Rechtsextreme in Hannover: „Abschiebär“ hat ausgespielt
Das niedersächsische Innenministerium verbietet den rechtsextremen Verein „Besseres Hannover“. Auch sein Maskottchen soll verschwinden.
HANNOVER taz | Das niedersächsische Innenministerium hat den rechtsextremen Verein „Besseres Hannover“ (BH) verboten. Staatsanwaltschaft und Polizei überraschten die Mitglieder am frühen Dienstagmorgen mit einer Razzia und einer Verbotsverfügung. Die Staatsanwaltschaft wirft den Aktivisten um Marc Oliver M., den früheren NPD-Kreisvorsitzenden in Hannover, „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“ vor. „Der Spuk hat ein Ende“, sagte Innenminister Uwe Schünemann (CDU) auf einer Pressekonferenz am Dienstag.
Um sechs Uhr hatten über 100 Beamte mit Durchsuchungen in Hannover, Wathlingen, Hildesheim, Niedernwöhren, Obernkirchen, Hohenhameln und Verden begonnen. Vier Beschuldigten überreichten sie die Verbotsverfügung. Bei der Razzia an 27 Orten stellten Beamte Computer, Handys, Schreckschuss-, Hieb- und Stichwaffen sowie Propagandamaterial und eine Hakenkreuzfahne sicher. Auch einzelne NPD-Plakate wurden gefunden. Mit seiner „nationalsozialistischen Ideologie“ habe der Verein „die Grenzen des Rechtsstaats weit überschritten“, sagte der Innenminister.
Seit letztem Jahr hatte die Landtagsopposition immer wieder ein Verbot des seit 2008 agierenden Vereins gefordert. „Das Verbot war überfällig, diese Gruppe war sehr früh eindeutig neonazistisch und äußert militant aufgetreten“, sagte Pia Zimmermann, Landtagsabgeordnete der Linken.
Um zu provozieren, hatte der Verein „Besseres Hannover“ ein Maskottchen erfunden: den „Abschiebär“. Die rassistische Kunstfigur wurde in der rechten Szene zum Kult.
Im Internet finden sich mehrere Videos, in denen ein Kamerad in einem Bärenkostüm für die „Abschiebung“ wirbt.
Bei Aufmärschen trat der Bär zur „Belustigung“ der rechten Szene auf und um zu provozieren. Im Mai dieses Jahres wollten Anhänger von „Besseres Hannover“ Polizeipräsident Axel Brockmann den „Abschiebär“ als Stofftier überreichen. Beim Schorsenfest der SPD am 18. September erschien der „Abschiebär“ mit einem Kameraden.
Bereits während der laufenden Maßnahmen hat „Besseres Hannover“ verkündet, dass sie weitermachen werden: „Ihr findet uns auch weiterhin auf den Straßen unserer Stadt!“
Die Liste der „demokratiefeindlichen und hetzerischen Aktivitäten“ des Vereins sei lang und die heutige Entscheidung die logische Konsequenz, sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Stefan Wenzel. Auch Sigrid Leuschner, SPD-Landtagsabgeordnete, begrüßte das Verbot: „Viel zu lange konnten sich die neonazistischen Aktivisten hierzulande fast ungestört entfalten“, sagte sie.
Zu zögerlich?
Den Dauervorwurf der Opposition, zu zögerlich gegen den Verein vorgegangen zu sein, wies Schünemann zurück: „Sensationell schnell“ sei nach Beginn der Ermittlungen ein Verbot ausgesprochen worden. Seit Dezember 2011 seien die Ermittlungen nach und nach intensiviert worden. Im Dezember hatte „Besseres Hannover“ Niedersachsens Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) per Mail gedroht, angehängt war ein Video mit dem Maskottchen der Rechten, dem „Abschiebär“.
Erst am Donnerstag vergangener Woche hatten Mitglieder des Vereins im Büro der SPD-Landtagskandidatin Doris Schröder-Köpf ihre Schülerzeitung "Der Bock" vorbeigebracht. Zuvor hatten sie angerufen, aber nur gesagt, dass sie eine Schülerzeitung auslegen wollten. Seit 2010 erschien "Der Bock" regelmäßig. Schon in der ersten Ausgabe hieß es: „Die westlichen Werte gehen uns am Arsch vorbei. Ausländerintegration heißt bei uns Rückführung.“ Die Scheiben des Büros von Schröder-Kopf wurden vor der Aktion mehrmals eingeworfen. Auf der Website des Vereins hieß es: „Ein Hoch auf das deutsche Glaserhandwerk“.
Auf ihrer Website hetzte die Gruppe auch gegen die SPD-Abgeordnete Leuschner – mit sexistischen und rassistischen Äußerungen. Im Juli hatte „Besseres Hannover“ versucht, eine Plenarsitzung des Landtags zu stören, in der Die Linke vom Innenministerium eine Einschätzung zu dem Verein haben wollte. Als Leuschner später in einer nahen Bank Geld abheben wollte, bedrängten sie drei Mitglieder. Bei der Linke-Abgeordneten Zimmermann kamen Leute von „Besseres Hannover“ zu Veranstaltungen, wo sie sie angingen und versuchten, heimlich Aufnahmen zu machen.
Am 10. August griffen BH-Mitglieder einen antifaschistischen Infostand mitten in der Landeshauptstadt an, einer zog ein Messer. Später, am selben Abend, stach er im nahen Barsinghausen auf eine jugendliche Antifa-Aktivistin ein. Seit 2008 zählte das Innenministerium 23 Straftaten von Personen, die sie dem Verein zuordnen. Mit dem Verbot sind auch Der Bock und der „Abschiebär“ untersagt.
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