"Rassistisches" Gesetz: Lieber gleich Hartz IV
Die Grünen wollen das Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen - am Ende könnte sich das auch finanziell für Bremen lohnen. Nicht mal die CDU ist völlig dagegen
Die Grünen-Fraktion will das – verfassungswidrige – Asylbewerberleistungsgesetz ganz abschaffen und verlangt jetzt vom rot-grünen Senat eine entsprechende Bundesratsinitiative. Ob die SPD-Fraktion auch dafür ist, hat sie zwar noch nicht entschieden. Es gebe aber „keinen inhaltlichen Dissens zu den Grünen, sagt der Fraktionssprecher. Bei der Linksfraktion stößt die Initiative auf offene Ohren, und die CDU ist auch nicht völlig dagegen.
Hintergrund der Debatte ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die seit 1993 geltende Regelung als „verfassungswidrig“ verwarf. Bis eine neue verabschiedet ist, wird das Sozialgesetzbuch auch für AsylbewerberInnen angewandt. Das soll nach dem Willen der Grünen so bleiben.
Das Asylbewerberleistungsgesetz sei „rassistisch“, sagt die Fraktionschefin der Linken, Kristina Vogt, es sei „unsinnig“, sagt Grünen-Politiker Zahra Mohammadzadeh. Sie erhofft sich Unterstützung aus Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz für ihre Initiative. Ihr gehe es nicht allein um höhere Grundleistungen für jene Flüchtlinge, die bisher mindestens ein Fünftel weniger als Deutsche in vergleichbarer Lage bekamen, sagt Mohammadzadeh. Laut Amnesty International standen einem alleinstehenden Asylbewerber bisher monatlich 225 Euro zu, einem Kind unter sieben nur 135 Euro. Auch andere Benachteiligungen müssten abgeschafft werden, fordert die Grünen-Politikerin. So müssen Flüchtlinge beispielsweise für die Dauer des Asylverfahrens bisher in Unterkünften leben und bekommen auch nur eine eingeschränkte Gesundheitsversorgung. Zahnerkrankungen werden zunächst nur in akuten Fällen auf Staatskosten behandelt, gleiches gilt für Zahnersatz. AsylbewerberInnen dürften nicht anders behandelt werden als Deutsche, sagt Mohammadzadeh. Die Linken fordern zudem das Ende aller Diskriminierungen bei der Erwerbstätigkeit.
Im Juli entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das Asylbewerberleistungsgesetz in bisheriger Form verfassungswidrig ist.
Dessen Regelungen zu Geldleistungen seien mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum "unvereinbar". Die Höhe dieser Zahlungen sei "evident unzureichend", weil sie seit 1993 nicht verändert worden und auch gar nicht nachvollziehbar berechnet worden ist.
Der Gesetzgeber ist nach dem Urteil verpflichtet, "unverzüglich" eine Neuregelung zu treffen. Bis es so weit ist, sichern Übergangsregelungen den Betroffenen mehr Geld zu.
Bei der CDU hingegen will man nicht gleich „das Kind mit dem Bade“ ausschütten, wie Sigrid Grönert sagt. Es sei aber eine „breite Diskussion“ und eine „grundlegende Überprüfung“ des bisherigen Gesetzes nötig, an deren Ende auch eine Abschaffung desselben stehen könne, so Grönert. Man müsse dann aber auch sehen, was auf Landesebene noch getan werden könne, etwa zur Beschleunigung der Verfahren am Verwaltungsgericht. Andere Unionspolitiker sind rigider: „Jede Vergünstigung für Asylbewerber schafft einen neuen Anreiz, möglichst in Deutschland Asyl zu begehren“, sagt der innenpolitische Sprecher der Union im Bundestag, Hans-Peter Uhl (CSU).
Für Bremen könnte sich die Abschaffung des Gesetzes lohnen: Wenn für Asylbewerber dauerhaft das Sozialgesetzbuch gilt, muss sich der Bund entsprechend an den Kosten beteiligen.
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