Reaktionen auf Machtwechsel in Serbien: „Klares Signal für europäische Politik“
Die EU-Stellungnahmen zum serbischen Wahlergebnis sorgen für Verwirrung. Europa hatte den abgewählten Präsidenten Boris Tadic unterstützt.
BRÜSSEL taz | Die gemeinsame Presseerklärung von EU-Kommission und EU-Rat sorgte am Montag für einige Verwirrung in Brüssel. Darin gratulierten die Präsidenten der beiden Institutionen, José Manuel Barroso und Herman Van Rompuy, dem neuen serbischen Präsidenten Tomislav Nikolic und unterstrichen, der Wahlausgang sei ein „klares Signal“ für die Unterstützung der „europäischen“ Regierungspolitik in Serbien.
Unverständlich war die positive Bewertung nicht nur vielen Journalisten, sondern auch einigen EU-Abgeordneten. Schließlich hatte die Union den bisherigen Präsidenten Tadic eindeutig unterstützt. Mit ihm wollte man den eingeschlagenen Weg zu einem EU-Beitritt weitergehen. „Alle in Brüssel haben damit gerechnet, dass Tadic gewinnt. Jetzt hoffen sie eben, dass Nikolic sich tatsächlich geändert hat und den Weg in die EU sucht“, so die grüne Abgeordnete Franziska Brantner.
In der Vergangenheit hat sich der Nationalist Tomislav Nikolic immer wieder mit Anti-EU-Äußerungen hervorgetan. Erst in den vergangenen Wahlkampfwochen hat er behauptet, die Beitrittsanstrengungen weiter verfolgen zu wollen. In Brüssel warten nun alle gespannt darauf, ob er dies in der Praxis tatsächlich tun wird.
„Serbien muss seinen Willen zu Kooperation und Versöhnung in der Region zeigen“, ermahnen jedenfalls Barroso und Van Rompuy den neuen serbischen Präsidenten. Sorgen macht Brüssel vor allem Niklic’ Haltung zum Kosovo. Bisher hatte Belgrad die Unabhängigkeit der ehemals serbischen Provinz zwar nicht anerkannt, der bisherige Präsident Tadic setzte sich aber für eine Aussöhnung mit der albanischen Bevölkerungsmehrheit ein, was seinem Land den EU-Kandidatenstatus einbrachte.
Die EU hat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Serbien bisher immer an die Stabilität in der Region und die Aussöhnung mit Kosovo geknüpft. Franziska Brantner fordert, dass die Union in diesem Punkt auch in Zukunft keine Kompromisse eingeht: „Falls es Übergriffe an den Grenzen gibt oder sonst Probleme mit Pristina, muss die EU knallhart bleiben und keine Rabatte gewähren, nur weil der Präsident gewechselt hat“, so die Abgeordnete, die für ihre Fraktion im auswärtigen Ausschuss des Europa-Parlaments sitzt.
In den kommenden Monaten müssen die EU-Staats- und -Regierungschefs entscheiden, wann sie die Beitrittsverhandlungen mit Serbien eröffnen wollen. Die Entscheidung könnte bereits beim EU-Gipfel im nächsten Monat fallen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern