Reaktion auf US-Sanktionen: 300 Millionen Euro Bargeld für Iran
Die iranische Regierung plant offenbar, Hunderte Millionen Euro von Deutschland nach Teheran zu transferieren. In bar und per Flugzeug.
Die iranische Regierung plant offenbar, Hunderte Millionen Euro Bargeld von Deutschland nach Teheran zu transferieren. Das Bundesfinanzministerium (BMF) bestätigte der taz in Teilen einen entsprechenden Bericht der Bild. Die Zeitung hatte am Sonntagabend berichtet, dass Iran 300 Millionen Euro Guthaben bei der Europäisch-Iranischen Handelsbank in bar abheben und per Flugzeug in den Iran bringen will. Die USA zeigt sich besorgt.
Das BMF teilte mit, ein inländisches Kreditinstitut, das mit der Abwicklung von Zahlungsströmen für und in den Iran betraut ist, habe entsprechende Vorbereitungen für eine Transaktion von „mehreren Millionen Euro“ aufgenommen – unter Bezugnahme auf die Sanktionsregelungen der USA und damit auch die bevorstehende Devisenbeschränkung. „Nach meiner Information ist es in der Form das erste Mal“, sagte die Ministeriumssprecherin zu dem Transportplan.
US-Botschafter Richard Grenell forderte die Bundesregierung auf, einzugreifen und einen Bargeld-Transfer zu stoppen. „Wir sind sehr besorgt über die Berichte, dass das iranische Regime versucht, hunderte Millionen Euro in bar von einer deutschen Bank in den Iran zu bewegen“, sagte Grenell zu Bild (Dienstagausgabe). „Wir ermutigen die deutsche Regierung auf höchster Ebene, zu intervenieren und dieses Vorhaben zu stoppen.“
US-Präsident Trump hatte das Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt und Sanktionen verhängt, weil er wie Israels Regierung der Meinung ist, dass der Iran trotz des Abkommens von 2015 weiter nach einer Atombombe strebe. Teheran muss fürchten, künftig nur unter erschwerten Bedingungen an Auslandsguthaben zu kommen.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) prüfen laut BMF nun, ob die Transaktion den Anforderungen nach dem Kreditwesen- und Geldwäschegesetz gerecht werde. Die Bild hatte berichtet, dass amerikanische und israelische Geheimdienste fürchteten, dass das Bargeld zur Terrorfinanzierung verwendet werden könnte. Beide Staaten werfen Iran vor, Terrorismus im Nahen und Mittleren Osten zu fördern.
Nationaler Graumarkt
Eine andere Interpretation für die ungewöhnliche Transaktion bietet Michael Tockuss, Geschäftsführer der Deutsch-Iranischen Handelskammer (DIHKEV). Die iranische Zentralbank versuche seit einigen Monaten, gegen den nationalen Graumarkt vorzugehen, um internationale Bankenstandards zu erfüllen und die Inflation zu bekämpfen, sagte Tockuss der taz.
„Bisher konnte man etwa für Auslandsreisen noch in Wechselstuben ausländische Devisen wie den Euro beschaffen. Das ist nun schwieriger geworden.“ Deshalb benötige Teheran große Mengen Bargeld. „Wenn etwa iranische Geschäftsleute nach Europa reisen, müssen sie sämtliche Kosten bar begleichen, weil sie wegen der US-Sanktionen keinen Zugang zu Kreditkarten haben“, sagte Tockuss. (mit dpa)
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