Rechte Provokationen: Lasst sie im Regen stehen
Rechtspopulisten wollen vor Moscheen und linken Projekten provozieren. Die Polizei plant einen Großeinsatz, die Betroffenen reagieren gelassen.
Sie suchen die größtmögliche Provokation – und genau die wollen ihnen ihre Gegner nicht gönnen. Wenn in zwei Wochen die Rechtspopulisten von „Pro Deutschland“ in Berlin zu Protesten „gegen Islamisierung und linksextreme Gesetzesbrecher“ aufrufen, wollen Neonazigegner zwar dagegen protestieren, sonst aber an ihrem eigenen Antirassismus-Festival festhalten. Die Polizei plant dennoch einen Großeinsatz.
Mit einem „Wochenende der Superlative“ wirbt „Pro Deutschland“ für den 18. und 19. August. Das heißt für eine rechte Mini-Partei, die 1,2 Prozent bei der letzten Berliner Abgeordnetenhauswahl holte, noch nicht viel. „Pro Deutschland“ will aber direkt vor der Neuköllner Al-Nur- und der Weddinger As-Sahaba-Moschee aufkreuzen und dort auch Mohammed-Karikaturen zeigen. Beide Moscheen gelten auch als Treffpunkte radikaler salafistischer Muslime. In Solingen und Bonn war es im Frühjahr zu Krawallen von Salafisten gekommen, als Rechte die Karikaturen zeigten.
Auch vor dem autonomen Hausprojekt Köpi in Mitte wollen die Rechten aufziehen, ebenso in Friedrichshain, in der Liebig- Ecke Rigaer Straße, wo einige linke Initiativen ihren Sitz haben. Man wolle, so „Pro Deutschland“, „politische Brennpunkte“ aufsuchen, an denen „die Freiheit bedroht“ sei. Die Partei erwartet 100 Teilnehmer zu ihrem Aufzug, eine hochgegriffene Zahl – kamen zu vergangenen Aktionen in Berlin nur ein Dutzend Anhänger.
Die Partei führt in Berlin ein Schattendasein. Sie zählt nach eigenen Angaben rund 400 Mitglieder, der Anteil der Aktiven liegt allerdings noch weit niedriger. Der Berliner Verfassungsschutz nennt die Partei "islamfeindlich" und nur "vordergründig konservativ". In Nordrhein-Westfalen listet die Behörde die Gruppierung als rechtsextrem. (ko)
Die meisten Betroffenen reagieren gelassen. Izzeldin Hamad, Vorstand der Al-Nur-Moschee, kündigt an, die Provokateure zu ignorieren: „Das ist ein Kinderspiel, das einem nur leidtun kann.“ Proteste wie in Nordrhein-Westfalen seien nicht geplant, so Hamad. „Jede Gemeinde hat ihre eigene Taktik.“
Auch die Veranstalter eines „Festivals gegen Rassismus“ am gleichen Wochenende wollen „Pro Deutschland“ rechts liegen lassen. „Wir werden uns von diesen Spinnern nicht aus dem Konzept bringen lassen“, sagt ein Mitorganisator. Auf dem Festival am Kreuzberger Blücherplatz wollen rund 30 Migrantenorganisationen drei Tagen lang mit Workshops und Podien über antirassistische Arbeit diskutieren und sich vernetzen. Man werde aber über die Anti-„Pro“-Proteste informieren, so die Veranstalter.
Denn die wird es trotz allem geben. Mit einer „antirassistischen Stadtrundfahrt“ soll die Tour der Rechten begleitet werden. Rund 50 Teilnehmer erwartet hier Mitorganisator Dirk Stegemann. In dem Bus werde auch eine eigene Karikaturenausstellung gezeigt – zu „Nazis, Rassisten und Pro-Deutschen“.
Auch die betroffenen linken Projekte planen Widerstand. In der Köpi, wo die Partei mittags auftauchen will, wird zu einem Protestfrühstück geladen. Man lasse sich nicht provozieren, sagt Bewohnerin Laura. „Wir werden aber auch zeigen, dass Rassisten hier nichts zu suchen haben.“
Auch Dirk Stegemann mag den Rechten „nicht die Straße überlassen“. Das Problem sei nicht „diese zerstrittene Splitterpartei“, sondern deren Rassismus, der bis in die Mitte der Gesellschaft anschlussfähig sei. Deshalb, so Stegemann, würden sich Gegenproteste und das Antirassismus-Festival ideal ergänzen.
Polizeisprecher Thomas Neuendorf erwartet einen „schwierigen Einsatz“. Mehrere hundert Beamten werde man einsetzen, auch aus anderen Bundesländern, da Ausschreitungen wie in Nordrhein-Westfalen nicht auszuschließen seien. Verbieten könne man die Kundgebungen von „Pro Deutschland“ nicht, so Neuendorf, das lasse das Versammlungsrecht nicht zu. Man verhandele aber noch, wie nah die Rechten vor die Moscheen und Hausprojekte dürfen.
Innensenator Frank Henkel (CDU) nannte die Aktionen der Rechtspopulisten eine „durchschaubare Inszenierung“. Keine Provokation aber rechtfertige Gewalt. Diese werde er nicht dulden, sagte Henkel. „Egal, von welcher Seite.“
In Berlin versuchte es die Partei zuletzt schon mit Provokationen. Am Potsdamer Platz protestierte sie im Mai mit Mohammed-Karikaturen gegen eine Verteilung von Koranen durch Salafisten. Einige Gläubige versuchten, den Rechten die Plakate zu entreißen. Nach Kreuzberg wagte sich die Partei im Juni 2011 – just im dortigen Rathaus wollten die Rechten tagen. Gegendemonstranten verhinderten dies. Auch diesmal will die Partei wieder zum Rathaus. „Offenbar“, so Stegemann, „wirkt die Schlappe immer noch nach.“
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