piwik no script img

Reduziertes Infektionsrisiko für HIVVerwirrung um AIDS-Impfung

Als wichtigen "Meilenstein" bejubeln Aidsforscher einen neuen Impfstoff. Er wurde in einer Studie mit 16.000 Teilnehmern getestet. Angeblich soll er das Infektionsrisiko senken.

Der Impfstoff ist eine Kombination zweier bereits bekannter Seren. Bild: dpa

BERLIN taz| Die Nachricht klingt gewaltig. "Erster echter Erfolg bei Aids-Impfstoffen", meldete eine Nachrichtenagentur am Donnerstagmorgen. In einer breit angelegten Studie in Thailand mit mehr als 16.000 Freiwilligen habe sich Erstaunliches gezeigt: Eine Kombination zweier Impfstoffe verringere die Wahrscheinlichkeit, sich mit dem HI-Virus zu infizieren, um 31,2 Prozent. Das hatte es noch nie gegeben. Ist das der Anfang vom Ende der Aids-Epidemie? Ein genauerer Blick auf die Ergebnisse der Forscher macht skeptisch.

Die Organisatoren der Studie zeigen stolz ihre Ergebnisse vor. Von einem "wissenschaftlichen Meilenstein" berichtete am Donnerstag Sanofi-Pasteur in einer Pressemitteilung. Der Pharmariese ist einer der Sponsoren der in Thailand umgesetzten Studie. Organisiert hat das Mammutprojekt das thailändische Gesundheitsministerium gemeinsam mit der US-Armee. Finanziert hat es das US-amerikanische Nationale Institut für Allergien und Infektionskrankheiten. Dessen Leiter Anthony Fauci erklärte: "Ich möchte nicht das Wort ,Durchbruch' verwenden, aber ich habe keinen Zweifel, dass es sich hier um ein sehr wichtiges Ergebnis handelt."

Und darum geht es: 2006 wählten die Macher der Studie in Thailand 16.402 Freiwillige aus. Die Hälfte der Männer und Frauen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren erhielt sechs Dosen eines Impfstoffs namens RV 144, die andere Hälfte Placebos. Seither wurden die Teilnehmer regelmäßig auf eine Ansteckung mit dem Aids-Virus getestet. Das Ergebnis: Von denen, die Placebos erhalten hatten, hatten sich seit Studienbeginn 74 Menschen mit dem Virus infiziert. Bei den Teilnehmern, denen das Serum verabreicht worden war, waren es nur 51. Daraus folgern die Studienmacher: Bei 31,2 Prozent der Geimpften habe der Wirkstoff eine Ansteckung verhindert. Zwar sei der Unterschied zwischen 74 und 51 Personen bei insgesamt mehr als 16.000 Probanden gering, urteilte einer der Versuchsleiter, Jerome Kim vom Walter-Reed-Militärkrankenhaus im US-Bundesstaat Maryland. Aber: "Obwohl der Schutzgrad offensichtlich mäßig ist, stellt die Studie einen großen wissenschaftlichen Fortschritt dar."

Doch selbst die Studienmacher können nicht erklären, wie dieser Schutz entsteht und wie er wirkt. Ein Testergebnis sei besonders verwirrend gewesen, erklärte Kim: Alle Infizierten hätten ungefähr die gleiche Anzahl an HI-Viren in ihrem Blut aufgewiesen. Egal, ob sie das Serum oder ein Placebo erhalten hatten. Das ist erstaunlich, weil beispielsweise bei der Grippevorsorge selbst fehlgeschlagene Impfungen die Zahl der Grippeviren im Blut verringern. Das legt nahe, dass der Aids-Impfstoff - anders als gewöhnliche Seren - nicht zur Bildung von Antikörpern führt.

Was genau in den Körpern der Probanden geschehen ist, wissen also selbst die Studienmacher nicht. Trotzdem zeigen sich auch in Deutschland Experten sehr optimistisch. "Es ist das erste Mal, dass ein Test am Menschen gezeigt hat, dass Impfstoffkandidaten tatsächlich einen Schutz aufgebaut haben", sagte der Vorstandschef der Deutschen Aids-Stiftung, Ulrich Heide.

Noch verwirrender wird die Sache beim Blick auf den verwendeten Impfstoff. RV 144 ist eine Kombination zweier bereits seit längerem bekannter Seren. Der eine Bestandteil heißt Alvac-HIV und stammt vom Pharmaunternehmen Sanofi-Pasteur, das sich auf die Entwicklung von Impfstoffen spezialisiert hat. Der zweite heißt Aidsvax, wurde vom Konzern Genentech entwickelt und wird heute vom Unternehmen VaxGen genutzt. Keines der beiden Mittel alleine konnte Aids-Infektionen verhindern. Das aus ihrer Verbindung entstandene Mittel ist speziell für E- und B-Unterarten des HI-Virus entwickelt worden. Diese kommen insbesondere in Südostasien, Amerika und Europa vor. In den afrikanischen Ländern südlich der Sahara dominieren die Subtypen A, C und D.

Trotz aller offenen Fragen setzen auch die Weltgesundheitsorganisation WHO und UN-Aids auf die Belastbarkeit der Untersuchungsergebnisse. Zwar schätzen beide Institutionen den Schutz vor Ansteckung als begrenzt ein. "Allerdings wecken diese Ergebnisse neue Hoffnung für die Erforschung eines HIV-Impfstoffes", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Daher seien die Resultate "von großer Bedeutung". Weltweit sind schätzungsweise 33 Millionen Menschen mit HIV infiziert, etwa 25 Millionen sind bislang an Aids gestorben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

10 Kommentare

 / 
  • M
    Minnie

    So einen Quatsch hab ich lange nicht mehr gelesen. Wie kann man eine statistische Aussage bei so einem Ergebnis machen? Und waren diese Menschen dem HIV gleichermaßen ausgesetzt?? wohl kaum...

    Und wie überhaupt hat diese ganze Studie funktioniert? Hat man ihnen das AIDS-Virus injiziert, oder sind das alles Prostituierte gewesen...?

    Der "Durchbruch" ist sehr bedenklich...

  • AL
    Anna Luehse

    @Pat: Sehr gut! :-)

     

    "Friedensnobelpreis dieses Jahr an das US Militär"

     

    I.E. böte sich Donnie Rumsfeld an, Al Gores Genosse und Gilead-Tamiflu-Lizensgeber.

     

    Ergänzend:

     

    " Die Art, wie die WHO in Afrika AIDS-Statistiken erstellt, kann als Manipulation bezeichnet werden, um möglichst viele Menschen als AIDS-krank zu definieren und so der Pharmaindustrie große Gewinne bei deren anschließender Behandlung zuzuschanzen. So ist nach WHO jemand schon dann AIDS-krank, wenn er nur ein Haupt- und zwei Nebenkriterien erfüllt. Zu diesen Kriterien zählen hoher Gewichtsverlust, starkes Fieber, Husten, Juckreiz, Pilzerkrankungen, Lymphknotenschwellung, Herpes und Gürtelrose. Neben der WHO-Definition von AIDS gibt es noch zwei amerikanische Definitionen, zwischen denen die Ärzte wählen dürfen.

    Z.B. ist der Einsatz des AIDS-Medikamentes AZT heftig umstritten, gibt es doch keinerlei Beweis für dessen positiver Wirkung. Wie man heute weiss, erlangte das erfolglose Krebs-Medikament seine Zulassung als AIDS-Medikament durch eine gefälschte Studie. So mancher Mediziner hegt den Verdacht, dass viele vermeintliche AIDS-Patienten gar nicht am AIDS-Virus sondern an den Wirkungen des Nervengiftes dahinscheiden."

    http://www.jodkrank.de/Jodierung/jodierung.html#who

     

    Besonderts praktisch an der Schweinepanik: Die behaupteten Krankheitssymptome sind "zufällig" identisch mit den (bekannten) Nebenwirkungen der Impfchemikalien. Gefickt eingeschädelt.

  • S
    Silverfang

    Meinte "während des Sozialwissenschaftsstudiums".

     

    Entschuldigt bitte das verschlucken.

  • S
    Silverfang

    "Traue keiner Statistik, die Du nicht selber gefälscht hast." Das war eine der ersten Grundregeln, welche uns während des Sozialwissenschafts nahegelegt wurde. Als eine der ersten Techniken zur Statistikfälschung wurde dann die Auswahl der (im Fall der Sozialwissenschaften) an der Umfrage teilnehmenden Probanden behandelt.

     

    Im Falle einer Ansteckung mit HIV lässt sich schon da bereits einiges Manipulieren. Wurden die Probanden zB. vorher geschickt nach ihren Lebensgewohnheiten befragt (was in diesem Zusammenhang ja durchaus Relevanz haben kann), dann kann man so auch schnell Gruppen generieren, welche das gewünschte Ergebnis erbringen. Die Gruppe, in der verstärkt die sexuell aktiveren Probanden vertreten sind oder mit Personen aus Wohngebieten, in denen HIV bereits weitereVerbreitung gefunden hat als anderswo, die hat dann auch die höhere Wahrscheinlichkeit eine Mehrheit an Angesteckten hervorzubringen.

     

    Für mich ist diese "Sensation" schlichte Augenwischerei.

  • P
    Philipp

    Alles schön und gut, nur sagt statistische Signifikanz nichts, aber auch gar nichts über die praktische Bedeutsamkeit, d.h. die Stärke des Effekts aus, ein Umstand den Wissenschaftler und auch Statistiker gerne mal übersehen oder einfach unter den Tisch fallen lassen, wenn es darum geht Forschungsergebnisse zu präsentieren.

     

    Fakt ist, dass es sich bei dem momentan überall verbreiteten Ergebnis - 31 Prozent Risikoreduktion - um die RELATIVE Risikoreduktion handelt, d.h. 100% = 74 Infizierte, 23 weniger = 31 Prozent.

     

    Was bisher nirgends erwähnt wird, ist die ABSOLUTE Risikoreduktion durch die Impfung und die beträgt nur ganz magere 0,3 Prozent, denn 23 weniger bei rund 8200 geimpften bzw. nicht geimpften ist nun mal nur ein bisschen mehr als gar nichts.

     

    Absolut sinkt die Ansteckungsrate also von 0,9 Prozent bei den Nicht-Geimpften auf 0,6 Prozent bei den Geimpften.

     

    Aber da die Studie laut Spiegel-Online 105 Millionen US(?)-Dollar gekostet haben soll (http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/0,1518,650998,00.html), muss ja irgendwas als Ergebnis präsentiert werden und da ist es besser, wenn die Zahlen vor dem Komma stehen.

  • P
    Pat

    Es ist schön wie toll Sie rechnen können. Ich möchte Ihre Sandkastenrechenspiele auch gar nicht anzweifeln. Aber wie der Artikel deutlich sagt, ist nicht einmal eine veränderte Viruslast bei den Infizierten festzustellen. Also noch einmal zum mitschreiben, insignifikantes Ergebniss + kein Wirkungsnachweis = heiße Luft. Das erklärt auch weshalb Herr Kim den Wirkmechanismus nicht versteht. Denn was nicht existiert läßt sich schwerlich erklären.

     

     

    Die Statistik ist wie eine Laterne im Hafen. Sie dient dem betrunkenen Seemann mehr zum Halt als zur Erleuchtung." (Hermann Josef Abs).

  • M
    Markus

    Lieber Vorkommentator,

    Statistik ist nicht ihr starkes Feld, oder?

    Das ist einfache Poisson Statistik [gsu.edu]

    daß heist die Standardabweichung ist die Quadratwurzel der Anzahl:

    Placebo: 74 plus/minus 8.6

    Impfstoff: 51 Plus/minus 7.1

     

    Statistische Siginfikanz der Abweichnung (23) ist größer als die Standardabweichung der Summe (nicht des Unterschieds!) der beiden Anzahlen oben, d.h.:

     

    Unterschied zwischen Placebo und Impfstoff:

    23 (=31%) plus/minus 11

    = (2.06 Standardabweichung)

     

    Und das erscheint mir als signifikant.

     

    Das sie bei einer Sampelgröße von 16.000 nur knapp 120 Infizierte Patienten haben ist den Autoren der Studie wohl nicht vorzuwerfen.

  • J
    jakob

    hallo pat,

     

    lern was über statistik bevor du dich aufmantelst, ok?

     

    Als übungsaufgabe: rechne aus, wie wahrscheinlich das ergebnis ist, wenn man davon ausgeht dass der wirkstoff KEINE wirkung hat.

     

    Bonuspunkte, wenn du erklären kannst was "statistisch signifikant" heisst.

  • ML
    Max Lässer

    Hui. 30% Impfschutz!

    Beeindruckend!

    ...wenig!!!

     

    Abgesehen davon, dass bei diesen Zahlen durchaus noch der Faktor "Zufall" 96,82% des Resultates mitverursacht haben könnte.

    Sprich:

    Es gibt keinerlei nachweisbaren Durchbruch.

  • P
    Pat

    ???

     

    oder

     

    Willkommen im Irrenhaus.

     

    Schwächer geht es wohl kaum!? Warscheinlich sind in der Impfgruppe auch drei Lottogewinner mehr, und daraus lässt sich folgern, dass man geimpft um ca.$$%%? mehr Glück im Leben hat als Nichtgeimpfte. Ich persönlich werde heute Abend eine Flasche Wein aufmachen um diese wissenschaftliche Höchstleistung gebührend zu feiern. Außerdem bin ich dafür den Friedensnobelpreis dieses Jahr an das US Militär zu vergeben, für ausserordentliches humanitäres Engagemant weltweit.