: Rassist muss gegen
Hollands neue Partei Leefbaar Nederland feuert ihren Spitzenkandidaten wegen rassistischer Äußerungen
BERLIN taz ■ Es sah so gut aus für Leefbaar Nederland (Lebenswerte Niederlande). Hollands jüngster Partei wurden drei Monate vor den Wahlen vom 15. Mai über zehn Prozent der Stimmen und gar eine Regierungsbeteiligung zugetraut. Dann erschien am Samstag das Interview mit ihrem Spitzenkandidaten in De Volkskrant. Darin erklärte der Rechtspopulist Pim Fortuyn, „16 Millionen Niederländer sind genug, das Land ist voll“, und der Islam sei eine „rückständige Kultur“. Wenn er bald Regierungsverantwortung trage, würden Schengen und die UN-Flüchtlingskonvention aufgekündigt sowie ein Einreiseverbot für Anhänger des Islam verhängt. Auch setzte sich „der Professor“ im Interview für die Abschaffung des Verfassungsartikels ein, der Diskriminierung verbietet.
Das ging nicht nur Vertretern der bürgerlichen Parteien zu weit, die Fortuyn das Schüren von Ausländerhass vorwarfen, sondern auch den meisten Mitgliedern der eigenen Partei. Nachdem Henk Westbroek, Mitbegründer von Leefbaar Nederland (LN) – einer Partei, die Protestwählern jedweder Couleur als neue politische Heimat gilt –, schon am Samstag gefordert hatte, Fortuyn aus der Partei auszuschließen, teilte LN-Chef Jan Nagel gestern mit, der Spitzenkandidat sei nach einem „klärenden Gespräch“ abgesetzt.
Als Fortuyn im November vergangenen Jahres zum Spitzenkandidaten aufrückte, musste er dem Parteivorstand versprechen, sich mit seinen offen rechtsextremen Positionen zurück zu halten, da sich LN den Wählern weniger rechts präsentieren wolle. Das fiel dem Kandidaten offenbar schwer, der im Falle einer Regierungsbeteiligung die Grenzen für Asylbewerber, vor allem aus islamischen Ländern, schließen wollte. „80 Prozent der Asylbewerber sind doch Wirtschaftsflüchtlinge“, so Fortuyn. „Was bedeutet das Wort Flüchtling denn überhaupt noch. Wenn du wirklich Flüchtling bist, bleibst du in der Region, gibst dich mit einem Zelt und einer Schale Reis von Lubbers [dem holländischen UNHCR-Chef; d. Red.] zufrieden. Da steigst du nicht in ein Flugzeug nach Holland.“ Wenn es nach ihm ginge, so Fortuyn, „kommt kein Muslim mehr ins Land“. HENK RAIJER
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