Rechtsextremismus in Sachsen: Die NPD räumt das Feld
Die Rechtsextremen schließen ihre Leipziger Parteizentrale, ihr Scheitern bei der Landtagswahl ist jetzt amtlich. Linke feiern das mit einem „Jubelfest“.
DRESDEN taz | Die sächsische NPD gibt in Leipzig ihr Hauptquartier auf. Das Objekt in der Odermannstraße im Stadtteil Lindenau passe in seiner jetzigen Form nicht mehr in das Konzept des neuen Kreisvorsitzenden Enrico Böhm, teilte der NPD-Landesverband mit. Die Themen, die hier behandelt wurden, seien „für die Wählerinnen und Wähler in den Stadtteilen oft nicht greifbar gewesen“, erklärte Böhm.
Man setze an Stelle eines zentralen Bürgerbüros nunmehr auf dezentrale Anlaufstellen. Das sei kein Rückzug, sondern als „Erweiterung unserer politischen Möglichkeiten“ zu werten, meinte Böhm. Am Donnerstag begann der Abbau des Blechzauns um das Gebäude.
Leipzigs Linke feierte die Aufgabe am Donnerstagabend mit einem Jubelfest. Die Linken-Stadträtin und künftige Landtagsabgeordnete Juliane Nagel wertet diesen „guten Tag“ vor allem als „Resultat jahrelanger antifaschistischer und zivilgesellschaftlicher Arbeit vor Ort“. Trotzdem dürfe man nicht vergessen, dass die NPD bei den Landtagswahlen am 31. August von über 80.000 Sachsen gewählt wurde.
„Extrem rechte Ideologien finden in Leipzig auch ohne Nazizentrum Zustimmung“, sagte Nagel. Darum sei weiterhin mit rechtsextremer Agitation gegen Asylsuchende in Leipzig oder den für das nächste Jahr im Stadtteil Gohlis geplanten Moscheebau zu rechnen.
Das Haus an der Odermannstraße war ursprünglich das Büro des NPD-Landtagsabgeordneten und Landesvorsitzenden Winfried Petzold, der 2011 verstarb. Gemietet hatte er es von seinem Stiefsohn. Seit 2008 diente es als Szene-Treff für rechtsextreme Gruppierungen. Hier fanden Vorträge, Liederabende und Veranstaltungen sowie Treffen der Jungen Nationalisten und der Freien Kräfte statt.
Von diesem Treffpunkt gingen auch Übergriffe auf die benachbarte Kunstszene aus. Zugleich war er Ziel zahlreicher Proteste und Antifa-Kundgebungen. Schon im Oktober 2012 wurde über eine Schließung spekuliert. Als Grund wurde damals schon Geldmangel vermutet. Andere mutmaßten, dass es dem Versuch, ein neues, gemäßigtes Image der Partei zu propagieren, entgegen stand.
Für Juliane Nagel ist die Schließung eine Folge des NPD-Desasters bei der Landtagswahl. Durch das Scheitern der NPD an der Fünf-Prozent-Hürde fehlten der Partei die Ressourcen für den Weiterbetrieb. Demgegenüber verweist die NPD darauf, das Ende sei intern bereits im Juli beschlossen worden. Dass die sächsische NPD ihre Sitze im Dresdener Landtag verloren hat, ist seit Freitag amtlich. Das Statistische Landesamt bestätigte nach einer Sitzung des Landeswahlausschusses das vorläufige Wahlergebnis als das endgültig.
Damit ist die Anfechtung der rechtsextremen Partei abgewiesen. Um das Fünf-Prozent-Quorum zu erreichen fehlten ihr landesweit 809 Stimmen. Parteichef Holger Szymanski hatte den Verdacht geäußert, es könnten Stimmzettel unterschlagen worden sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“