Rechtsextremismus: Rechtsausstatter muss raus
Nach zwei Jahren schließt das "Thor Steinar"-Geschäft in Mitte endgültig. Auch der Friedrichshainer Filiale droht das Aus. Bürgerinitiative zeigt sich erleichtert
Arg gebeutelt sah der Laden schon länger aus: Die Scheiben zersprungen, Farbbeutelspritzer an der Fassade und auf dem Pflaster vor der Tür. Jetzt macht "Tönsberg", der Thor-Steinar-Laden in der Rosa-Luxemberg-Straße in Mitte, richtig dicht: Nach verlorenen Prozessen muss die Filiale bis zum 8. Dezember ausziehen. Kommt sie dem nicht nach, wird sie vom Gerichtsvollzieher zwangsgeräumt.
Seit Anfang 2008 wird im Tönsberg Thor-Steinar-Kleidung verkauft, eine Modemarke, die sich in der rechten Szene einiger Beliebtheit erfreut. Dagegen formierte sich Protest: Bürger bildeten das Bündnis "Mitte gegen rechts" und stellten einen Info-Container direkt vors Geschäft. Demos zogen vor den Laden, Militante schlugen die Scheiben ein. Schon kurz nach Eröffnung erfolgte die Kündigung. Eine Räumungsklage lief hoch bis vor den Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Man sei von dem Betreiber arglistig getäuscht worden, da die Marke Thor Steinar bei Vertragsabschluss nicht genannt wurde, argumentierten die Vermieter - und gewannen. Das BGH erklärte, dass der Ladenbetreiber den Vermieter über die Marke von sich aus hätte informieren müssen, da deren Verkauf zu "außergewöhnlichen Umständen" führen könne.
Eine erste Räumungsaufforderung zum 30. September ließen die Inhaber des Tönsberg verstreichen, der Laden blieb geöffnet. "Daraufhin haben wir die Zwangsvollstreckung für den 8. Dezember anberaumt", so Christian Verstege, Anwalt der vermietenden Immobiliengesellschaft.
"Wahnsinnig glücklich und erleichtert" sei sie über die nahende Schließung, sagte Anna-Delia Papenberg, Sprecherin von "Mitte gegen rechts". Nun könne endlich mit der Sache abgeschlossen werden. "Es wird wieder einfacher sein, in dieser Straße zu leben", so Papenberg, selbst Anwohnerin. Annika Eckel von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) lobte den "langen Atem" des Protests. "Das Tönsberg ist ein schönes Beispiel, wie zivilgesellschaftlicher und bezirklicher Druck zusammen mit juristischem Vorgehen zum Erfolg führen kann."
Ob es die Betreiber von Tönsberg auf eine Zwangsräumung ankommen lassen werden, ist unklar. Die Firma Mediatex in Königs Wusterhausen, die Thor Steinar vertreibt und auch mehrere Läden führt, wollte darüber keine Auskunft erteilen. Eine Tönsberg-Verkäuferin antwortete schnippisch: "Werdet ihr doch sehen." Laut Anwalt Verstege hat sich die Firma auch ihm gegenüber nicht zu ihrem Auszug geäußert. Klar sei: "Nach dem 8. Dezember gibt es keine Kulanz."
Auch für das zweite Berliner Thor-Steinar-Geschäft, das Tromsö in der Petersburger Straße in Friedrichshain, läuft die Zeit ab: Am 2. Dezember wird über eine Räumungsklage verhandelt. Auch hier sieht sich der Vermieter arglistig getäuscht. "Die Ausgangslage ist aber ungleich schwerer", so Canan Bayram, Grünen-Abgeordnete und Mitglied von "Friedrichshain gegen Rechts". Denn im Fall Tromsö wurde vor Mietabschluss Thor Steinar als eine Verkaufsmarke angegeben. "Wenn wir juristisch nicht weiterkommen, müssen wir zivilgesellschaftlich wieder Druck aufbauen", so Bayram. "Auch auf den Eigentümer, der es seinem Mieter so ungemütlich wie möglich machen sollte."
Die MBR zieht eine grundsätzliche Lehre aus den Rechtsstreitereien: Wichtig sei präventives Handeln, etwa mit Mietklauseln, die den Verkauf von bei Neonazis beliebten Produkten untersagen, so Annika Eckel. "Dann kann man sich später vieles ersparen."
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