Rechtsnationaler Politiker in Kroatien: Rücktritt nach Pistolenschüssen
Der kroatische Vizeregierungschef Josip Dabro legte sein Amt nieder, nachdem ein kompromittierendes Video zeigte, wie er lachend aus einem Auto schoss.
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Man sieht ihn beim Schießen lachen. Er hat also schlicht aus Spaß einfach so in die Landschaft geschossen. Dabro soll angeblich von einem Familienfest gekommen sein. In Kroatien und auf dem Balkan allgemein werden solche „Freudenschüsse“ zu allen möglichen Anlässen abgegeben, was aber von der Zivilgesellschaft und der städtischen Mittelschicht mittlerweile stark kritisiert wird.
„Nationaler Primitivismus“
Für den bekannten politischen Analysten und ehemaligen Vorsitzenden des kroatischen Helsinki-Komitees für Menschenrechte, Žarko Puhovski ist dieser Vorfall deshalb nicht isoliert zu betrachten. Für ihn symbolisiert das Verhalten des Ministers „eine Art nationalen Primitivismus“. Er kritisierte insbesondere, dass es kaum gesellschaftliche Proteste gebe, wenn jemand horizontal aus einem Auto schießt.
Die Verrohung der Umgangsformen wird seit dem Aufstieg nationalistischer Parteien und Bewegungen auch von anderen Seiten beklagt. Sogar der kroatische Regierungschef Andrej Plenković bezeichnete Dabros Rücktritt als die richtige und einzig mögliche Entscheidung. Er betonte, dass ein solches Verhalten mit der Rolle eines Ministers in seiner Regierung völlig unvereinbar sei, insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Gewalt in Kroatien.
Der 42-jährige Dabro gehört der mitregierenden nationalistischen Partei Heimatbewegung (Domovinski Pokret DP) an, die sich mit rassistischen Positionen – so gegen Serben und Bosniaken, gegen Geflüchtete und sexuelle Minderheiten – in die rechtsradikalen Bewegungen in Europa einpasst. Dabro selbst hat seinen Hochschulabschluss an einer Universität im zentralbosnischen Travnik erworben, der man nachsagt, Universitätsabschlüsse „leicht“ zu vergeben.
„Zusätzliche Belastung für die Regierung“
Dabro gab seinen Rücktritt bei Facebook bekannt. Ihm sei „bewusst, dass die Umstände, in denen ich mich befinde, eine zusätzliche Belastung für die Regierung und meine Partei darstellen“, schrieb er. Er wolle durch seine „persönliche Situation“ nicht von den „Hauptprioritäten der Regierung“ ablenken.
Der Vorfall belastet in der Tat zusätzlich das Ansehen der konservativen, aber prowestlichen Regierung von Ministerpräsident Plenković, die bei der jüngsten Präsidentenwahl Anfang des Jahres eine herbe Niederlage hinnehmen musste. Dragan Primorac, Kandidat der Plenković-Partei HDZ, war dabei auf nur 25 Prozent der Stimmen gekommen und unterlag damit dem sozialdemokratischen Gegenkandidaten Zoran Milanović (75 Prozent) haushoch.
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