Rechtsruck der AfD: „Junge Freiheit“ mit Liebeskummer

Dem Zentralorgan der „Neuen Rechten“ rutscht die AfD zu weit nach rechts. Es fallen Worte wie „dämlich“ und „irrsinnig“.

Profilbild Gauland, am rechten Bildrand

AfD-Funktionär Gauland auf seinem Weg. Nicht im Bild, links, die „Junge Freiheit“ Foto: dpa

Hamburg taz | Frauke Petry, Bundessprecherin der AfD, und Dieter Stein, Chefredakteur der Wochenzeitung Junge Freiheit sind vereint in Sorge. Beide befürchten für den 5. Bundesparteitag der AfD in Stuttgart einen zu weiten Rechtsruck der Partei. Petry spricht von einer „roten Linie“, Stein warnte bei einer Veranstaltung in der Hamburger Bürgerschaft vor einer „Selbstpositionierung als rechtspopulistisch“.

In Hamburg sollte Stein am 18. April für die AfD-Fraktion um Jörn Kruse zum Thema „Manipulationen: Was ist dran am Lügenpresse-Vorwurf?“ sprechen. Bei der dritten Veranstaltung aus der Reihe „Fraktion im Dialog“ griff er im Rathaus aber von sich aus seine Gastgeber an.

Bei der übervollen Versammlung erklärte Stein, dass die Partei nach den letzten Wahlen einen „riesigen Vertrauensvorschuss“ erhalten hätte. In Stuttgart müssten nun aus den „groben Leitlinien deutliche Konturen“ werden, und schob nach: „Ich halte es für höchst problematisch, dass Alexander Gauland jetzt davon spricht eine rechtspopulistische Partei“ zu einen.

Mehr noch, der Gründer der neurechten Wochenzeitung legte nach, dass ihm die AfD „bereits schlaflose Nächte“ wegen der weiteren Entwicklung bereite und er betonte: „Diese Selbstpositionierung als rechtspopulistisch ist reichlich dämlich und sie sind gut beraten, das nicht festzuschreiben“. Die Überlegungen aus der AfD, sich dem „Front National“ zuzuwenden, seien zudem „irrsinnig“.

Nicht bei allen der über 100 Gäste des „Dialoges“ kam diesen Warnung gut an. „Wer sich distanziert, verliert“, konterte aus dem Publikum Manfred Backerra, Vorsitzender der weit rechten „Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft“. Den Oberst a.D. störte die gewünschte Grenzziehung in der AfD und er erklärte, dass man doch auch ehemalige NPD-Mitglieder nicht außen vor lassen sollte.

„Diametral möchte ich widersprechen“, erwiderte Stein und erinnerte an die Entwicklung der Republikaner, die sich nach ersten Erfolgen in den 1990er Jahren radikalisierten und immer unbedeutender wurden. Was Stein zu seiner barschen Kritik treibt, mag die große Chance sein, endlich eine Partei rechts der Union fest zu etablieren. Das ist schließlich ein alter Traum des neurechten Milieus, der nun nicht erneut am eigenem Personal zerplatzen soll.

Alte Konflikte der neuen Rechten

In der Jungen Freiheit, die in diesem Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum feiern kann, warnte Stein schon während des Richtungsstreits mit dem AfD-Gründer Bernd Lucke vor der Gefahr, die rechte Mitte in der Gesellschaft zu verlieren – und griff den thüringischen AfD-Landtagsfraktionsvorsitzenden Björn Höcke an. Am 1. Mai 2015 beklagte er auf de Titelseite der Wochenzeitung „Merkel stell den Sekt kalt“, da die „Höcke-Gruppe“ die Partei „noch weiter nach rechtsaußen in eine Sackgasse führen möchte“.

Genau diese Haltung wurde ihm nun auch bei der Hamburger Veranstaltung aus dem Publikum vorgehalten. Einer der Vorsitzenden der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“, Markus Frohnmaier, wurde in einem an anderer Stelle geführten Interview besonders deutlich: „Stein hat sich bei der versuchten Zerschlagung der AfD als Protegé von Bernd Lucke mit diesem gemein gemacht. Wir haben das nicht vergessen“.

Die Kritik an Höcke trennt das erfolgreichste Zeitungsprojekt der Neuen Rechten auch vom wichtigsten Institutsnetzwerk dieses politischen Spektrums. Das „Institut für Staatspolitik“ um Götz Kubitschek unterstützt die „Höcke-Gruppe“. Der schon seit Jahren schwelende Streit zwischen Stein und Kubitschek hat sich also in der Debatte um die AfD offensichtlich verschärft.

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