Rechtes Netzwerk in Portugal: Gesetzlose Polizei
In Portugal verlangt die Opposition Ermittlungen im Fall einer rechten Polizeigruppe. Aufgeflogen war es durch journalistische Recherchen.
In einer Facebookgruppe heißt es etwa: „Gesucht wird ein Scharfschütze mit Erfahrung bei Ministern und Präsidenten, korrupten Politikern und schädlichen hohen Beamten – sowie deren Ehepartnern.“ Autor des Posts ist der Chef einer der portugiesischen Polizeigewerkschaften, Luís Filipe dos Prazeres Maria.
„Diese Äußerungen dürfen nicht unterschätzt werden“, erklärte der Abgeordnete der rot-grünen Livre Rui Tavares vor dem portugiesischen Parlament. „Das Ausmaß und die Art des Problems werden nicht ernst genug genommen“, beschwerte er sich. Die Liste der möglichen Straftaten, weswegen nun die Einleitung eines Strafverfahrens verlangt wird, ist lang. Unter anderem umfasst sie: Diskriminierung und Aufstachelung zu Hass und Gewalt, Drohungen, Anstiftung zum kollektiven Ungehorsam und zu gewaltsamem Umsturz, Nötigung institutioneller Organe, Verleumdung und rassistische und religiöse Diskriminierung. Auch die öffentliche Rechtfertigung einer Straftat steht im Raum, wie etwa des Mordes an dem afrolusischen Schauspieler Bruno Candé, der 2020 in Lissabon auf offener Straße von einem 76-jährigen Veteranen der portugiesischen Kolonialkriege erschossen wurde. Candé und seine Angehörigen werden in einer polizeilichen Facebookgruppe als „Parasiten“ beschimpf. Und es wird die Fake News verbreitet, die Hinterbliebenen würden vom Staat eine lebenslange Unterstützung erhalten.
Während die Polizeiverbände den Anlass der journalistischen Recherche nutzen, um gegen „die schweren, strukturellen Probleme“ auf die Straße zu gehen, versucht der Innenminister der sozialistischen Regierung unter António Costa, Luis Carneiro, die Öffentlichkeit zu beruhigen und den Fall herunterzuspielen. Es gebe „keine gezielte Infiltration in den Sicherheitskräfte, wie dies in anderen Ländern der Fall ist“, erklärte er.
Die Recherchen zeigen: Die Polizei ist längst rechtslastig
Die sozialen Netzwerke der Polizeibeamten sind voller Sympathiebekundungen gegenüber der rechtsextremen Partei Chega!, deren Chef André Ventura bei den letzten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2020 11,9 Prozent der Stimmen erzielte. Die Partei, deren Namen auf Deutsch „Schluss jetzt!“ bedeutet, zog dann 2022 bei den Parlamentswahlen mit 7,15 Prozent auf Anhieb als drittstärkste Kraft ins Parlament des südwesteuropäischen Landes ein.
Chega!-Chef Ventura unterstützt die 591 Beamten aus den Gruppen in den sozialen Netzwerken. Für ihn sind die Betroffenen Opfer „gezielter Verfolgung“ und „Erniedrigung“ durch die portugiesische Linksregierung.
Mittlerweile wird zumindest intern ermittelt „Die Sicherheitskräfte stehen für die Autorität des Staates. Sie sind Ausdruck der Souveränität des Staates, daher ist jeder, der rassistische, fremdenfeindliche, homophobe Ideen in irgendeiner Form der Diskriminierung verteidigt, bei den Sicherheitskräften nicht willkommen“, erklärt gegenüber der portugiesischen Presse die Generalinspektorin der Abteilung für Innere Ermittlungen – der Polizei in der Polizei – Anabela Ferreira. „Es reicht aus, dass es einige wenige Fälle gibt, damit uns dies Sorgen bereitet“, fügte sie hinzu. Den Polizeibeamten in Portugal ist es untersagt, politische Äußerungen zu tätigen, die gegen den Rechtsstaat und die Verfassung verstoßen.
In der Vergangenheit standen die portugiesischen Sicherheitskräfte immer wieder im Kreuzfeuer der Kritik. So veröffentlichte die Menschenrechtskommissarin des Europarats Dunja Mijatović 2021 einen Bericht über Rassismus und Frauenfeindlichkeit in Portugal, in dem sie die Regierung aufforderte, gegen entsprechende Tendenzen in der Polizei vorzugehen.
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