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Reaktionen auf Assads Rede„Realitätsferner“ Diktator

Die internationalen Reaktionen auf Baschar al-Assad Rede: Unverständnis und Rücktrittsforderungen. Nur der Iran begrüßt seine Aussagen.

Baschar al-Assad bei seiner ersten öffentlichen Rede seit sieben Monaten. Bild: reuters

KAIRO/DAMASKUS/TEHERAN dpa/afp | Die erste öffentliche Rede des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad seit Monaten ist international überwiegend auf Unverständnis gestoßen und mit Rücktrittsforderungen quittiert worden. Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi sprach sich in einem CNN-Interview am Sonntag indirekt sogar für einen Kriegsverbrecherprozess gegen Assad aus.

Der syrische Präsident hatte bei seiner Rede am Sonntag eine Zusammenarbeit mit seinen Gegnern kategorisch ausgeschlossen. Er werde nicht mit Banden, Extremisten oder „Marionetten“ des Westens verhandeln. Als Gegenleistung versprach er all jenen, die ihr Land nicht „verraten“ hätten, politische Reformen, eine neue Verfassung und Regierung sowie die Freilassung von Gefangenen.

Er schlug einen Drei-Stufen-Plan vor, der nach einem Ende der Gewalt zu einer politischen Lösung führen solle, bei der er an der Macht bleibe. Als Voraussetzung für eine politische Lösung verlangte Assad, dass der Westen und arabische Länder ihre Hilfe für die „Terroristen“ einstellten.

Die US-Regierung nannte die vom syrischen Präsidenten geäußerten Vorschläge „realitätsfern“. „Assad hat alle Legitimität verloren und muss zur Seite treten, um eine politische Lösung und einen demokratischen Übergang (...) zu ermöglichen“, erklärte Außenamtssprecherin Victoria Nuland in Washington.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte nach Angaben ihres Sprechers: „Wir werden sorgfältig prüfen, ob es in der Rede irgendetwas Neues gibt, aber wir halten an unserer Position fest, dass Assad bei Seite treten und einen politischen Wandel zulassen muss.“

Westerwelle fordert Übergangsregierung

Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte zu Assads Pläne: „Statt erneut martialischer Töne sollte er endlich den Weg für eine Übergangsregierung und einen politischen Neuanfang in Syrien frei machen.“ Der britische Außenminister William Hague nannte die Rede „mehr als scheinheilig“. Im Kurznachrichtendienst Twitter schrieb er: „Der Tod, die Gewalt und die Unterdrückung, die sein Land verschlingen, sind von ihm selbst gemacht, leere Reformversprechen täuschen niemanden.“

Nach Ansicht des türkischen Außenministers Ahmet Davutoglu sind Assads Vorschläge für Reformen leere Versprechen. Der syrische Präsident könne nach dem Tod von 60 000 Menschen keine Führungsrolle mehr beanspruchen. Zudem müsse er die syrische Opposition anerkennen.

Auf die Frage des CNN-Moderators Wolf Blitzer, ob er für einen Kriegsverbrecherprozess gegen Assad vor dem Internationalen Strafgerichtshof sei, sagte Ägyptens Präsident Mursi: „Nicht ich will es, das syrische Volk will es ... und wir unterstützen das syrische Volk.“

Er zeigte sich von einem Erfolg des Aufstandes überzeugt. Wenn das Blutvergießen in Syrien erst beendet sei, werde es dort ein unabhängiges Parlament und eine gewählte Regierung geben. „Und dann werden sie entscheiden, was sie mit denen machen, die Verbrechen begangen haben. Es ist das syrische Volk, das entscheidet“, sagte Mursi.

Die Aufständischen haben in den vergangenen Monaten gerade im Norden Syriens militärische Erfolge verbucht und haben inzwischen auch die Hauptstadt Damaskus umringt. Immer mehr Angehörige des Sicherheitsapparats desertieren. Das Regime wehrt sich massiv mit Luftschlägen und Bodenoffensiven in den Unruheregionen. Täglich beklagen Regimegegner mehr als hundert Opfer.

Eine innersyrische Lösung

Der Iran hingegen befürwortet den Plan des syrischen Präsidenten: „Der Iran begrüßt und unterstützt diesen umfangreichen Plan als eine realistische Lösung der Krise und den Beginn einer stabilen und leuchtenden Zukunft in Syrien“, sagte Außenminister Ali-Akbar Salehi nach Angaben der Nachrichtenagentur Mehr. Assads Plan stehe auf der Basis einer innersyrischen Lösung und weise „Gewalt, Terrorismus und die Einmischung von außen zurück und schlägt einen umfassenden politischen Prozess vor“, hieß es.

Der Iran ist Syriens engster Verbündeter und unterstützt die Führung in Damaskus seit Beginn des blutigen Konflikts im März 2011 bedingungslos. Salehi rief die syrischen Konfliktparteien und die internationale Gemeinschaft dazu auf, die „Gelegenheit“ zu nutzen, die Assads Plan biete, um Sicherheit und Stabilität in Syrien wieder herzustellen und zu verhindern, dass sich die Krise auf die gesamte Region ausweite.

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8 Kommentare

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  • A
    Ant-iPod

    @toddi:

     

    Im Islam gibt es - leider und wie bei allen anderen Religionen auch - radikale Idioten. Dabei sind wir uns einig. Wir sind us auch einig darin, dass die schwarze Al-Qaida Fahne kein Zeichen der Toleranz oder der Ermutigung ist.

    Ich bin aber immer wieder erstaunt, wie schnell man hier Al-Qaida verdammt, die - nehmen wir New York, Madrid und London, Anschläge im Jemen und den Einsatz im Irak und Syrien einmal zusammen - für ca. 10 bis 15 tausend Tote verantwortlich zeichnen.

    Jeder einzelne davon ein Toter zuviel und Verbrechen, die bestraft gehören.

     

    Die US-Army hat alleine im Irak direkt für über 150.000 Tote gesorgt und im Rahmen des durch die angeblich so gemäßigt, christliche Intervention im Irak starben dort über 1 Millionen Menschen.

    In Afghanistan starben und sterben in den Gefechten weitere Zehntausende, weil die USA mit ihren Verbündeten denkt, die Bevölkerung vor den Taliban schützen zu können.

    Der Drohnenkrieg der USA hat auch bereits tausende auf dem Gewissen.

     

    Vor diesem Hintergrund finde ich es scheinheilig und irreführend, hier die vermeintlich so große Gefahr durch intolerante Muslime an die Wand zu malen - ohne die Ursachen dafür zu erläutern - aber keine Gefahr in der Militärmaschinerie der USA darzustellen.

    Da gibt es nunmal Zusammenhänge und wer Teilnachrichten aus dem Zusammenhang herausnimmt, kann kein objektives Bild darstellen.

     

    Zum guten Schluss:

    Egal ob Sie oder Herr Lamb es beschreien... keiner von Ihnen weis, was "das syrische Volk" will - aber Sie beide wissen, dass Assad dafür sorgt, dass dies auch niemand je erfährt.

    Er ist es, der freie Meinungsäußerung im Keime erstickt und die Bildung eines politischen Willens verunmöglicht.

    Helfen Sie mit dafür zu sorgen, dass das syrische Volk seinen Willen bilden, formulieren und umsetzen kann! - Ach ja... dazu muss Baschar natürlich weg... am besten nach Den Haag!

  • W
    Weg_mit_Assad

    Assad wird täglich schwächer, aber er will es nicht wahrhaben und wird bis zum letzten Hubschrauber weiterbomben. Leider.

    Assad und seine Schergen haben schon genug Menschenleben auf dem Gewissen!

     

    Es ist Zeit für Neuwahlen!

     

    Die Wahlen sollten aber korrekt ablaufen, und wie damals als er an die Macht kam. Extra wegen ihm hatte Syrien ein Gesetz geändert, weil er noch nicht das Mindestalter für ein Staatsoberhaupt erreicht hatte.

    Kein Wunder daß das Volk ihn nicht will!

    Mit Bomben und Blutvergießen macht er sich nur noch unbeliebter. Er sollte sich endlich verziehen!

  • T
    toddi

    Ach ja die sprichwörtliche Toleranz von salafistischen Sunniten. Wer hat sie vergessen die Missionierungsurteile, Hexenverfolgungen und nicht zuletzt die Bilder so voller Harmonie, Friedenswillen und ja das isses wieder- Toleranz im Zusammenhang mit den Karikaturen der Gestalt, die diese gebildeten, wissbegierigen und nicht zuletzt kultivierten Schaafe der Sheichs vergöttern.

    Zu bewundern (mal wieder) So. 13.01.2013 in Berlin. Sicherlich darf da auch das (Al Quaida) Banner (der schwarze Fetzen mit den arabischen Schriftzeichen) unsanktioniert im Wind flattern.

    Die Teilnehmer, natürlich rein zufällig Stammgäste auf allen Anti- Assad Demonstrationen (weil der ist in erster Linie Kufar also „ungläubig“) leben die einzige Freiheit aus die ihnen Heilig ist, die Religionsfreiheit. Diese Subjekte bedrohen andersgläubige selbst hier in Deutschland mit dem Tode - islamistische Toleranz in Aktion. In Wort und Bild besser Konsequenz auch hier zu bewundern ;http://urs1798.wordpress.com/;

    Ach ja und in Sachen Bildung (das umfasst im übrigen etwas von dem zu Verstehen von dem man spricht (schreibt), ein paar Gedanken in einem Artikel des alten Nahost-Hasen Franklin Lamb

    http://einarschlereth.blogspot.de/2013/01/syrien-umkipp-punkt-oder-wende-punkt.html

    Es bleibt nur, dem SYRISCHEN VOLK (das sich nach „eigener“ Aussage lieber mit Handgranaten der Befreiung durch die TOLLEN „Befreiungskämpfer entzieht) und seiner Armee viel Erfolg bei seinem gerechten Kampf zu wünschen und den Terrotouristen (insbesondere den auf den Videos dokumentierten Fratzen) eine schnelle „Reise“ zu ihrem Schöpfer ...

  • A
    Ant-iPod

    ach TODDI....

    immer wieder die gleiche Leier der Verschwörungstheoretiker: Der böse Westen, der ein an sich super funktionierendes und prosperierendes Land in neokolonialistischer Manier mittels seiner unmoralischen Geheimdienste, seines hemmungslosen Gewalteinsatzes und mittels radikal verblendeter Handlanger (in diesem Fall sollen dies wohl die Sunniten oder das neue In-Wort für Feinde: Salafisten sein) - die sich natürlich, strunzdoof, wie sie sind, als Marionetten der ach so intelligenten Europäer und Amerikaner benutzen lassen.

     

    Wird Ihnen dieses lächerliche Schubladendenken nicht irgendwann peinlich?

    Egal, ob Sie "hinter der Fichte" stecken, oder sich "noch ein Parteibuch" durchlesen?

     

    Fakt ist doch, dass Syrien sich im Bürgerkrieg befindet. Fakt ist auch, dass Baschar in den letzten sieben Monaten eskalierender Gewalt keine einzige, politische Maßnahme zur Beendigung initiiert hat und das alleinige Recht dazu hat - laut syrischer Verfassung - der Präsident und die von ihm eingesetzte Regierung.

    Fakt sind übre 60.000 Tote, umfassende Zerstörung in vielen Städten Syriens, kein Ende des Konflikts in Sicht und kein Verhandlungsangebot zu all den Punkten, welche hunderttausende Demonstranten bis heute Tag für Tag auf den Straßen Syriens einfordern.

     

    Im Übrigen zahlen gerade die Sunniten den höchsten Blutzoll und sind dennoch Tolerant gegenüber allen anderen, wie die Bildung einer Vereinigten Opposition gezeigt hat.

    Die peinliche Angst vor Islamisten, welche man durch sein eigenes Verhalten erst auf den Plan ruft, kann in keiner Weise ein Argument für Assad sein.

    Ein Pro-Assad kann es nach dem Massenmord auf seinen persönlichen Befehl hin sowieso nicht mehr geben.

    Er ist der alleinige Oberbefehlshaber der Armee und kein Flugzeug könnte Wohngebiete bombardieren, wenn er dies nicht befohlen hätte!

  • T
    toddi

    Man könnte auch so formulieren: realitätsfremde von Wunschdenken geprägte Berichterstattung und (derzeit hier die Ausnahme) ebensolche unverbesserliche pro sunnitische/salafistische dümmliche Statements. Wer sich bilden will findet Informationen (teilweise aus direktem Kontakt) und Argumente hier ; http://nocheinparteibuch.wordpress.com/2013/01/10/fuhrer-der-westlichen-wertegemeinschaft-in-bezug-auf-syrische-front-ratlos/#more-7079; http://www.sarsura-syrien.com/;

  • A
    Ant-iPod

    Assad hat in seiner Rede eindeutig gezeigt, dass ihm an einer politischen Lösung der Probleme des Landes nicht gelegen ist.

    Das Volk muss sich seiner Herrschaft unterwerfen, oder der Krieg geht weiter - das ist die Kernaussage seiner Rede.

     

    In Anbetracht der militärischen Lage ist dies eine wenig Zuversicht ausstrahlende Durchhalterede...

    Es verkennt offensichtlich, dass die Initiative nicht bei der Assad-Armee, sondern bei der FSA liegt und auch wenn der Fortschritt quälend langsam ist, so bleibt das Heft des Handelns in der Hand der FSA.

     

    Allerdings finde ich es äußerst scheinheilig von Westerwelle und Co. sich so zu äußern, wo sie jederzeit die Möglichkeit haben, sich für Demokratie und Freiheit einzusetzen, bsw. per Durchsetzung einer Flugverbotszone.

     

    Das finde auch ich "bäh"....

  • T
    topal

    ich kann nicht glauben, dass sie TAZ sich an dieser infamen Kampagne gegen Syrien beteiligt

     

    TAZ - wo bist du hin

  • B
    blakkorange

    die TAZ ist mal wieder einseitig wie immer.

     

    Bäh....