Rechter US-Fernsehsender Fox News: War John Wayne ein Serienkiller?
Der Sender Fox News hat mehr Zuschauer als CNN. Der Darling der amerikanischen Rechten wird mitentscheiden, welcher Republikaner 2012 als Präsident kandidiert.
Die amerikanische Linke ist in Feierlaune. Sie begeht den Abgang eines Moderators, der sich den Ruf eines rechten Einpeitschers über Jahre mit markigen Sprüchen erkämpft hatte und über den Sender Fox News Millionen Amerikaner erreichte. Glenn Beck und Fox News – eine Verbindung, geschlossen im konservativen amerikanischen Himmel.
Den Abgang Becks nimmt die linksorientierte Homepage mediamatters.org zum Anlass, noch einmal die schlimmsten Sprüche des Fox-Mannes zu reflektieren. "Obama hat sich immer wieder entblößt als ein Mann mit einem tief sitzenden Hass auf Weiße" ist darunter, oder: "Die Regierung ist voller Vampire, und sie versuchen, das Blut aus der Wirtschaft zu saugen." Der Starmoderator ist einer der radikalsten, aber er setzte den Ton für einen ganzen Sender.
Nun ist Beck weg, aber die Linke kann sich das Jubeln nicht zu lange leisten. "Fox wird früher oder später einen Ersatz für Beck finden, der bis an die Grenzen geht", sagt Paul Levinson, Professor für Medien- und Kommunikationswissenschaften an der Fordham University in New York der taz.
Der Sender: Fox News ist als 24-Stunden-Nachrichtensender seit dem 7. Oktober 1996 auf Sendung. Der Kabelkanal wird nach eigenen Angaben von mehr als 90 Millionen Haushalten in den USA empfangen.
***
Der Besitzer: Fox News ist Teil der News Corporation von Rupert Murdoch. Der hat gerade wegen der Abhöraffäre seiner britischen Zeitung News of the World große Schwierigkeiten. Zu seinem Unternehmen gehören in den USA unter anderem diverse weitere Fernsehkanäle, das Filmstudio 20th Century Fox und Tageszeitungen wie die New York Post und das Wall Street Journal.
***
Vorwahlen: Die erste parteiinterne Abstimmung der Republikaner über ihre/n PräsidentschaftskandidatIn findet am 6. Februar 2012 in Iowa statt. Danach folgen bis in den Sommer 2012 hinein die "Primaries". Der Nationale Parteitag der Republikaner, bei dem der Präsidentschaftskandidat verkündet wird, ist für den 27. August 2012 geplant.
Das Bedürfnis nach extremen Stimmen im Journalismus, es ist vorhanden in den USA. Einseitige Meinungsmache hat Fox News zum beliebtesten Nachrichtenkanal im Kabelfernsehen gemacht. Und jetzt, da die Republikaner ihr Kandidatenrennen für die Präsidentschaftswahl 2012 gestartet haben, ist der Sender besonders gefragt.
Seit 1996 auf Sendung, hat sich Fox News des konservativen Amerikas angenommen. Wo CNN als Nachrichtensender auf Objektivität und Neutralität setzt, kommt Fox News, dessen Besitzer der australische Medienmogul Rupert Murdoch ist, als rechter Meinungsmacher daher.
Programmmacher schweigen
"Fair und balanced" – "fair und ausgewogen" – ist das Motto des Senders. Doch ausgewogenen Nachrichtenjournalismus bekommen Fox-News-Zuschauer nicht zu sehen. "Fox News ist eine Kombination aus einer hoch technischen, glänzenden, energetischen Präsentation mit einem klaren Anreiz für die breite konservative politische Basis", erklärt Kommunikations- und Medienwissenschaftler Levison. Beim Sender selbst mag man sich zur politischen Ausrichtung nicht äußern. Auch Fragen über die politische Berichterstattung bleiben unbeantwortet.
Wo die Programmmacher schweigen, sprechen die Moderatoren für ihren Kanal. Sie vergleichen Barack Obama mit Marx, schimpfen auf die linken Mainstream-Medien und leisten sich aufwändige Liveberichterstattungen von marginalen Tea-Party-Events, die zu relevanten Ereignissen hochstilisiert und zu Hauptsendezeiten ins Programm gehoben werden. Trotz konkurrierender Ereignisse wie des Aufruhrs in der arabischen Welt, der nuklearen Katastrophe in Japan und der Wirtschaftskrise im eigenen Land.
Doch diese Mischung ist es, mit der Fox News in den Quoten an CNN und dem linken Nachrichtensender MSNBC vorbeigezogen ist. 2010 erreichte Fox News im Schnitt 1,1 Millionen Zuschauer am Tag. CNN kam auf 433.000, MSNBC auf 399.000. Zur Hauptsendezeit am Abend konnte der Sender gar mehr als 2 Millionen in der Mehrzahl konservative Zuschauer an sich binden.
Laut einer Studie des Pew Research Center schauen 54 Prozent derer, die sich selbst als "standhaft konservativ" bezeichnen, regelmäßig Fox News. CNN schalten aus dieser Gruppe 8 Prozent ein, MSNBC nur 6 Prozent.
Palin als Expertin
Und die Zielgruppe wird derzeit bestens bedient. Wer etwas über die mögliche republikanische Präsidentschaftskandidatin Michele Bachmann erfahren möchte, ist bei Fox News gut aufgehoben. Aber auch alle anderen denk- und undenkbaren Kandidaten finden beim Darlingsender der amerikanischen Rechten ihr zu Hause. Sarah Palin, die immer noch mit einer Kandidatur kokettiert, ist als Expertin bei Fox News engagiert – und wird vom Sender gerne prominent im Reigen möglicher Kandidaten genannt.
Neben Bachmann hat auch Mitt Romney seine Kandidatur bekannt gegeben, ein halbes Dutzend weiterer Namen wird in politischen Kreisen und Umfragen hoch gehandelt. Sie alle sind bestrebt, mit Fox News eine enge Verbindung einzugehen. Denn die könnte den entscheidenden Vorteil bringen: "Fox News' Unterstützung wird sehr großen Einfluss auf die Kandidatenwahl der Republikaner haben", sagt Medienforscher Levinson.
Konservativer Star der Stunde ist derzeit Michele Bachmann. Nachdem die Republikaner erstaunlich lange zögerten, Obama herauszufordern, hat sie nach Romney als Zweite ihre Kandidatur bekanntgeben. Ein geschickter Schachzug, können sich die Medien nun noch intensiv mit ihr beschäftigen, bevor neue Namen offiziell werden. Spannender als der bereits hinlänglich bekannte – und nicht gerade charismatische – Romney ist die Tea-Party-Ikone Bachmann für einen nach Quoten strebenden Sender allemal.
Die Kongressabgeordnete aus Minnesota kann sich derzeit geradezu rührender Unterstützung des konservativen Senders gewiss sein. Die 55-Jährige hat bereits den ein oder anderen peinlichen Moment hinter sich gebracht. Etwa, als sie nach der Verkündung ihrer Kandidatur Einblicke in ihr Seelenleben gewährte – natürlich Fox News.
Der Geist John Waynes stecke auch in ihr, da der Westernheld aus ihrer Heimatstadt in Iowa stamme, sagte Bachmann. Dumm nur: der Schauspieler John Wayne kommt nicht aus Waterloo, Iowa. Wohl aber, wie die Los Angeles Times aufdeckte, ein John Wayne Gacy: Serienkiller aus den 70er Jahren.
Ein vielleicht peinlicher, aber nicht weiter schlimmer Fehler der Politikerin. Doch solche Episoden sind es, die politische Analysten bei Fox News dazu verleiten, eine Verteidigung für die arme, durch liberale Medien bedrohte Bachman aufzubauen: "Wenn die Presse einen ihrer Stolperer aufdeckt, erhält Bachmann enormen Zuspruch", analysiert Juan Williams auf foxnews.com. "Dann wird sie zu einer ,ganz normalen Frau', einer missverstandenen Tea-Party-Mutter mit fünf Kindern, die sich einem elitären, arroganten Obama-freundlichen Pressecorps entgegenstellt."
Es ist ein eigenwilliges Bild, das Fox News nicht nur von republikanischen Politikern zeichnet, sondern auch von der Politik. Bill O'Reilly, der mit seiner Show "The O'Reilly Factor" die besten Quoten des Senders erzielt und nach Becks Abgang der unbestrittene Star ist, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Wirtschaftspolitik des Demokraten Obamas zu attackieren, der seit der Krise "alles noch viel schlimmer gemacht hat", wie O'Reilly im Juni bemerkte.
Obamas Politik? "Sozialistisch".
Schon Bill Clinton wusste im Wahlkampf 1992: "It's the econmy, stupid" – "Es ist die Wirtschaft, Dummkopf". Mit dieser Taktik gelangte Clinton ins Weiße Haus. Die Republikaner haben die Wirtschaftspolitik des Präsidenten zum Top-Wahlkampfthema auserkoren. Fox News bewegt sich auch hier ganz auf Linie. O'Reilly bezeichnet Obamas Rettungspakete wahlweise als das "größte Glücksspiel in der amerikanischen Geschichte" oder "zweieinhalb Jahre des Scheiterns".
Sean Hannity, ein weiteres Aushängeschild des Senders, nennt die Wirtschaftspolitik des Präsidenten "sozialistisch". Mit Moderatoren dieses Formats macht Fox News nicht nur Quote, sondern auch satte Gewinne. Im "State of the media 2011"-Report wird der Profit auf 816 Millionen Dollar beziffert, 27 Prozent höher als noch 2009.
Der Markmacht Fox News wird vertraut. Die Zuschauer glauben, was sie sehen, auch wenn es nicht stimmt. Eine Studie der Universität Maryland nach den Kongresswahlen im November 2010 belegt, dass es vor allen Dingen die regelmäßigen Fox-News-Zuschauer waren, die auf falsche Informationen hereinfielen.
Sie glaubten mehr als andere Fernsehzuschauer, dass die meisten Wissenschaftler den Klimawandel anzweifeln, und sie glaubten mehr als andere, dass die Rettungspakete des Präsidenten Experten zufolge Arbeitsplätze vernichtet hatten.
Nun ist es das eine, einen Sender konservativ auszurichten. Doch Fox News betreibt nicht schlicht Meinungsjournalismus. Der Sender macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt. Als Tea-Party-Politikerin Bachmann kürzlich in einem Interview mit dem amerikanischen Sender ABC John Quincy Adams fälschlicherweise zu einem Gründungsvater der USA machte, korrigierte sie der Moderator. Für Fox News war das ein Angriff auf Bachmann.
In der Sendung "Fox & Friends" fragte der Moderator seine Gäste: "Haben die Mainstream-Medien eine negative Haltung gegenüber konservativen Frauen? Ist das sexistisch?" Und die sorgfältig zusammengestellte Expertenrunde nickte einmütig. Journalistische Sorgfalt als Bestandteil einer "fairen und ausgewogenen" Berichterstattung – muss ja nicht sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen