piwik no script img

Rechtliche Konsequenzen für GuttenbergErst Rücktritt, dann Strafe?

Abhaken kann Guttenberg die Plagiatsäffäre noch nicht: Juristisch könnte ihm einiges bevorstehen - egal, ob er sein Mandat behält oder nicht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Vor ihr schützt auch Rücktritt nicht: Justitia. Bild: dpa

FREIBURG taz | Bleibt Karl-Theodor zu Guttenberg nun Bundestagsabgeordneter oder nicht? Er muss jedenfalls mit strafrechtlichen Ermittlungen rechnen. Bei seiner Dissertation hat er offensichtlich das Urheberrecht anderer Autoren verletzt. Wenn dies vorsätzlich geschah, droht ihm eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder (wahrscheinlicher) eine Geldstrafe.

Bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Hof sind schon rund 80 Strafanzeigen eingegangen. Allerdings ist die Urheberrechtsverletzung kein Offizialdelikt, bei dem die Staatsanwaltschaft auf jeden Fall ermitteln muss. Erforderlich ist vielmehr der Strafantrag eines Autors, von dem zu Guttenberg abgeschrieben hat. Bisher hat jedoch keiner der Betroffenen einen Strafantrag gestellt. Allerdings kann die Staatsanwaltschaft auch "von Amts wegen" ermitteln, wenn ein "besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung" besteht. Ob dies der Fall ist, prüft die Staatsanwaltschaft Hof seit Tagen und will dies im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens auch weiter prüfen, wie sie am Mittwoch mitteilte.

Bisher verweist die Hofer Behörde aber nur auf die "Richtlinien für das Strafverfahren". Danach müsste sie die Tat jedenfalls dann von Amts wegen verfolgen, wenn zu Guttenberg einschlägig vorbestraft ist oder ein erheblicher Schaden eingetreten ist oder die Opfer in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sind oder die öffentliche Sicherheit gefährdet war. Die Liste passt zwar nicht, ist aber auch nicht abschließend.

In einem weniger bedeutenden Parallelfall haben andere Staatsanwälte durchaus schon ein öffentliches Interesse angenommen. Der niedersächsische CDU-Regionalpolitiker Andreas Kasper, der in seiner Doktorarbeit ebenfalls abgeschrieben hatte, musste am Ende 9.000 Euro Geldstrafe zahlen. Die Verurteilung erfolgte ohne Verhandlung per Strafbefehl.

Auch wenn zu Guttenberg sein Abgeordnetenmandat behält, hindert dies eine Strafverfolgung nicht. Traditionell genehmigt der Bundestag zu Beginn einer Wahlperiode die Durchführung aller Ermittlungsverfahren. Die jeweilige Staatsanwaltschaft muss nur vorab den Immunitätsausschuss des Bundestags informieren. Wenn der Bundestag innerhalb von 48 Stunden keine Einwände erhebt, können die Ermittlungen beginnen. Hier wird es sicher keine Probleme geben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • W
    wolfgm

    Wenn die Medien und Menschen dranbleiben,kommt der Gutenberg nie mehr in ein öffentliches Amt.Wenn aber die Medien und die Politik auf das Vergessen spekulieren,haben wir diesen Herrn wieder in Amt und Würden.

  • HP
    Horst Pachulke

    Könnte man den Mann nicht wegen Betrugs (entgeltliches in-Verkehr-Bringen einer Doktorarbeit, die gar keine ist) anzeigen?

  • A
    andreas

    Die Opposition will nur sicherstellen, daß ein beim Wahlvolk beliebter Politiker nie wieder ein politisches Amt bekommt.

    Alles sehr durchschaubar.

    Aber weder werden die Grünen noch die SPD davon profitieren.

    Ich reibe mir in den letzten Wochen ohnehin ständig die Augen, denn ausgerechnnet die Generation "download" schreit jetzt am lautesten.

    Wenn es um das geistige Eigentum Kulturschaffender geht sind die selben Leute weniger zimperlich.

     

    Außerdem ist NEID wohl die gößte deutsche Triebfeder.

  • P
    PeEs

    Der Rückhalt für Guttenberg verwundert nicht. Aber nicht deshalb, weil er angeblich ein Ausnahmetalent im politischen Handeln ist. Das zu beurteilen wäre ohnehin zu schwierig bei Themen wie der Bundeswehrreform, die schon Insider kaum mehr zur Gänze überblicken.

    Er verkörpert einfach perfekt die Verbindung der Fernseh-Soap mit der reellen Welt und spricht damit die GZSZ-Generation zielgenau an. Der reiche Adlige mit der schönen Frau, der allen Stürmen trotzt und in kugelsicherer Weste Interviews gibt, das hätten sich die Macher von Nachmittags-Soaps nicht besser ausdenken können. Und dort sind die Rollen ja zumeist klar verteilt; Schurke und Held, gut und böse, alles dazwischen wäre zu kompliziert, um im seriengerechten 45-Minuten-Takt auch noch verarbeitet zu werden.

    Insofern ist es doch gar nicht so wichtig, ob er auf die Bühne zurückkommt; es gibt ihn doch weiterhin jeden Nachmittag im Fernsehen. Also: Zurücklehnen, Chips raus, genießen. Viel Spaß!

  • G
    Gerhard

    Interessant wäre es, zu erfahren, was mit dem veröffentlichten Buch von zu Guttenberg passiert. Haben die Käufer jetzt ein Rückgaberecht gegenüber dem Verlag? Das war schließlich kein 1-Euro-Artikel (108 Euro).

    Was geschieht mit den Doktoranden und ihren Arbeiten, die aus Guttenbergs »Werk« in ihrer Dissertation zitierten, in der Annahme, sie zitierten zu Guttenberg?

  • D
    daweed

    "wenn ein "besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung" besteht."

     

    haha