■ Kommentar: Rauchzeichen vom Klima
Alles in Butter, könnte man meinen, wenn man die Nachrichten aus Kioto hört: Berlins Umweltsenator Strieder (SPD) fuhr nach Japan, um sich kräftig auf die Schulter klopfen zu lassen. Schließlich hat die deutsche Hauptstadt durch die Reduzierung des CO2-Ausstoßes einen nennenswerten Beitrag zur Entlastung des Klimas geleistet. Und in der Tat können sich die Ansätze und einige Ergebnisse der Berliner Energiesparpolitik durchaus sehen lassen.
Doch je dunkler der Hintergrund ist, desto heller strahlt auch der nur schwach beleuchtete Vordergrund. Berlins Vorsprung ergibt sich nicht so sehr aus der tollen Klimapolitik der Stadt, sondern erst einmal aus der Tatsache, daß in der größten deutschen Stadt logischerweise das größte Reduzierungspotential liegt. Vor allem aber liegt Berlin vorn, weil bei anderen Ländern und Städten noch größeres Desinteresse am Thema Klima herrscht. Genaugenommen ist es hier nicht viel anders – mit der Ausnahme einer kleinen, eifrigen Gemeinde von Klimaschützern in Verwaltung und Umweltgruppen. Doch ansonsten ist die Klimakatastrophe im Vergleich zu Medienrennern wie Finanzloch, Arbeitslosigkeit und Pandabär kein Thema in der Stadt. Im Gegenteil: Munter plant die Verwaltung die Autostadt mit Pendlerströmen aus dem Umland, Bewag und Gasag werden an die uneinsichtigen Klimasünder bei den Stromkonzernen verkauft, und beim Wort Ökosteuer bekommt noch jeder Wirtschaftssenator hektische Flecken. Von einer Vorreiterrolle ist Berlin weit entfernt, allzuweit hinkt die Hauptstadt den einst übernommenen Verpflichtungen hinterher. Auch die lobende Erwähnungen der Berliner Anstrengungen in Kioto ändert nichts daran, daß hierzulande Umwelt- und vor allem Klimaschutz eben doch als Luxus gilt. Und zwar nur für die Zeiten, in denen der Schornstein raucht. Bernhard Pötter
Bericht Seite 23
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