piwik no script img

Reaktionen auf S-Bahn-MordBillige Antworten

Nach der Tat von München ist der Hergang rekonstruiert. Ein Trend lässt sich hinter der Tat nicht erkennen, doch die Politiker überbieten sich in Forderungen nach härteren Strafen.

Der ermordete Geschäftsmann soll posthum das Bundesverdienstkreuz erhalten. Bild: dpa

Es gibt keine einfache Erklärung, auch nicht drei Tage nach dem tödlichen Angriff zweier Jugendlicher auf einen 50-jährigen Geschäftsmann am S-Bahnhof von München-Solln. Es gibt nur Zeichen. Am Mittwochabend wollen die Sollner auf dem Parkplatz neben dem Bahnhof zum Gedenken an das couragierte Opfer einen ökumenischen Gottesdienst abhalten.

Die trockenen Fakten der unbegreiflichen Tat hat die Münchner Polizei mittlerweile minutengenau rekonstruiert. Am Samstag um Viertel vor vier Uhr nachmittags bedrohen am S-Bahnhof Donnersbergerbrücke in der Münchner Innenstadt drei Jugendliche, zwei sind 17, einer 18 Jahre alt, vier Schüler. Sie wollen Geld von ihnen, 15 Euro. Ein Täter schlägt einem der Schüler ins Gesicht. Die Kinder steigen in eine S-Bahn, zwei der Erpresser folgen ihnen. Der dritte bleibt zurück. "Besorgt es denen richtig", soll er noch seinen Freunden zugerufen haben.

In der Bahn beobachtet ein Geschäftsmann das Geschehen. Er ruft mit seinem Handy die Polizei. Um zehn nach vier steigt er am Bahnhof Solln mit den Kindern aus. Die Polizei ist noch nicht eingetroffen. Die zwei jungen Erpresser gehen auf den Geschäftsmann los. Sie schlagen auf seinen Oberkörper und Kopf ein, bis er nicht mehr aufsteht.

Der Obduktionsbericht stellte 22 schwere Verletzungen durch stumpfe Gewalteinwirkung fest. Welche davon am Ende tödlich war, können die Ermittler bislang noch nicht feststellen. Offenbar stürzte das Opfer auch mit dem Hinterkopf auf ein Metallgeländer. Die Täter werden eine Stunde später in einem Gebüsch am Bahnhof festgenommen. Der dritte Erpresser wird einen Tag später aufgegriffen.

Die Politik sucht seitdem reflexartig nach schnellen, öffentlichkeitswirksamen Lösungen. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat die S-Bahn-Attacke eilig auf die Tagesordnung des bayerischen Kabinetts am Mittwoch gehoben. Die Union fordert härtere Höchststrafen für jugendliche Täter und flächendeckende Videoüberwachung (siehe unten). Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) will mehr Polizeikontrollen an Bahnhöfen. Der frühere Justizsenator Rupert Scholz (CDU) verlangt gar harte Strafen gegen "Gaffer" - Augenzeugen, die nicht beherzt genug eingreifen.

Laut Münchner Polizei befanden sich zwar mehrere Menschen am Bahnhof. Auf Gaffer gebe es aber keine Hinweise, so ein Polizeisprecher. Während des tödlichen Angriffs gingen mehrere Notrufe bei der Polizei ein. Auch ein Trend lässt sich hinter der Tat nicht erkennen. Die Zahl der Gewaltverbrechen im Münchner Nahverkehr ist seit Jahren stark rückläufig. Im vergangenen Jahr zählte die Polizeistatistik 251 Fälle - 23 Prozent weniger als noch im Jahr zuvor.

Umso unbegreiflicher ist der Einzelfall von Solln. Die Bild-Zeitung druckte am Dienstag Fotos der Täter. Sie hätten "böse Augen" und lebten in einer "Drogen-WG", schreibt das Blatt. Tatsächlich wurden einer der Täter und der dritte Erpresser im Easy-Contact-Haus des Münchner Drogenhilfevereins Condrobs betreut. Auch der zweite Täter stand unter strenger Aufsicht. Nachdem ihn ein Gericht wegen bewaffnetem Raub zu einem vierwöchigen Arrest verurteilt hatte, wurde ihm ein Betreuer zur Seite gestellt. Sein Anwalt beschreibt ihn als einen "lieben Jugendlichen, der an die falschen Freunde geraten ist".

Sein Opfer soll nun nach dem Wunsch von Politikern posthum für sein couragiertes Eingreifen geehrt werden. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) schlug die Verleihung eines Ordens vor. Der frühere Entwicklungshilfeminister Carl-Dieter Spranger (CSU) forderte, der Geschäftsmann solle das Bundesverdienstkreuz bekommen. Offiziell darf die oberste Auszeichnung der Republik vom Bundespräsidenten nur an lebende Personen verliehen werden. Doch es gab bereits Ausnahmen. Zuletzt wurde der Orden 1986 posthum verliehen, an den mutmaßlich von der RAF getöteten Physiker Karl Heinz Beckurts.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

34 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • M
    Maikel

    Was ist eigentlich das Problem, wenn sich Politiker zu diesem Mord äußern? Was wollt ihr denn, was die Politiker sonst tun sollen, uns noch mehr verschweigen? Jeder soll oder will irgendwas aus dem Wahlkrampf heraushalten. Schäuble, Merkel und Steinschröder eine Diskussion über den Überwachungsstaat, alle zusammen (incl Frau Petersen von der taz) den Krieg in Afghanistan. Und jetzt die Diskussion über Verrohung von Jugendlichen, bzw über Ursachen, Vorbeugung, Strafe? Was bitte schön, darf in diesem Lande dann thematisiert werden? Wollt ihr alle einen noch schweigsameren, dafür umso überwachteren, Staat?

  • GK
    georg kleinoberst

    Die Jugendlichen müssen natürlich frei gesprochen werden, denn sie können nichts dafür. Die Evolution und auch die (deutsche) Gesellschaft produziert immer wieder solche Geno- und Phänotypen, die z.B. für Kriege in Afghanistan dringend gebraucht werden. Darum: sprecht die Jugendlichen frei und schickt sie nach Afghanistan!!!!

  • A
    AnnMar

    Herr B. hat die gewünschte Zivilcourage gezeigt, "alles richtig gemacht", wie jetzt alle sagen, die Polizei rechtzeitig gerufen, jetzt ist er tot.

    Alternativ hätte er nichts tun können.

    Oder aber sich wehren, hätte überlebt, einer der Angreifer wäre verletzt worden, dann wäre Herr B. nun vermutlich angeklagt wegen Körperverletzung bei seinem Angreifer. Welch zynische Alternativen.

  • R
    Realist

    Viele verstehen es immer noch nicht. Härtere Strafen sollen gar nicht zu mehr Abschreckung führen. Sie führen aber zu mehr Sicherheit.

     

    Wenn jemand 15 statt 10 Jahre weggesperrt ist, heißt das mindestens 5 Jahre längerer Schutz der Zivilbevölkerung. Denn ob einer nun 10- oder 15 Jahre im Bau sitzt. Große Unterschiede für sein Verhalten macht das nicht.

     

    Zudem brauchen wir mehr Polizei an öffentlichen Orten. Das kann so nicht weitergehen.

     

    Ich verstehe wirklich nicht, warum sich die Debatte um härtere Strafen IMMER nur um den Abschreckungsfaktor dreht. Primär muss es um den längeren Schutz der Öffentlichkeit und eine gerechte Bestrafung der Täter gehen.

  • M
    Mallord

    @ harry:

     

    genauso wäre es gekommen.

     

    überschreitung von notwehr bzw. in diesem fall nothilfe, geht in der dynamik solcher situationen so schnell das man sich als helfender im nachgang sehr schnell selbst im kreuz der ermittlungen sieht und die vielgepriesene und gewünschte zivilcourage bitter bezahlen darf. wer ist schon in einer situation 2 gegen 1 in der lage rechtlich abzuschätzen wie weit er sich & andere verteidigen darf. wenn dann nicht amtl. hilfe schnellstens vor ort ist kann die situation für den helfenden plötzlich eskalieren .. in die eine oder andere richtung.

    krasser als hier konnte wohl die hilfeleistung nicht schief gehen.

  • H
    harri

    Nehmen wir einfach mal an, der Held wäre diesem Angriff nicht erlegen, sondern in der Lage, die Angreifer erfolgreich abzuwehren. Wären diese dabei körperlich verletzt worden, hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Anzeige wegen Körperverletzung auf ihn gewartet. Wer sollte unter solchen Umständen noch zu einer Nothilfe bereit sein?

  • L
    Lilim

    Die dümmste und billigste Antwort kam gestern von einer älteren Frau aus meiner Stadt.. die meinte zu dem Vorfall in München: "Also unter Hitler wäre das nicht passiert!"

  • DS
    Dr. Schreck

    Vorneweg: Ich bin dafür, dass die Täter bestraft werden, und das nicht zu milde. Aber wie Es Lebe Die gesagt hat: Härtere Strafen sind nur Symptombekämpfung. Tatsächlich sollten alle, die jetzt nach drakonischen Maßnahmen schreien, sich mal fragen, wie aus Kids solche Vollidioten werden können. Nicht jeder trägt das Böse unrettbar in sich. Woher stammt die Wut, die Respektlosigkeit vor den Mitmenschen, die Unvernunft? Wie werden aus Jugendlichen solche, pardon, Arschlöcher?

     

    Aber diese Probleme sind zu viele, und sie sitzen zu tief, um sie mal geschwind anzugehen. Wo werden Jugendliche betreut, die vor Langeweile und Perspektivlosigkeit nicht mehr wissen wohin? Wo unterstützt man sie in der Schule, damit sie wenigstens ein Mindestmaß an Bildung (auch über Zwischenmenschlichkeit) mitkriegen? Bildung, Betreuung der Kids, Sportvereine, Proberäume, Jugendhäuser, Aufklärung, Zuwendung, Respekt ihnen gegenüber, Ausbildungsplätze, einfach jemand, der sich um sie kümmert, und es würde wesentlich weniger kreuzdumme Schläger geben, jede Wette.

     

    Aber das kostet viel, viel Geld, das würde sogar meiner Meinung nach die gesamte Gesellschaft mit ihren Medien, ihrer Bildungspolitik, ihren Leistungsprinzipien in Frage stellen. Dann lieber die Bildung noch mehr wirtschaftsfreundlich machen, damit noch mehr Kids durch's Raster fallen, noch mehr perspektivenlose Jugendliche vor lauter Wut, Frust, Langweile oder aus schierer Dummheit zu Schlägern werden und sich dann darüber tüchtig aufregen.

     

    Wenn Jugendliche erst ab 18 wählen dürfen, wieso sollten sie dann die Politik im Alltag besser verstehen?

     

    Ein bigottes Geschwätz, bei allem Verständnis für Strafen.

     

    MfG, Dr. E. Schreck

  • M
    Martin

    Der Denkansatz einer Veränderung muß bei der Täterpsychologie ansetzen. Die Täter waren aktenkundig, sie waren wohl schon längere Zeit mit ihrer Methode des 'Abzockens' von Kindern erfolgreich. Und sie hatten die Erfahrung, mit dieser Methode höchstens einige Wochen Arrest zu riskieren, ansonsten problemlos Geld erpressen zu können. Das von ihnen dann getötete Opfer stellte sich dem 'normalen' Ablauf in den Weg. Offenbar liegen die Ursachen in dieser 'Normalität' und einer fehlenden Grenzziehung durch die Justiz. Höhere Strafen? Ich hätte nichts dagegen, aber es wäre ja schon einmal ein Fortschritt gewesen, diese Täter von Anfang an sehr viel deutlicher zu bestrafen, verbunden mit sozialpädagogischer und psychologischer Betreuung. Die Prozesse sollten so schnell wie möglich nach der Tat erfolgen.

  • M
    marik

    hey, leute, wieso seid ihr so vehement gegen härtere strafen? die retten die opfer nicht, geben aber einen eindruck des stellenwertes der tat für die gesellschaft, schrecken vielleicht doch mal ab und sind auf jeden fall eine gewisse genugtuung für die opfer.

    aktuell ist es ja so, dass bei körperverletzung ohne tötung die täter womöglich sogar sofort wieder frei rumlaufen, weil, sie sind ja die armen mit schrecklicher kindheit.

    deren opfer allerdings sitzt seither womöglich im rolli. geil, wa?

  • EL
    es lebe die

    Bekämpfung der Symptome und nicht der Ursachen. Wenn alle Menschen, die härtere Strafen fordern, Ärzte wären, könnte mensch diese getrost als Henker bezeichnen, da sie alle ihre Patienten sterben lassen bzw. aufgrund unprofessioneller Behandlung von den Lebenden in Tote verwandeln.

    Eine harte Strafe verringert den möglichen Gewinn, der durch eine Straftat erreicht werden kann, schützt/verhindert jedoch nicht, dass es zu Affekttaten kommt.

     

    mfg

  • H
    heiopei

    Ich lese, dass die Staatsanwaltschaft gegen die 15 Zeugen nicht ermittelt wegen unterlassener Hilfeleistung. Das ist verständlich, weil ja auch ihre Hilfsbeamten nicht schnell genug zur Stelle waren oder? Außerdem ist das Wegschauen in Deutschland eine alte Tradition.

     

    Bayern rühmt sich, die schärfste Kampfhundeverordnung zu haben. Warum wurden diese "betreuten" Killer nicht wenigstens unter Anwendung dieser Vorschriften nur noch mit Maulkorb und Leine in die Öffentlichkeit gelassen?

  • W
    Weltenbürger

    "Sein Anwalt beschreibt ihn als einen "lieben Jugendlichen, der an die falschen Freunde geraten ist". "

     

     

    Klar sagt der das das ist ja auch SEIN ANWALT!

     

    Ich finds mist dass so Leute rumrennen dürfen. Mir gefällt das franz. Model der Mindeststrafen, mit Körperverletzung(wenn es mehr als ne Watschen ist) oder bei Raub sollte IMMER IMMER Knast anstehen. Die Aussage, Gefängnis als Schule für Verbrecher ist lange nicht mehr haltbar.

  • SU
    Susanne Ulrich

    Wenn es sich bewahrheiten sollte, dass eine Anzahl von Menschen Herrn B. auf dem Bahnsteig von Solln nicht (gemeinsam) beigestanden hat, dann gilt meine Fassungslosigkeit nicht nur der abscheulichen Tat der Jugendlichen, sondern auch der fehlenden Einsatzbereitschaft und -fähigkeit dieser "Zeugen". Ich finde nirgendwo ausreichende Hinweise auf diesen Umstand oder einen Kommentar zum Thema "unterlassene Hilfeleistung". Wir brauchen nicht mehr Überwachungskameras, sondern mehr Kurse, die Menschen befähigen, sich für eigene und fremde Rechte einzusetzen. Sie sollten genauso verpflichtend sein, wie Erste-Hilfe-Kurse für den Führerschein. Denn man kann durchaus lernen, fremde Menschen anzusprechen und zu einer gemeinsamen Einmischung zu bewegen.

  • H
    Harald

    Ich fordere wesentlich mehr Polizeipräsenz, damit solche Täter abgeschreckt werden und sonst die Strafe bekommen, die sie verdient haben. Wenn Politiker hier sparen, machen sie sich mitschuldig und sollten zur Verantwortung gezogen werden!

  • TP
    Thomas Pany

    Ich bin lieber ein lebendiger Feigling als ein toter Held.

     

    Er ist ein Held in der Tat, ein tragischer Held, in einem Land wo Helden tot sind und gewalttätige und zu allem bereite "Jugendliche" frei rumlaufen dürfen, welche Strafen wird sich diesmal das Gericht überlegen? Vielleicht fünf Wochen Arrest, immerhin es handelt sich doch um liebe Jungs. Oder ist das auch schon zu hart?

  • 5J
    50 Jahre und kein bisschen weise ...

    Dieses Bundesverdienstkreuz würde das Opfer sicherlich ablehnen. Politiker, fahrt S-Bahn.

  • M
    Maikel

    Was ist eigentlich das Problem, wenn sich Politiker zu diesem Mord äußern? Was wollt ihr denn, was die Politiker sonst tun sollen, uns noch mehr verschweigen? Jeder soll oder will irgendwas aus dem Wahlkrampf heraushalten. Schäuble, Merkel und Steinschröder eine Diskussion über den Überwachungsstaat, alle zusammen (incl Frau Petersen von der taz) den Krieg in Afghanistan. Und jetzt die Diskussion über Verrohung von Jugendlichen, bzw über Ursachen, Vorbeugung, Strafe? Was bitte schön, darf in diesem Lande dann thematisiert werden? Wollt ihr alle einen noch schweigsameren, dafür umso überwachteren, Staat?

  • GK
    georg kleinoberst

    Die Jugendlichen müssen natürlich frei gesprochen werden, denn sie können nichts dafür. Die Evolution und auch die (deutsche) Gesellschaft produziert immer wieder solche Geno- und Phänotypen, die z.B. für Kriege in Afghanistan dringend gebraucht werden. Darum: sprecht die Jugendlichen frei und schickt sie nach Afghanistan!!!!

  • A
    AnnMar

    Herr B. hat die gewünschte Zivilcourage gezeigt, "alles richtig gemacht", wie jetzt alle sagen, die Polizei rechtzeitig gerufen, jetzt ist er tot.

    Alternativ hätte er nichts tun können.

    Oder aber sich wehren, hätte überlebt, einer der Angreifer wäre verletzt worden, dann wäre Herr B. nun vermutlich angeklagt wegen Körperverletzung bei seinem Angreifer. Welch zynische Alternativen.

  • R
    Realist

    Viele verstehen es immer noch nicht. Härtere Strafen sollen gar nicht zu mehr Abschreckung führen. Sie führen aber zu mehr Sicherheit.

     

    Wenn jemand 15 statt 10 Jahre weggesperrt ist, heißt das mindestens 5 Jahre längerer Schutz der Zivilbevölkerung. Denn ob einer nun 10- oder 15 Jahre im Bau sitzt. Große Unterschiede für sein Verhalten macht das nicht.

     

    Zudem brauchen wir mehr Polizei an öffentlichen Orten. Das kann so nicht weitergehen.

     

    Ich verstehe wirklich nicht, warum sich die Debatte um härtere Strafen IMMER nur um den Abschreckungsfaktor dreht. Primär muss es um den längeren Schutz der Öffentlichkeit und eine gerechte Bestrafung der Täter gehen.

  • M
    Mallord

    @ harry:

     

    genauso wäre es gekommen.

     

    überschreitung von notwehr bzw. in diesem fall nothilfe, geht in der dynamik solcher situationen so schnell das man sich als helfender im nachgang sehr schnell selbst im kreuz der ermittlungen sieht und die vielgepriesene und gewünschte zivilcourage bitter bezahlen darf. wer ist schon in einer situation 2 gegen 1 in der lage rechtlich abzuschätzen wie weit er sich & andere verteidigen darf. wenn dann nicht amtl. hilfe schnellstens vor ort ist kann die situation für den helfenden plötzlich eskalieren .. in die eine oder andere richtung.

    krasser als hier konnte wohl die hilfeleistung nicht schief gehen.

  • H
    harri

    Nehmen wir einfach mal an, der Held wäre diesem Angriff nicht erlegen, sondern in der Lage, die Angreifer erfolgreich abzuwehren. Wären diese dabei körperlich verletzt worden, hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Anzeige wegen Körperverletzung auf ihn gewartet. Wer sollte unter solchen Umständen noch zu einer Nothilfe bereit sein?

  • L
    Lilim

    Die dümmste und billigste Antwort kam gestern von einer älteren Frau aus meiner Stadt.. die meinte zu dem Vorfall in München: "Also unter Hitler wäre das nicht passiert!"

  • DS
    Dr. Schreck

    Vorneweg: Ich bin dafür, dass die Täter bestraft werden, und das nicht zu milde. Aber wie Es Lebe Die gesagt hat: Härtere Strafen sind nur Symptombekämpfung. Tatsächlich sollten alle, die jetzt nach drakonischen Maßnahmen schreien, sich mal fragen, wie aus Kids solche Vollidioten werden können. Nicht jeder trägt das Böse unrettbar in sich. Woher stammt die Wut, die Respektlosigkeit vor den Mitmenschen, die Unvernunft? Wie werden aus Jugendlichen solche, pardon, Arschlöcher?

     

    Aber diese Probleme sind zu viele, und sie sitzen zu tief, um sie mal geschwind anzugehen. Wo werden Jugendliche betreut, die vor Langeweile und Perspektivlosigkeit nicht mehr wissen wohin? Wo unterstützt man sie in der Schule, damit sie wenigstens ein Mindestmaß an Bildung (auch über Zwischenmenschlichkeit) mitkriegen? Bildung, Betreuung der Kids, Sportvereine, Proberäume, Jugendhäuser, Aufklärung, Zuwendung, Respekt ihnen gegenüber, Ausbildungsplätze, einfach jemand, der sich um sie kümmert, und es würde wesentlich weniger kreuzdumme Schläger geben, jede Wette.

     

    Aber das kostet viel, viel Geld, das würde sogar meiner Meinung nach die gesamte Gesellschaft mit ihren Medien, ihrer Bildungspolitik, ihren Leistungsprinzipien in Frage stellen. Dann lieber die Bildung noch mehr wirtschaftsfreundlich machen, damit noch mehr Kids durch's Raster fallen, noch mehr perspektivenlose Jugendliche vor lauter Wut, Frust, Langweile oder aus schierer Dummheit zu Schlägern werden und sich dann darüber tüchtig aufregen.

     

    Wenn Jugendliche erst ab 18 wählen dürfen, wieso sollten sie dann die Politik im Alltag besser verstehen?

     

    Ein bigottes Geschwätz, bei allem Verständnis für Strafen.

     

    MfG, Dr. E. Schreck

  • M
    Martin

    Der Denkansatz einer Veränderung muß bei der Täterpsychologie ansetzen. Die Täter waren aktenkundig, sie waren wohl schon längere Zeit mit ihrer Methode des 'Abzockens' von Kindern erfolgreich. Und sie hatten die Erfahrung, mit dieser Methode höchstens einige Wochen Arrest zu riskieren, ansonsten problemlos Geld erpressen zu können. Das von ihnen dann getötete Opfer stellte sich dem 'normalen' Ablauf in den Weg. Offenbar liegen die Ursachen in dieser 'Normalität' und einer fehlenden Grenzziehung durch die Justiz. Höhere Strafen? Ich hätte nichts dagegen, aber es wäre ja schon einmal ein Fortschritt gewesen, diese Täter von Anfang an sehr viel deutlicher zu bestrafen, verbunden mit sozialpädagogischer und psychologischer Betreuung. Die Prozesse sollten so schnell wie möglich nach der Tat erfolgen.

  • M
    marik

    hey, leute, wieso seid ihr so vehement gegen härtere strafen? die retten die opfer nicht, geben aber einen eindruck des stellenwertes der tat für die gesellschaft, schrecken vielleicht doch mal ab und sind auf jeden fall eine gewisse genugtuung für die opfer.

    aktuell ist es ja so, dass bei körperverletzung ohne tötung die täter womöglich sogar sofort wieder frei rumlaufen, weil, sie sind ja die armen mit schrecklicher kindheit.

    deren opfer allerdings sitzt seither womöglich im rolli. geil, wa?

  • EL
    es lebe die

    Bekämpfung der Symptome und nicht der Ursachen. Wenn alle Menschen, die härtere Strafen fordern, Ärzte wären, könnte mensch diese getrost als Henker bezeichnen, da sie alle ihre Patienten sterben lassen bzw. aufgrund unprofessioneller Behandlung von den Lebenden in Tote verwandeln.

    Eine harte Strafe verringert den möglichen Gewinn, der durch eine Straftat erreicht werden kann, schützt/verhindert jedoch nicht, dass es zu Affekttaten kommt.

     

    mfg

  • H
    heiopei

    Ich lese, dass die Staatsanwaltschaft gegen die 15 Zeugen nicht ermittelt wegen unterlassener Hilfeleistung. Das ist verständlich, weil ja auch ihre Hilfsbeamten nicht schnell genug zur Stelle waren oder? Außerdem ist das Wegschauen in Deutschland eine alte Tradition.

     

    Bayern rühmt sich, die schärfste Kampfhundeverordnung zu haben. Warum wurden diese "betreuten" Killer nicht wenigstens unter Anwendung dieser Vorschriften nur noch mit Maulkorb und Leine in die Öffentlichkeit gelassen?

  • W
    Weltenbürger

    "Sein Anwalt beschreibt ihn als einen "lieben Jugendlichen, der an die falschen Freunde geraten ist". "

     

     

    Klar sagt der das das ist ja auch SEIN ANWALT!

     

    Ich finds mist dass so Leute rumrennen dürfen. Mir gefällt das franz. Model der Mindeststrafen, mit Körperverletzung(wenn es mehr als ne Watschen ist) oder bei Raub sollte IMMER IMMER Knast anstehen. Die Aussage, Gefängnis als Schule für Verbrecher ist lange nicht mehr haltbar.

  • SU
    Susanne Ulrich

    Wenn es sich bewahrheiten sollte, dass eine Anzahl von Menschen Herrn B. auf dem Bahnsteig von Solln nicht (gemeinsam) beigestanden hat, dann gilt meine Fassungslosigkeit nicht nur der abscheulichen Tat der Jugendlichen, sondern auch der fehlenden Einsatzbereitschaft und -fähigkeit dieser "Zeugen". Ich finde nirgendwo ausreichende Hinweise auf diesen Umstand oder einen Kommentar zum Thema "unterlassene Hilfeleistung". Wir brauchen nicht mehr Überwachungskameras, sondern mehr Kurse, die Menschen befähigen, sich für eigene und fremde Rechte einzusetzen. Sie sollten genauso verpflichtend sein, wie Erste-Hilfe-Kurse für den Führerschein. Denn man kann durchaus lernen, fremde Menschen anzusprechen und zu einer gemeinsamen Einmischung zu bewegen.

  • H
    Harald

    Ich fordere wesentlich mehr Polizeipräsenz, damit solche Täter abgeschreckt werden und sonst die Strafe bekommen, die sie verdient haben. Wenn Politiker hier sparen, machen sie sich mitschuldig und sollten zur Verantwortung gezogen werden!

  • TP
    Thomas Pany

    Ich bin lieber ein lebendiger Feigling als ein toter Held.

     

    Er ist ein Held in der Tat, ein tragischer Held, in einem Land wo Helden tot sind und gewalttätige und zu allem bereite "Jugendliche" frei rumlaufen dürfen, welche Strafen wird sich diesmal das Gericht überlegen? Vielleicht fünf Wochen Arrest, immerhin es handelt sich doch um liebe Jungs. Oder ist das auch schon zu hart?

  • 5J
    50 Jahre und kein bisschen weise ...

    Dieses Bundesverdienstkreuz würde das Opfer sicherlich ablehnen. Politiker, fahrt S-Bahn.