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Referendum in GuineaDer Präsident bittet zur Urne

Proteste und Gewalt stören das Verfassungsreferendum in Guinea. Es wurde mehrfach verschoben und fällt nun mit dem Coronavirus zusammen.

Großspurige historische Vergleiche: Wahlwerbung des Präsidenten von Guinea Foto: Sadak Souici dpa Le Pictorium Agency via ZUMA

Berlin taz | Guineas Präsident Alpha Condé lässt sich nach zehn Jahren an der Macht und Jahrzehnten politischer Verfolgung unter früheren Militärdiktatoren nicht leicht einschüchtern. Unbeeindruckt vom Corona-Virus und von bürgerkriegsähnlichen Zuständen in Teilen Guineas hat der 82-Jährige am Sonntag ein Verfassungsreferendum durchgezogen, das ihm die Möglichkeit zur Kandidatur für eine dritte Amtszeit bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 2020 eröffnen soll. Gekoppelt war das mit einer Parlamentswahl, die die Opposition boykottiert.

Seit Monaten wird Guinea von Gewalt erschüttert, weil oppositionelle Jugendliche, die gegen Condés Amtsverbleib demonstrieren, sich regelmäßig Straßenschlachten mit Sicherheitskräften liefern. Mindestens 31 Menschen sind dabei seit Oktober ums Leben gekommen. Das Verfassungsreferendum war deswegen mehrfach verschoben worden – zuletzt vom 1. auf den 15. und dann auf den 22. März.

Die Opposition wirft Condé nicht nur seine Verfassungspläne vor, sondern auch Manipulation bei den Wählerlisten. Anfang März bestätigte eine Prüfmission der westafrikanischen Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft), dass 2,438 Millionen der 7,764 Millionen Namen auf den Wählerlisten fiktiv seien und gestrichen gehörten; 38.000 reale Wähler seien zudem mehrfach eingetragen.

Die Wahlkommission behauptet, sie habe diese Fehler umgehend korrigiert, bestätigt ist das aber nicht. Eine Guinea-Reise mehrerer Ecowas-Staatschefs, unter anderem aus Nigeria und der Elfenbeinküste, zur Beruhigung der Lage wurde Anfang vergangener Woche ohne Begründung abgesagt.

Dazu kommt die Ankunft des Coronavirus in Guinea, das als Ausgangsland der größten Ebola-Epidemie der Weltgeschichte vor fünf Jahren in solchen Angelegenheiten besonders sensibel ist. Am 13. März wurde das Coronavirus bei einer wenige Tage zuvor eingereisten belgischen Mitarbeiterin der EU-Botschaft in Guinea festgestellt.

Noch am gleichen Abend erließ der Gouverneur der Hauptstadt Conakry ein Verbot aller öffentlichen Ansammlungen von mehr als 100 Menschen. Das hinderte die Regierungspartei allerdings nicht an einer rauschenden Abschlusskundgebung ihres Wahlkampfs am Samstag.

Am sonntäglichen Wahltag meldeten lokale Medien zahlreiche gewaltsame Zusammenstöße quer durch das Land. Protestierende Jugendliche riegelten einige Ortschaften komplett ab und bezogen andernorts vor Wahllokalen Stellung, damit niemand hineingeht. In mehreren Orten wurden Wahlmaterialien zerstört. Condé erklärte nach seiner Stimmabgabe, er hoffe auf „Frieden und Ruhe“.

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