Rapid Wien und die Nazi-Zeit: "Alles Gute, Adi!"
Der österreichische Traditionsklub hat seine NS-Vergangenheit von Historikern aufarbeiten lassen. Das Ergebnis: Spieler machten sich selten schuldig, Funktionäre schon.
WIEN taz | Rapid war einst berüchtigt für seine rechtsradikalen Fans. Vor 20 Jahren stand der verurteilte Neonazi Gottfried Küssel regelmäßig auf der Tribüne. Inzwischen hat der Verein seine Fankurve unter Kontrolle gekriegt. Die Selbstkontrolle der Fans scheint zu greifen.
Einer, der letztes Jahr am 20. April ein Täfelchen "Alles Gute, Adi!" in die Kameras hielt, wurde schnell von Umsitzenden gebremst. Während Rapid aktuell also sein Image weitgehend gesäubert hat, liegen auf der Vergangenheit Schatten.
Deswegen beauftragte Vereinspräsident Rudolf Edlinger 2009 zwei Historiker, die Rolle des Vereins in der Nazizeit aufzuarbeiten. Immerhin rühmt sich ja Rapid, im Jahre 1941 gesamtdeutscher Meister gewesen zu sein. Auf einem Foto sieht man die Spieler vorm Finale gegen Schalke 04 in Berlin mit dem gestreckten Arm grüßen.
Nur Verteidiger Fritz Durlach hatte sich schuldig gemacht
Die Historiker kamen zu dem Ergebnis, dass den Spielern nichts vorzuwerfen war. Vielmehr wurden einige ins Exil getrieben oder ermordet. Nur Verteidiger Fritz Durlach, der 1948 wegen Kriegsverbrechen zu einem Jahr schweren Kerkers verurteilt wurde, hatte sich schuldig gemacht. Kein Spieler war NSDAP-Mitglied, während so mancher Kicker gegnerischer Teams mit seiner Parteizugehörigkeit protzte – selbst im als jüdisch geltenden Verein Austria Wien.
Allerdings bemühte sich der Verein um Linientreue. Als es galt, eine NS-Metallspende als "Geburtstagsgabe für den Führer" zu überreichen, fand sich Rapid an vorderster Front. Denn in den Funktionärsetagen reagierte man schnell auf den neuen Wind. "Rapid zeigte sich auch mit der Wahl des NSDAP-Mitglieds Josef Kalenberg zum neuen ,Vereinsführer' an die neuen politischen Verhältnisse angepasst", heißt es im Buch.
Funktionäre und Vorstände in die NSDAP
"Auch wenn über die Motive der Parteieintritte wenig bekannt ist", so die Autoren, "ist weiter auffällig, dass sich der überwiegende Teil der Parteianwärter schon sehr früh nach dem ,Anschluss' um eine Mitgliedschaft in der NSDAP bewarb." Das traf auf Funktionäre und Vorstände zu. Noch 1946, vor Beginn der Entnazifizierung, waren drei Viertel des Vorstandes belastet. Erst dann warf man die Nazis raus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken