Reaktion auf Gewalt in Syrien: Botschaften weltweit angegriffen

Die Empörung über die Gewalt in Syrien entlädt sich: Von Canberra bis London verwüsteten Demonstranten die Vertretungen des Landes. Die UN kämpft mit Chinas und Russlands Blockadehaltung.

Sturm auf die syrische Botschaft in London. Bild: dpa

LONDON/NEW YORK dapd/afp | Nach Berichten über ein mögliches Massaker syrischer Sicherheitskräfte in der Stadt Homs sind sieben syrische Botschaften weltweit von Demonstranten attackiert worden. In Canberra verwüsteten etwa 50 Personen die syrische Vertretung in Australien, wie der syrische Geschäftsträger Dschaudat Ali mitteilte. Sie hätten die Eingangstür eingeschlagen, Möbel zertrümmert und Computer gestohlen. Zwei anwesende Botschaftsmitarbeiter seien weder bedroht noch verletzt worden.

Ali machte Medienberichte über den Konflikt in Syrien für diese "barbarische Aktion" verantwortlich. Zuvor stürmten Demonstranten sechs syrische Botschaften in Europa und arabischen Ländern. Betroffen waren die Vertretungen in Berlin, London, Athen, Kairo, Kuwait und Tripolis. In London setzte die Polizei Schlagstöcke ein, um am Nachmittag den zweiten Angriff seit dem frühen Samstagmorgen zurückzuschlagen. Zwölf Menschen wurden festgenommen. In Athen gab es 13 Festnahmen. In Berlin gelangten 20 Personen auf das Gelände der syrischen Botschaft und beschädigten Büros.

In Kairo, Kuwait und Tripolis hissten Demonstranten die Fahne der syrischen Opposition über den Botschaften. In Kairo setzten Demonstranten am Freitagabend Teile des Botschaftsgebäudes in Brand. Rund 300 Exilsyrer und libysche Unterstützer besetzten die syrische Botschaft in Tripolis.

Die Aktionen folgten Berichten über eine Offensive syrischer Regierungstruppen in Homs, bei der es mehr als 200 Tote gegeben haben soll. Nur Stunden nach der Bombardierung Homs mit Hunderten Toten haben Russland und China eine Verurteilung der Gewalt in Syrien durch die UN erneut blockiert. Die beiden Veto-Mächte verhinderten am Samstag eine entsprechende UN-Resolution. Das Blutvergießen in Syrien hielt unvermindert an - Menschenrechtlern zufolge schossen Sicherheitskräfte auf Trauerzüge bei den Beisetzungen der Toten.

China und Russland "beschämend" für UN

Für den Resolutionsentwurf stimmten alle 13 weiteren Mitglieder des UN-Sicherheitsrats. Er sah eine Verurteilung der Menschenrechtsverletzungen durch die Führung in Damaskus vor. Bei den Protesten in Syrien wurden seit März 2011 mindestens 5.000 Menschen getötet. Bereits im Oktober hatten Russland und China ihr Veto gegen eine UN-Resolution eingelegt.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kritisierte die Blockade Russlands und Chinas. Damit werde die Rolle der Vereinten Nationen und der internationalen Gemeinschaft untergraben. Die UN-Botschafterin der USA, Susan Rice, verurteilte das Veto als "beschämend".

US-Präsident Barack Obama verlangte den sofortigen Rücktritt des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. US-Außenministerin Hillary Clinton warnte vor einem Bürgerkrieg, die Ereignisse in Homs seien ein "wahrer Albtraum".

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte der Bild am Sonntag, das Veto sei ein "großer Fehler" gewesen. Dennoch halte er die Zeit Assads für abgelaufen. Der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig erklärte, mit ihrem Veto müssten sich Russland und China jetzt "vor der Weltöffentlichkeit, aber insbesondere auch in der arabischen Welt verantworten".

"Syrische Tragödie"

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy forderte ein Ende der "syrischen Tragödie". Das Veto ermutige die syrische Führung, die Protestbewegung weiterhin niederzuschlagen. Der französische Außenminister Alain Juppé erklärte, China und Russland trügen eine "schreckliche Verantwortung". Die Arabische Liga erneuerte ihre Forderung nach einem Ende der Niederschlagung der Proteste in Syrien.

Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin verteidigte das Veto. Der Resolutionsentwurf sende "ein unausgewogenes Signal" an die Konfliktparteien. Sein chinesischer Kollege Li Baodong sagte, solange die einzelnen Seiten noch uneins seien, trage ein Votum weder zur Geschlossenheit und Autorität des Sicherheitsrats noch zur Lösung des Konflikts bei. Russlands Außenminister Sergej Lawrow will am Dienstag nach Damaskus reisen, um mit Assad über einen "politischen Ausweg" aus dem Konflikt zu beraten.

In der Nacht zum Samstag waren laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte bei Bombenangriffen auf die Protest-Hochburg Homs 237 Zivilisten getötet worden, darunter rund hundert Frauen und Kinder. Der Syrische Nationalrat sprach von 260 Toten. Damaskus machte "bewaffnete Banden" verantwortlich.

Der Angriff auf Homs war den Berichten zufolge der blutigste Tag seit Beginn der Proteste im März. Er ereignete sich zudem am 30. Jahrestag eines Massakers von Assads Vater Hafis in Hama, bei dem zehntausende Menschen getötet wurden. Am Samstag wurden der Beobachtungsstelle zufolge weitere 48 Menschen getötet. Zwölf Zivilisten seien getötet worden, als Sicherheitskräfte auf Teilnehmer einer Beerdigung in Daraja schossen, die die Opfer vom Vortag zu Grabe trugen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.