Rechtsruck im Alpenland: "Zornige Österreicher"
Die Historikerin Brigitte Hamann erläutert die Gründe für den Rechtsruck in Österreich. Vor allem die jungen Wähler hätten sich gegen die etablierten Parteien entscheiden.
taz: Frau Hamann, was sagt der Erfolg der rechten Parteien - FPÖ und BZÖ - über das Stimmungsbild in Österreich aus?
Brigitte Hamann: Nach all diesem Schlamassel der alten Regierung, die sich im Juli zerstritten hat, haben wir nun einen Zorn der Österreicher auf die alte Regierung. Sie haben mutwillig die alte Regierung gekappt. Ausgewirkt hat sich das aber auch darin, dass viele Wähler nicht zur Wahl gingen.
Hat die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre etwas mit dem Rechtsruck zu tun?
Es war ein Fehler, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken. Die jungen Leute waren nicht ausreichend auf die Wahl vorbereitet und haben wohl stark das rechte Lager gewählt. Heinz-Christian Strache von der rechten FPÖ ist ein fescher Typ und kommt bei den jungen Wählern mit seinen ausländerfeindlichen Parolen gut an. Auch Jörg Haider von der rechten BZÖ hat seine Partei gemausert und das Dreifache an Stimmen erhalten.
Wieso haben die großen Parteien verloren?
Das liegt daran, dass viele Wähler diesmal liberale Kleinstparteien gewählt haben, die allerdings unter der Vierprozenthürde liegen. Somit sind viele Stimmen verlorengegangen.
Welche Koalition könnte nun in Österreich gebildet werden?
Dass Josef Pröll von der ÖVP zum Vizekanzler gewählt wurde, war ein guter Schachzug. Er ist bei den Menschen sehr beliebt. Außerdem hat er nun die Schlüsselrolle, eine neue Regierungskoalition zu bilden. Die Koalition wird sicherlich aber auch eine Frage der Zusammenarbeit der beiden Parteiführer, Josef Pröll und Werner Faymann (SPÖ), sein. Beide könnten harmonisch arbeiten, eventuell mit den Grünen. Wenn nicht der ehemalige Kanzler und jetzige Fraktionschef Wolfgang Schüssel wieder dazwischenfunkt.
Der 2000 als Kanzler mit der rechten FPÖ eine Regierungskoalition bildete …
… Ja, er hat damals mit den Rechten koaliert und er hat den Streit der großen Koalition inszeniert. Ich hoffe, dass so etwas nicht wieder passiert.
INTERVIEW: JADRANKA KURSAR
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