Rassistische Drohbriefe an Aygül Özkan: "Neue Waffen" gegen CDU-Politikerin
In einer rassistischen E-Mail haben Unbekannte die niedersächsische Ministerin Aygül Özkan bedroht. Nun ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft.
HAMBURG taz | Unter der E-Mail an Niedersachsens Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) fand sich kein Name einer Partei oder Kameradschaft. Der Dateianhang aber darf umso mehr als Bekenntnis verstanden werden: ein Video mit dem "Abschiebär" der Gruppierung "Besseres Hannover" (BH).
In der Mail selbst kündigen die unbekannten Absender an, "für die Durchsetzung unserer politischen Ziele" würden sie "eine neue Waffe einsetzen": "Wir haben die Schnauze voll und können auch anders!" Wie der NDR meldete, bekamen noch weitere in Hannover ansässige Politiker die Nachricht bekommen, darunter die SPD-Fraktionschefin im Stadtrat, Christine Kastning, sowie zwei Mitglieder der Linkspartei.
"Wir nehmen das sehr ernst", sagt Özkans Sprecher Thomas Spieker. Man habe unverzüglich die Polizei eingeschaltet. Gerade auch, weil die bedrohliche Mail nicht an eine Büroadresse gegangen war, sondern die Politikerin unter einem privaten E-Mail-Konto erreichte.
Der Text der Mail ist identisch mit der "Bekanntmachung" zu dem BH-Video, das seit vergangener Woche Gegenstand von Ermittlungen des Staatsschutzes ist. Die Aktion offenbart einmal mehr, dass die rechtsextreme Szene selbstbewusst die Auseinandersetzung sucht. Die rund 30-köpfige Gruppe "Besseres Hannover" um den ehemaligen hannöverschen NPD-Chef Marc-Oliver M. führte schon verschiedenste Aktionen durch. Mit Fackeln und Masken liefen BH-Leute etwa unangemeldet im Stadtteil Kleefeld auf.
Aktionismus und Gewaltaffinität von BH ist aus Sicht der Grünen- und Linksfraktion im Landtag symptomatisch für die niedersächsische Szene insgesamt. Seit Monate greifen Rechtsextreme in der Region Schaumburg andersdenkende Jugendliche an. Und gerade erst kam es zu zwei Brandanschlägen in der Region Celle. Der Grünen-Abgeordnete Helge Limburg erkennt eine "Bedrohung, denen Menschen, die sich gegen Nazis engagieren, ausgesetzt sind".
Laut einer Anfrage der Linken sind bei niedersächsischen Rechtsextremen 120 Waffen sichergestellt worden. Die Landesregierung, folgert die Abgeordnete Pia Zimmermann, "hat das offensichtliche Nazi-Problem jahrelang verharmlost".
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