, gerade einmal 15,7 Prozent ab.

Dennoch sprechen die Organisatoren von einem Erfolg. "Wenn Spanien keine Konföderation akzeptiert, einen plurinationalen Staat, werden viele sich fragen, wohin wir in der Zukunft wollen", erklärte ein Sprecher von CiU, der größten nationalistischen Partei Kataloniens. Die in der autonomen Region zusammen mit den Sozialisten von Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero regierende radikalnationalistische ERC geht noch einen Schritt weiter. Die Volksabstimmung zeige, dass das neue Autonomiestatut, dessen endgültiges Inkrafttreten von einem Urteil des spanischen Verfassungsgericht abhängt, bereits jetzt überholt sei.

Catalunya Decideix kündigt an, im Jahr 2010 weitere Abstimmungen zu organisieren. Dann soll auch Barcelona dabei sein. Eine noch niedrigere Wahlbeteiligung scheint vorprogrammiert. Eigentlich wollten die Organisatoren der Abstimmung diese Woche dem katalanischen Parlament einen Bürgerantrag vorlegen, in dem eine verbindliche Volksabstimmung über die Loslösung von Spanien verlangt wird. Angesichts der niedrigen Beteiligung am Sonntag sprach sich gestern der Vorsitzende der ERC, Joan Puigcercós, gegen eine solche Initiative aus. Auch wenn der Antrag letztendlich gestellt werden sollte, kann er mit keiner Mehrheit im Autonomieparlament rechnen. Außerdem stünde ein solches Referendum nicht im Einklang mit der spanischen Verfassung.

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2 Kommentare

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  • M
    Matilde

    Nachrichten aus Madrid über Katalonien waren niemals glaubhaft. Deshalb "adiós España" sagen täglich viele Katalanen... und sie meinen es ernst.

  • JB
    Joan Bloch

    Vielen Dank für die Information, Herr Wandler. Nur erlauben Sie mir bitte eine Frage: Wieso soll die Sache der Unabhängigkeit in Katalonien wenig Fans haben? Zunächst lassen Sie uns darüber sprechen, ob die Wahlbeteiligung wirklich niedrig war, woraus folgen würde, dass die Diskussion der katalanischen Öffentlichkeit wenig interessiert.

    Angenommen, dass praktisch nur die Befürwörter der Unabhängigkeit zu den Wahllokalen gegangen sind, und auch, dass in der Gesamtbevolkerung die Meinungen sich -laut letzteren Umfragen- 50%/50% verteilen. Dann lässt sich durch die Arithmetik behaupten, dass die Beteiligung über 50% erreicht hätte, hätten auch die Nein-Wähler nur ein bisschen mehr Anreiz gehabt, denn man hat zurecht argumentiert, der Nein-Wähler hätte wohl gedacht, dass er lieber mit dem zu Hause bleiben, seiner Meinung Ausdruck verleihe, als bei einer Abstimmung teilzunehmen, die von Separatisten "rechtswidrig" organisiert sei.

    Anderseits muss man auch bedenken, dass die ganze Organisation des Referendums ohne jede Regierungsunterstützung sondern nur mit privaten mitteln bezahlt und von Freiwilligen getragen wurde.

    So ein rein aus der Zivilgesellschaft entstandenes Phänomen, das an einem Sonntag 200.000 Leute vom Hause reißen kann und ein oft weitentferntes Wahllokal suchen lässt, würde ich gar nicht als unbedeutend abstempeln.

    (Übrigens bezeichnet man "Vilanova i la Geltrú" mit dem offiziellen Namen auch in Madrid, oder?)

    Mit herzlichen Grüßen

    -JB-