Rechtsextremismus: Pistolero darf nach Hause
Mit Hitlergruß und Maschinenpistole sorgten sie für Angst an einem Badesee - zwei Tage später sind die Verdächtigen frei. Begründung: Die Waffe war zu alt.
Nach den Schüssen aus einer Maschinenpistole und rechtsextremen Parolen an einem mecklenburgischen Badesee sind sieben junge Leute wieder frei. "Es handelt sich nicht um eine Haftsache", sagte der Rostocker Oberstaatsanwalt Peter Lückemann. Der Staatsschutz ermittle aber weiterhin gegen einen 29-jährigen Hauptverdächtigen, der die Schüsse abgefeuert haben soll.
Grund für die Freilassungen: Ermittelt werde nicht wegen des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, sondern nur noch wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz und des Verwendens von Nazi-Symbolen. Außerdem hätten die Jugendlichen die Tat zugegeben und seien bisher nicht auffällig gewesen. Tatsächlich fallen vor 1945 gebaute MPs nicht unter das Gesetz. Die Tatwaffe stammt aus dem Jahr 1925.
Sowohl Hergang als auch Hintergrund der Tat sind bisher noch nicht völlig geklärt. Sechs Männer und eine Frau hatten am Sonntagabend am Krakower See ausländerfeindliche Parolen gebrüllt, den Hitlergruß gezeigt, Badegäste angepöbelt und später mit einer finnischen Suomi M 31 siebzehn Mal in die Luft geschossen (taz berichtete).
Laut Zeugenaussagen sollen die sieben teilweise betrunkenen Randalierer im Alter von 21 bis 29 Jahren am Badestrand auch Familien von Spätaussiedlern belästigt haben, bevor die Schüsse fielen. Staatsanwalt Lückemann sagte, vor den Schüssen habe es bereits eine Schlägerei zwischen Spätaussiedlern und der anderen Clique gegeben. Einige Männer überwältigten die Jugendlichen nach den Schüssen und hielten sie fest, bis die Polizei eintraf.
Bei Wohnungsdurchsuchungen fanden die Ermittler 100 Schuss Munition und Platzpatronen. Der Hauptverdächtige verriet bisher nicht, wie er an Waffe und Munition gekommen ist. Er und seine sechs Freunde stammen aus der nahen Kreisstadt Güstrow und dem Ort Krakow. Sie sind nach Aussage eines Polizeisprechers "nicht aus der rechtsextremen Szene bekannt".
Tatsächlich gebe es in der Kreisstadt Güstrow keine organisierte Szene, aber mehrere Cliquen mit rechtsextremen Ansichten, sagt Sven Sauer vom Güstrower Präventionsrat gegen Jugendkriminalität. "Diese Leuten fangen gerade an sich zu organisieren", urteilt der Innenexperte der SPD-Landtagsfraktion, Norbert Nieszery, der in Güstrow sein Wahlkreisbüro hat.
In den vergangenen Jahren hatte es in Mecklenburg-Vorpommern des Öfteren Überfälle Rechtsextremer auf Urlauber gegeben. Wie in vielen ostdeutschen Kleinstädten gab es in der nahe des Krakower Sees gelegenen Stadt Teterow auch schon länger anhaltende Konflikte zwischen Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion und Rechtsextremen.
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