: Redeverbot für Rechten
■ Humboldt-Uni untersagt Veranstaltung mit Alain de Benoist, einem Philosophen der französischen "Neuen Rechten"
Berlin. Dürfen rechtsextreme Intellektuelle in den Räumen einer Universität diskutieren? Die Präsidentin der Humboldt-Universität (HUB) Marlis Dürkop entschied gestern: Nein. Ausfallen muß damit eine ursprünglich für heute 19Uhr angesetzte Podiumsdiskussion im Kinosaal der HUB, an der unter anderem Alain de Benoist, ein führender Kopf der „Neuen Rechten“ in Frankreich, teilnehmen sollte. Vorgesehenes Thema: „In den Grenzen der Aufklärung: Welchen Ort hat das Fremde?“. „Enttäuscht und ratlos“ über den Schritt der Hochschule zeigte sich gestern Brigitte Wartmann, Geschäftsführerin der Ostberliner „Kunst&Kultur GmbH“, die zusammen mit dem Radiosender „DS-Kultur“ die Veranstaltung organisiert hatte.
In Aufregung versetzt hatte die HUB in den letzten Tagen ein Flugblatt aus der autonomen Szene, in dem angekündigt wurde, Benoist nicht zu Wort kommen zu lassen. HUB-Pressesprecherin Susann Morgner gestern zur taz: „Das war mit ein Grund für unsere Absage an den Veranstalter“. Außerdem sei aufgrund des politischen Hintergrunds von Benoist nicht auszuschließen, daß er „das Podium zur Verbreitung seiner Ideologie statt zur sachlichen Auseinandersetzung benutzt.“
Der Pariser Philosoph und Journalist ist Mitbegründer der französischen Organisation Grece und zugleich Herausgeber des Grece- Organs Nouvelle Ecole. Seine guten Kontakte zur rechten Szene in der Bundesrepublik sind seit langem bekannt. So findet sich im „Patronatskomitee“ seiner Zeitschrift neben dem rechtskonservativen deutschen Publizisten Armin Mohler auch das NPD-Mitglied Ernst Anrich. Umgekehrt sitzt Benoist im wissenschaftlichen Beirat der rechtsextremistischen Zeitung Neue Anthropologie, die von der „Gesellschaft für biologische Anthroplogie, Eugenik und Verhaltensforschung“ herausgegeben wird. Deren Vorsitzender: Rechtsanwalt Jürgen Rieger, der seit Jahren Neonazis vor Gericht vertritt.
Wartmann von „Kunst&Kultur“, einer seit Juni 1992 bestehenden „Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft“, rechtfertigte die Einladung an Benoist. Es sei notwendig, daß sich die „alte Linke mit der Neuen Rechten auseinandersetzt“. Das „Phänomen der Fremdheit“ müsse von verschiedenen Positionen aus beleuchtet werden. „Wenn die Streitkultur erhalten werden soll, dann wäre das ein Anlaß gewesen, die Argumentation der Rechten zu entkräften“. Weil der Sender DS-Kultur die Diskussion fest eingeplant hat, soll die Veranstaltung heute an einem anderen Ort stattfinden – allerdings unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Severin Weiland
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