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Reaktionen auf Atomdeal im Iran„Hoch lebe Sarif, hoch lebe Rohani“

Lob, aber auch Kritik: Während viele Iraner die Einigung von Lausanne begrüßen, warnen Konservative vor einem Ausverkauf iranischer Interessen.

Freude in Teheran Bild: dpa

BERLIN taz/ap | Als die iranische Verhandlungsdelegation am Freitagmorgen in Teheran eintraf, empfing sie eine jubelnde Menge. Auch Ahmad Chomeini, Enkel des legendären Revolutionsführers Ayatollah Chomeini, war dabei. „Hoch lebe Sarif, hoch lebe Rohani“, skandierten die Versammelten. Viele formten das Siegeszeichen oder schwenkten weiße Tücher. Außenminister Mohammed Dschawad Sarif standen Tränen in den Augen.

Nach monatelangen Verhandlungen hatte sich der Iran am Donnerstag in Lausanne mit den USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland auf eine Rahmenvereinbarung im Atomstreit geeinigt. Das eigentliche Abkommen soll auf dieser Grundlage bis Ende Juni ausgehandelt sein und muss vom iranischen Parlament ratifiziert werden.

Zum ersten Mal wurde eine Stellungnahme des US-Präsidenten Barack Obama direkt vom staatlichen Fernsehen übertragen. Die staatliche Nachrichtenagentur IRNA beglückwünschte in einem langen Artikel die Regierung für den „großen Erfolg“. Selbstverständlich hätten beide Seiten Zugeständnisse machen müssen, sonst wäre keine Einigung möglich gewesen, schrieb IRNA.

Gegner dieser Einigung seien dieselben Menschen, die damals die Iran-Resolutionen der UNO sowie die Sanktionen einzelner Staaten als „ein Stück wertloses Papier“ bezeichnet und das Land in die Isolation getrieben hätten. Wichtig für Iran seien das Recht zur Fortsetzung des zivilen Atomprogramms und die Aufhebung der Sanktionen gewesen. Genau dies hätten die Verhandlungsführer erreicht.

Aleddin Borudscherdi, Vorsitzender des Ausschusses für Nationale Sicherheit und Außenpolitik, sagte, Iran habe sich bei diesem „politischen Kampf als fähig erwiesen“ und das Land weitergebracht.

Kritik aus dem Parlament

Dem widersprach der einflussreiche Herausgeber der Tageszeitung Kayhan, Hossein Schariatmadari. „Wir haben ein gesatteltes Pferd verschenkt und dafür einen zerrissenen Zaum erhalten“, sagte er.

Ähnlich äußerte sich der konservative Parlamentsabgeordnete Esmail Kosari. In einem Interview mit der Agentur Tasnim sagte er, die iranische Delegation habe ein Jahr lang die „Zeit totgeschlagen“, während die westlichen Verhandlungspartner auf ihrer Forderung beharrten und sie am Ende durchgesetzt hätten. Iran habe seine Ziele nicht erreicht. „Von den USA und ihren Verbündeten haben wir nicht erwartet, dass sie unsere Interessen berücksichtigen, wohl aber von unserem Verhandlungsteam.“

Auch der Abgeordnete Hossein Taghawi, Mitglied des Ausschusses für Sicherheit und Außenpolitik erklärte, die Erklärung von Lausanne müsse genau geprüft werden. „Das iranische Parlament wird keine Vereinbarungen akzeptieren, die mit den Grundsätzen der Außenpolitik der Islamischen Republik nicht übereinstimmen.“

Aus der gemeinsamen Erklärung gehe nicht hervor, dass alle Sanktionen sofort aufgehoben würden. „Wir werden keinem Vertrag zustimmen, der nicht die sofortige und vollständige Aufhebung der Sanktionen beinhaltet“, sagte Taghawi.

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