Reaktion auf die Kreditklemme: Zypern will von Russland Geld leihen
Die Ratingagentur Moodys stuft das EU-Mitgliedsland auf knapp über Ramsch-Niveau herab. Zypern will in Russland billiges Geld leihen – ein kleiner Freundschaftsdienst.
BERLIN taz | Die US-amerikanische Ratingagentur Moodys hat die Kreditwürdigkeit Zyperns um zwei Stufen auf "Baa3" abgesenkt. Damit befindet sich das Land nur noch eine Stufe oberhalb des Ramschniveaus. Die Ratingagentur begründete die Herabstufung mit dem großen Engagement zypriotischer Banken in Griechenland. Weitere Herabstufungen seien möglich, hieß es.
Die drei größten Banken des EU-Mitglieds Zypern halten geschätzte 5 Milliarden Euro griechischer Staatsanleihen. Tritt der von der EU verhandelte Schuldendeal in Kraft, müssten die Banken 50 Prozent dieser Anlagen abschreiben. Die griechisch dominierte Republik Zypern hat aber lediglich rund 800.000 Einwohner. Es wird deshalb bezweifelt, dass der Staat in der Lage wäre, die Banken mit entsprechenden Hilfen zu unterstützen.
Moodys schätzt, dass die zypriotische Regierung mit Hilfen in Höhe von etwa 1 Milliarde Euro eingreifen muss. Andernfalls müsste die Insel dem Weg Griechenlands folgen und EU-Hilfen beantragen.
Die Verschuldung des zypriotischen Staatshaushalts liegt bei 65,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und ist damit noch niedriger als in der Bundesrepublik. Allerdings sind die Kreditfinanzierungskosten für Zypern wegen der negativen Einschätzungen der Rating-Agenturen in den letzten Monaten exorbitant auf bis zu 15 Prozent gestiegen. Moodys meldete denn auch Bedenken über die Fähigkeit der zypriotischen Regierung an, auf den internationalen Geldmärkten frische Kredite aufzunehmen.
Geld aus Russland
Um den steigenden Kreditkosten auszuweichen, will Zypern von Russland Geld leihen. Das Kabinett in Nikosia hat bereits Anfang Oktober einer entsprechenden Vereinbarung zugestimmt. Danach erhält die Inselrepublik bis zu 2,5 Milliarden Euro zu konkurrenzlos günstigem Zinssatz von 4,5 Prozent. Hintergrund sind die traditionell engen Beziehungen zwischen Zyperns exkommunistischem Präsidenten Demetris Christofias und den Machthabern in Moskau.
Ökonomen warnen jedoch, dass der Moskauer Kredit allenfalls kurzfristige Hilfe verspricht, und verlangen Strukturreformen. Die Regierung hat in diesem Jahr bereits zwei Sparpakete verabschiedet, die besonders für die im öffentlichen Dienst Beschäftigten deutliche Einbußen zur Folge haben. Weitere Kürzungen gelten als schwierig.
Die Insel leidet derzeit unter großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Seit der Explosion von unachtsam gelagertem Sprengstoff im Sommer ist das größte Elektrizitätswerk ausgefallen. Monatelange Stromsperren waren die Folge. Der Wiederaufbau des Werks könnte bis zu 1 Milliarde Euro teuer werden und überfordert damit tendenziell das kleine Land.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei