: Recyclingpapier im Klimatrend
Grau! Stinkt! Die Tinte verläuft! Das sind Vorurteile, sagt die Initiative pro Recyclingpapier. Ökopapier kann längst mit anderem Papier mithalten. Und es hilft mit, Energie zu sparen – vor allem, wenn man das richtige Umweltschutzpapier kauft
VON PAULA SCHEIDT
Hefte, Kopier- und Druckerpapier, Schreibblocks: Zu Schulbeginn wird wieder kräftig Papier gekauft. Ökopapier hat sich dabei aber weder in Privathaushalten noch in Büros durchgesetzt – obwohl mit einem DIN-A4-Blatt Recyclingpapier anstelle eines anderen Papiers so viel Energie gespart werden kann, dass eine 100-Watt-Glühlampe 44 Stunden brennen könnte. Zu viele unterschiedliche Gütesiegel und zuwenig klärende Information verwirren den Verbraucher aber offenbar.
Die bekanntesten Zertifikate sind der Blaue Engel, das FSC-Siegel und die Euroblume. Wo hier die Unterschiede liegen, wissen die wenigsten. Der Blaue Engel liefert bei Recyclingpapier den höchsten Qualitätsmaßstab. Er reguliert den Einsatz von Chemikalien am strengsten, fordert 100 Prozent Altpapier, begrenzt Energie- und Wasserverbrauch und lässt unabhängig prüfen. An zweiter Stelle rangiert die Euroblume: Sie legt den Altpapieranteil nicht genau fest, lässt etwas mehr Chemikalien zu, macht keine Vorgaben beim Wasserverbrauch und wird nicht extern geprüft. Ansonsten ähneln die Anforderungen denen des Blauen Engels. Das FSC-Siegel besitzt für Recyclingpapier nur geringe Aussagekraft: es garantiert ausschließlich einen 100-prozentigen Altpapieranteil. Seine eigentliche Bedeutung kommt bei Papier aus neuen Fasern zum Tragen: Bei Frischfaserpapier zertifiziert das FSC-Siegel legale und nachhaltige Holzquellen.
Für Sönke Nissen von der Initiative pro Recyclingpapier, einem Zusammenschluss von 20 deutschen Unternehmen, ist der Blaue Engel das eindeutig beste Gütesiegel für Recyclingpapier: „Es reduziert als einziges die Belastung von Umwelt und Gesundheit bei der Herstellung.“ Derselben Meinung ist Bernhard Bauske vom WWF: „Bei Altpapier unterstützen wir den Blauen Engel. Und wenn der Einsatz von Frischfaserpapier notwendig ist, dann sollten Verbraucher auf das FSC-Siegel achten“, rät er. Auch das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt erklärten die Produkte mit dem Blauen Engel zur umweltfreundlichsten Wahl bei Ökopapier.
Insgesamt besteht das in Deutschland produzierte Papier zu etwa 66 Prozent aus Altpapier. Seit 1950 steigerte sich der Anteil kontinuierlich, von damals 30 Prozent. Als weltweit größter Papierhersteller produzierte Deutschland 21,7 Millionen Tonnen Papier im Jahr 2005. Wie viel Altpapier verwendet wird, variiert zwischen den Papiersorten: Zeitungsdruckpapier und Wellpappe bestehen ausschließlich aus Altpapier. Erhebliche Steigerungsmöglichkeiten sieht Nissen bei Büropapieren. Dort liegt der Anteil an Recyclingpapier erst bei etwa 12 Prozent. „Ohne Aufwand kann man jeden Tag im Büro seinen Beitrag an die Umwelt leisten“, sagt Nissen. Davon will seine Initiative vor allem Firmen und öffentliche Verwaltung überzeugen.
Allerdings weiß Nissen auch um die Vorurteile: „Viele denken immer noch, dass Recyclingpapier stinkt, grau ist und nicht so haltbar wie Papier aus Frischfasern“, sagt er. Dabei kann das Umweltschutzpapier längst qualititiv mithalten: Internationale Normen garantieren Haltbarkeit und Papierqualität. Auch bräuchten Eltern, Lehrer und Kinder keine Angst zu haben, dass auf Ökopapier die Tinte verlaufen und das Radieren schwerer fallen würde. Deshalb sollte auch nicht auf Papier mit dem Verweis „chlorfrei gebleicht“ ausgewichen werden – denn der Zellstoff dafür wird aus Bäumen gewonnen.
Um weitere Verbraucher von den Vorteilen für die Umwelt zu überzeugen, bietet Pro Recyclingpapier auf ihrer Homepage einen Nachhaltigkeitsrechner an: Der vergleicht für den individuellen Papierverbrauch, wie viel Holz, Wasser, Energie, und Treibhausgase man durch die Verwendung von Recyclingpapier einspart. Wer beispielsweise 500 Blatt Din-A4-Papier verbraucht und sich für Recyclingpapier entscheidet, der spart dabei 7,5 kg Holz, 79 l Wasser, 16,3 kWh Energie und 0,4 kg CO2-Emissionen. www.papiernetz.de