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Razzia in Hamburger HafenstraßeCops mit Maschinenpistole

Wegen eines vagen Verdachts auf Drogenhandel: Die Polizei stürmt ein Wohnprojekt in der Hamburger Hafenstraße. Und findet nichts.

Gekommen um, nun ja, herumzustehen? Ach nee: um ein Stromkabel zu konfiszieren Foto: privat

Hamburg taz | Es war ein Szenario wie vor 30 Jahren zu Hochzeiten des Häuserkampfes – und sogar noch krasser: Eine Armada an Einsatzfahrzeugen der Hamburger Polizei fährt am Montagabend um 19 Uhr bei den ehemals besetzten Häusern an der St. Pauli Hafenstraße vor, riegelt das Areal am Hafenrand hermetisch ab und gibt den Auftakt zu einem Brutalo-Einsatz.

Denn fast zur gleichen Zeit stürmen am oberen Hafenrand in der Bernhard-Nocht-Straße mehrere Dutzend vermummte, mit Maschinenpistolen bewaffnete Spezialkräfte einer Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) das Wohnprojekt „Plan B“. Sie brechen dessen Tür auf, obwohl eine Bewohnerin anbietet bei Vorlage eines Durchsuchungsbeschlusses die Tür aufzuschließen. Mit vorgehaltenen Schusswaffen werden die in den unteren Wohnungen anwesenden Bewohner aufgefordert, ihre Hände hoch zu nehmen.

Parallel dazu reißen Polizisten im Hinterhof der „Hafenvokü“ zwischen Hafenstraße und „Plan B“ das unverschlossene Tor zum Hof nieder. Bei dem massiven Polizeieinsatz werden 34 dunkelhäutige Afrikaner festgenommen und in Handschellen abgeführt.

Die Federführung dieses martialischen Spektakels liegt in der Hand des Einsatzführers der im April eingerichteten „Task Force Drogen“. Der Anlass ist ein vor zwei Monaten erwirkter Durchsuchungsbeschluss des Ermittlungsrichters am Amtsgericht.

Hat die Polizei wirklich nach Drogen gesucht?

Dieser lautete vage auf „Beihilfe zum unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln“ gegen einen „noch nicht identifizierten Wohnungsinhaber“ in der Bernhard-Nocht-Straße. „Unbestimmter geht’s nicht mehr“, kommentiert die zur Hausdurchsuchung herbeigeeilte Rechtsanwältin Fenna Bußmann den obskuren Durchsuchungsbeschluss.

Razzia Hafenstraße Juli 2016

Der Razzia in den ehemals besetzten Häusern in der Hamburger St. Pauli Hafenstraße lag ein sehr vager Verdacht zugrunde, dort könnte dealenden Flüchtlingen geholfen werden.

Bei dem Bagatell-Einsatz lief die Polizei mit 260 BeamtInnen der Spezialkräfte mit Maschinenpistolen im Anschlag und der Bereitschaftspolizei auf.

Im Hinterhof der „Hafenvokü“ wurden laut Polizei 37 Flüchtlinge kontrolliert, von denen 34 vorübergehend festgenommen wurden. Alle befinden sich wieder auf freiem Fuß.

Beschlagnahmt wurden 50 Tütchen Marihuana mit insgesamt 91 Gramm, neun Kügelchen Kokain und zwölf Handys.

„Die Fahnder hatten Erkenntnisse darüber, dass mutmaßliche Händler von Betäubungsmitteln sich Kontrollen entziehen und dafür eine Wohnung in der Bernhard-Nocht-Straße sowie einen angrenzenden Hinterhof als Rückzugsort nutzen“, begründet Polizeisprecher Holger Vehren die Aktion.

Bei der eigentlichen Plan-B-Razzia wird nichts gefunden, lediglich ein Stromkabel beschlagnahmt. Dass die eingesetzten Polizisten bei der Durchsuchung relativ behutsam vorgehen – im Gegensatz zu dem Auftaktspektakel – ist aus Sicht der Bewohner ein Zeichen dafür, dass die Aktion eigentlich andere Ziele verfolgt habe. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die ernsthaft nach Betäubungsmitteln gesucht haben“, sagt die Anwältin Bußmann.

So sehen es auch die BewohnerInnen von Plan B: „Angesichts des vagen Vorwurfes und der Tatsache, dass nichts Relevantes gefunden wurde, wird klar, dass diese Durchsuchung einzig und allein der Einschüchterung der Bewohner_innen des Hausprojektes diente“, heißt in einer Erklärung. Der Polizeieinsatz stelle den bisherigen Höhepunkt einer Militarisierung des Stadtteils dar. Noch am Abend demonstrierten 400 Menschen in St Pauli gegen die Razzia.

Stellungnahme von Innensenator Grote gefordert

„Das war eine „drastische unverhältnismäßige ethnische Säuberungsaktion“, kommentiert ein Sprecher der Anwohner-Initiative Balduintreppe die Razzia. Am Drogenhandel werde sie nichts ändern. „Nur weil wir zu den Verkäufern ein nachbarschaftliches Verhältnis pflegen und sie als Menschen behandeln, eine geschäftliche Beziehung zu konstruieren, ist ein Skandal“, findet der Sprecher.

So sieht es auch die innenpolitische Sprecherin der Linken in der Bürgerschaft, Christiane Schneider. Sie verlangte vom neuen Innensenator Andy Grote (SPD) eine Stellungnahme zum „bürgerkriegsähnlichen Polizeieinsatz“, wofür Grote keinen Anlass sieht, wie sein Sprecher Frank Reschreiter der taz sagte.

„Der Innensenator muss sich fragen lassen, ob er der linken Szene mit dieser Demonstration der Stärke und Eskalationsbereitschaft zeigen will, wo im Vorfeld des G20-Gipfels der Hammer hängt“, findet Schneider. Sie erwägt, trotz der Sommerpause eine Sondersitzung des Innenausschusses der Bürgerschaft zu beantragen.

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3 Kommentare

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  • Die Hamburger Polizei nimmt sich also die gegenwärtigen Ereignisse in der Türkei zum Vorbild und macht einen auf Erdogan.

     

    Und dann wundert man sich wieder, wenn es im Kiez Randale gibt. Wie ist das nur möglich, wird der Boulevard fragen und hysterisch eine noch härtere Gangart gegen die linken Chaoten fordern.

     

    Leider werden diese wahren Brandstifter - vom Boulevardschmierblatt bis zur Polizeiführung - nie zur Verantwortung gezogen.

    • @Rudeboy:

      die brandstifter sitzen hinter hohen mauern - mit klingelschildern ohne namen...

  • Da wollte sich doch mal wieder einer profilieren. Nur Afrikaner zu verhaften, sieht schon sehr schlecht aus. Unprofessioneller Einsatz.

     

    Was mich immer wieder wundert, ist daß offenbar jeder bei der Polizei diesen Scheiß mitmacht. Jeder Polizist, der ein Hirn hat, könnte wissen, daß sowas unnötig ist (oder sogar unrechtmäßig wie in Berlin). Offenbar herrscht da eine Befehlsempfängermentalität in der Polizei, sonst würde doch mal einer intern widersprechen? Die müssen doch wissen, daß ihr Durchsuchungsbefehl nicht das Gelbe vom Ei ist? Warum weigert sich der gemeine Beamte nicht einfach mal, solchen Scheiß mitzumachen, warum sagt die Polizeigewerkschaft nichts dazu?

     

    Wenigstens ging es ansonsten glimpflich ab.