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Reaktion auf EU-KartellverfahrenMicrosoft will offener werden

Der US-Softwareriese will Quellcodes und bislang geschützte Verfahren nun für Konkurrenten zugänglich machen. Damit reagiert er auf ein EU-Kartellverfahren. Die Konkurrenz bleibt skeptisch.

Quellcodes von Microsoft zu bekommen, soll künftig weniger aufwändig und teuer werden. Bild: rtr

Es war eine hochkarätig besetzte Veranstaltung: Auf einer am Donnerstag eilig einberufenen Pressekonferenz im US-Hauptquartier gab Microsoft-Boss Steve Ballmer zusammen mit anderen Top-Managern bekannt, dass der Softwareriese sich künftig Konkurrenten und Partnerfirmen deutlich stärker öffnen möchte, als dies bislang der Fall war. Dazu gehört die Veröffentlichung von 30.000 Seiten vormals geheimer technischer Dokumente ebenso wie die Offenlegung von Schnittstellen, mit denen externe Programmierer künftig besser an Windows und Office "andocken" können. Durch diesen Strategiewechsel soll es möglich werden, dass sich Daten zwischen Anwendungen besser austauschen lassen - im Internet-Zeitalter bei Google und Co. längst Standard, bei Microsoft bislang oftmals nur gegen hohe Gebühren zu haben. "Wir kündigen heute eine deutliche Erweiterung unserer Transparenz an", sagte Ballmer. Das sei "ein sehr wichtiger Schritt".

Branchenbeobachter sehen in dem Schritt auch eine Methode, auf ein EU-Kartellverfahren zu reagieren, bei dem Microsoft wegen Monopolbestrebungen und mangelnder Offenheit gegenüber kleineren Konkurrenten zu dreistelligen Millionen-Zahlungen verurteilt wurde. In Brüssel beobachtete man den Schritt dementsprechend mit viel Aufmerksamkeit. Um die Strafe wird Microsoft jedoch kaum herumkommen, war zu hören - jedoch sagte der Chefjustiziar des Konzerns, Brad Smith, man sehe in der neuen "Interoperabilitäts-Initiative" immerhin eine Chance, einen "Schlussstrich" unter das EU-Kartellverfahren zu ziehen, dessen Forderungen man nachkommen wolle. Ob das gelingt, ist jedoch offen: Derzeit laufen neuerliche Untersuchungen wegen möglicher Wettbewerbsverstöße. "Wir sind gespannt, was Brüssel jetzt sagt", gab sich Smith jedoch optimistisch.

Neben der Offenlegung von Dokumenten und Schnittstellen will sich Microsoft mit seiner neuen Strategie auch verpflichten, stärker aktuelle Industriestandards zu unterstützen - eine Veränderung, die insbesondere im Internet-Bereich von Konkurrenten seit Jahren massiv gefordert wird. So verbringen Online-Entwickler aufgrund der mangelhaften Unterstützung aktueller Web-Standards in Microsofts Internet Explorer viel Zeit damit, ihre Anwendungen anzupassen, damit sie auch in diesem Programm adäquat dargestellt werden. Auch beim Austausch von Server-Daten setzte Microsoft bislang auf Technologien, die von außen nicht einsehbar waren. Auch hier hatte die EU eine stärkere Offenlegung der Technik gefordert.

Die Programme, die laut Ballmer von der Strategieänderung betroffen sein sollen, stammen aus vielen Bereichen: die Betriebssysteme Windows Vista und Windows Server 2008 inklusive ".Net"-Programmierumgebung, die Datenbank SQL Server 2008, das Büropaket Office 2007, die Kommunikationslösung Exchange Server 2007 sowie die Firmensoftware Office SharePoint Server 2007. Diese Produkte würden auch in späteren Versionen künftig offengehalten, kündigte der Microsoft-Chef an. Die dafür zu zahlenden Lizenzkosten sollen laut Ballmer "niedrig" sein. Man wolle sie "angemessen und diskriminierungsfrei" vergeben. Entwickler kostenloser Open-Source-Programme sollen demnach auch nicht verklagt werden können und dürften die Dokumentation samt verfügbarer Quellcodes sogar kostenlos nutzen.

Die Reaktionen auf den Vorstoß fielen zunächst verhalten aus. Bei der Linux Foundation, die das gleichnamige freie Betriebssystem voranbringen soll, sprach man gegenüber dem IT-Nachrichtendienst "CNET" von einem "ersten Schritt", der jedoch zum Teil noch nicht ganz ideal für die Open-Source-Entwickler sei. Linux-Vertreiber Red Hat ließ über seinen Justiziar mitteilen, man sehe die Ankündigung zunächst noch "mit einer gesunden Dosis Skepsis" - denn sie sorge noch nicht dafür, dass die Übermacht Microsofts im IT-Markt beendet werde. "Die Firma geht in diesem Bereich sehr vorsichtig vor." Auch Jeremy Allison, Gründer des bekannten Open-Source-Projektes Samba, blieb gegenüber "CNET" vorsichtig: "Der Teufel steckt im Detail. Wenn Microsoft wirklich so vorgeht, wäre die Welt ein besserer Ort." Immerhin erhalte bald jeder die gleichen Informationen über die Technologien des Konzerns.

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