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Rechtsextreme Attacken in BerlinNazi-Graffiti und kaputte Fenster

In Berlin-Neukölln und Kreuzberg werden linke Einrichtungen attackiert. Polizei vermutet rechtsextreme Täter. Viele betroffene Läden stehen auf einer Anti-Antifa-Liste.

"Wir haben die Namen und wir haben die Adressen. Wir kriegen euch alle!", rief ein Redner bei einer rechtsextremen Demonstration im Oktober in Berlin Bild: dpa

Übergriffe auf linke Einrichtungen und offensichtlich rechtsextreme Graffiti werden derzeit in Neukölln und Kreuzberg registriert. Nach Angaben der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB) wurden allein in der Nacht zu Montag drei Einrichtungen attackiert. Bereits an den beiden vorhergehenden Wochenenden war es zu ähnlichen Übergriffen gekommen. Die Polizei bestätigte einen Großteil der Taten. Sie würden dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet, sagte ein Polizeisprecher.

Am ersten Adventswochenende waren beim "Chile-Freundschaftszentrum" in der Jonasstraße Schaufenster eingeworfen worden. Eine Woche später traf es die "Galerie Olga Benario" in der Richardstraße, berichtete eine Mitarbeiterin. An diesem Wochenende splitterten die Scheiben beim Projektladen in der Friedelstraße. Zudem tauchten in der Weichselstraße, am von einem Kollektiv betriebenen Café Tristeza in der Pannierstraße sowie am Laden eines Antifa-Versands in der Kreuzberger Waldemarstraße Nazi-Graffiti und Parolen auf.

Nach Angaben der ALB finden solche Übergriffe in Nordneukölln regelmäßig statt. Die Polizei hingegen gab zu bedenken, dass eine Häufung von Taten an Wochenenden erst mal nichts Ungewöhnliches sei. Die jetzt registrierten Taten seien aber "offensichtlich nicht ziellos", weil sie sich gegen Objekte der linken Szene richteten.

Zwar lässt sich bei den eingeworfenen Scheiben ein Motiv nicht direkt erkennen. Doch die Attackierten haben wenig Zweifel. "Wir stehen auf einer Liste der Anti-Antifa", sagt etwa eine Mitarbeiterin der "Galerie Olga Benario". Vertreter der betroffenen Einrichtungen wollen nun gemeinsam über ihr weiteres Vorgehen beraten.

Die meisten der Betroffenen finden sich auf einer Liste linker Läden, die im Laufe des Jahres auf der Internetseite der sogenannten "freien Kräfte" des "nationalen Widerstands" veröffentlicht worden waren. Im ersten Stück der fünfteiligen Serie heißt es, nach Angriffen auf nationale Einrichtungen "wird eine Reaktion nötig". Deshalb wolle man linke Lokalitäten in die Öffentlichkeit ziehen. "Denn, wie sagt man doch so schön, es gibt kein ruhiges Hinterland." Das sei kein Aufruf zur Gewalt, so der Rechtsextremist Sebastian Schmidtke zur taz. Er war einst führendes Mitglied der mittlerweile verbotenen "Kameradschaft Tor" und mobilisiert derzeit zu einer Nazi-Demo am 1. Mai 2010 in Berlin. Er lehne Gewalt selbstverständlich ab, erklärte Schmidtke, allerdings gebe es immer wieder "Einzelne, die so etwas tun".

Der Antifa-Versand in der Waldemarstraße war nach Angaben der ALB mit dem Spruch "C4 for reds" besprüht. Die für Uneingeweihte kryptisch erscheinende Parole wird seit Jahren von Neonazis verwandt. "C4" ist ein Sprengstoff, "reds" meint alles, was politisch links steht.

Nachtrag: Ein Bündnis aus betroffenen Projekten und Antifa-gruppen ruft für Sonntag zur Kiezdemonstration gegen die Naziangriffe. Sie beginnt am Sonntag, 20.12.09, um 17 Uhr auf dem Hermannplatz in Berlin-Neukölln.

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8 Kommentare

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  • U
    Unaktiver

    "C4 for reds"???

     

    Da muss man sich schon wundern, daß selbst die treu deutschen Vollpfosten, die sich ja immer für den Erhalt der deutschen Sprache stark machen, mittlerwele auch Anglizismen benutzen und damit gegen ihre eigenen Regeln verstoßen!

     

    Das bedeutet schlichtweg eine Internationalisierung rechten Spektrums.

     

    Internierung wäre mir lieber, aber wir wollen hier ja nicht in deren Muster verfallen...

     

     

    Was da wohl der Führer bei den Neuesten Nationalen Nachrichten zu sagen wird?

     

    LOL

  • S
    Spin

    @tjarkundhinnark: "manische Einordnung ... in links und rechts ... Onanie infantiler Kreise ... bringt keine Lösungsansätze für reale Probleme ...Es lebe das Gewaltmonopol des Rechtstaates!"

     

    Okay, da trägt praktisch jedes Wort eine falsche Analyse:

    Die Einteilung rechts/links ist zwar sehr alt, aber bei aller Unschärfe keineswegs bedeutungslos:

    Wie bitte soll man Nationalismus von Antinationaltionalismus, Hierarchie von Selbstbestimmung, ökonomische Privilegien (die sich wahlweise an Klasse, "Volkszugehörigkeit", Hautfarbe und/oder Geschlecht festmachen lassen) von ökonomischem Ausgleich (und Verzicht auf die Ungleichheit), sozialen Fortschritt und sozialen Rückschritt unterscheiden und auf den Nenner grober Richtungen bringen? Konkret heißt das heute: freie Gesellschaft für alle, Antifaschismus und Antirassismus = links, Autoritarismus, zurück in den völkischen Nationalstaat, "Ausländer/Moslems raus" bzw. "nationaler 'Sozialismus'" = rechts.

     

    Und wenn der Rechtsstaat immer ungleicher werdende Eigentumsverhältnisse absichert, die z.B. zu Massenarbeitslosigkeit führen, wenn es ihm scheißegal ist, ob zunehmende Teile der Bevölkerung, Rentner, oder Geringverdienende Mülltonnen nach Glasflaschen absuchen müssen, wenn das für aggressiven Frust sorgt, der sich nicht selten rassistisch entlädt, und wenn derselbe Staat durch V-Leute den organisierten Rechtsradikalismus eher groß macht -- sollte er dann nicht in seinem jetzigen Zustand als Rechts-Staat zumindest auch als Teil des Problems gesehen werden? Nein? Lieber hochleben lassen? Naja, wers braucht...

  • M
    MontiBurns

    Na ja wer schreibt mir aktuell vor, (oder versucht es), dass ich meinen (nicht vorhandenen:-)) Porsche nicht Fhain parken darf, dass ich dort nicht in einer schönen sanierten Altbauwohnung leben darf. Wer schreibt mir vor, dass ich als Mensch mit Migrationshintergrund mich nicht frei in manchen Straßenzügen bewegen darf....das totalitäre Gedankengut ist tief verwurzelt sowohl bei den "Linken" als auch den"Rechten"-Extremen. Es ist grundsätzlich nur die eigene Ideologie die einzig seelig machende (und moralisch richtige) und nahezu jede andere/kontraire Weltanschauung wird mit Gewalt bekämpft.

  • T
    tjarkundhinnark

    Die manische Einordnung von Menschen, Läden, Filmen usw in links und rechts ist eine Art Onanie infantiler Kreise und bringt keine Lösungsansätze für reale Probleme hervor, sondern offensichtlich nur Kindergartengehabe von Erwachsenen. Es lebe das Gewaltmonopol des Rechtstaates!

  • LS
    Lars Schulle

    nichts wirklich neues, habe 2x insgesamt 12 NPD-Aufkleber abgekratzt und das tief in Kreuzberg, in der nähe übrigends branten auch mehrere Autos ab... also wenn die Vollidioten sich getraut haben aus dem Auto zu springen und Aufkleber an einer Kreuzung zu verteilen, dann würde es mich nicht wundern, das sie wiederkommen und die Autos anzünden... mal nur soviel zu kausalen Zusammenhängen...

  • M
    @Montiburns

    Tja lieber Monti- zum Glück leben wir ja nicht in einem totalitärem Regime wo soetwas möglich währe. Schon mal mit den Begriff Feindgruppenkonstruktion befasst??? Könnte sich für sie lohnen. Wer würde den bestimmen wer linke und rechte "Spinner" sind??? Welchen Landstrich in Brb. meinen sie den wo man linke "hinverfrachten" müsste(Rechte sind ja bestimmt schon da)??? Mit solch Argumentationen stehen sie totalitären Regimen in nichts nach- wahrscheinlich wünschen sie sich sogar die starke Hand die mit dem ganzen "Pöbel" mal ordentlich umgeht, gelle?!?! Überraschung- den dann müssen sie wahrscheinlich auch nach Brb. da sie zweifelsohne zu den Rechten gehören!!!!

  • R
    roterbaron

    @ MontiBurns:

     

    ja genau und dann vermarkten wir das ... und spenden den erlös den etablierten Parteien

    hahahaha^^^^ das wär mal richtige Ironie

  • M
    MontiBurns

    das wär doch mal was. Linke und Rechter Spinner in einen entlegenen Landstrich nach Brandenburg verfrachten. Dort ein paar Luxuskarossen und ein Atlbauwohnungen neben ein schön morbiden Häusern aufstellen und sich alle schön gegenseitig den Kopf einschlagen lassen... und wir hätten hier wieder unsere Ruhe