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Randale in NordirlandSchüsse und Molotow-Cocktails

Die Krawalle in Nordirland halten schon die dritte Nacht in Folge an. In Belfast wurden Polizisten mit scharfer Munition beschossen, Demonstranten warfen Molotow-Cocktails.

"Freizeit-Randale mit bösem Unterton", beschreibt der Polizeichef die Lage. Bild: dpa

BELFAST afp/apn | Bei den traditionellen Protestanten-Märschen in Nordirland ist es am dritten Tag in Folge zu Ausschreitungen gekommen. In dem katholischen Belfaster Stadtteil Ardoyne wurden Polizisten mit scharfer Munition beschossen, wie die Behörden am Mittwoch mitteilten. Ein Einzeltäter habe vier bis sechs Schüsse abgefeuert. Laut Augenzeugen richteten sich die Schüsse gegen eine Videokamera der Polizei, mit der die Beamten die randalierende Menge filmte, aus der dutzende Molotow-Cocktails und mindestens eine selbst gebastelte Handgranate geworfen wurden.

Es seien auch Barrikaden errichtet und in Brand gesetzt worden. Die Polizei habe die Demonstranten mit Wasserwerfern abgedrängt. Verletzte habe es dieses Mal nicht gegeben; bei den seit Sonntag andauernden Ausschreitungen wurden dutzende Polizisten und Demonstranten verletzt.

Die Protestanten erinnern mit ihren Märschen an den Jahrestag eines historischen Sieges über die Katholiken. In der Schlacht am Fluss Boyne hatte Wilhelm III. von Oranien im Juli 1690 den zum Katholizismus übergetretenen Jakob II. besiegt. Bis Ende der 90er Jahre hatten sich für eine Zugehörigkeit zur Republik Irland kämpfende Katholiken und pro-britische Protestanten in Nordirland drei Jahrzehnte lang bekriegt. Mehr als 3.500 Menschen starben, bis sich beide Seiten im Karfreitagsabkommen 1998 auf eine gemeinsame Verwaltung Nordirlands einigten.

Für die Ausschreitungen werden abtrünnige Mitglieder der früheren Untergrundorganisation IRA verantwortlich gemacht. Am Jahrestag der Schlacht, dem 12. Juli, kam es in der Vergangenheit regelmäßig zu Ausschreitungen.

In der Nacht zum Dienstag wurde in Belfast eine Polizistin von einem Zementblock am Kopf getroffen. Dort kam es zu Ausschreitungen, als Polizisten eine Sitzblockade auflösen wollten. Die anti-britischen Radikalen - unter ihnen viele Jugendliche - wollten einen Gedenkmarsch der Protestanten verhindern. Die Polizei versuchte, die beiden verfeindeten Gruppen auseinanderzuhalten.

Der nordirische Polizeichef Matt Baggott wies am Dienstag darauf hin, dass unter den gewalttätigen Republikanern diesmal vor allem Jugendliche, aber auch Kinder von gerade mal acht Jahren gewesen seien. Die Kämpfe seien ein gefährlicher Cocktail aus "Freizeit- Randale mit einem bösen Unterton" gewesen.

Baggott forderte eine neue, breit angelegte gesellschaftliche Debatte um die Märsche. Außerdem kündigte er eine intensive Untersuchung der Vorfälle an. Genaue Zahlen gebe es zwar noch nicht, die Kosten für den Einsatz gingen aber in die Millionen.

Die Liste der Schäden ist lang: In der Grafschaft Londonderry zündeten Jugendliche ein Polizeiauto an. Über das ganze Land verteilt musste die Polizei immer wieder zu Einsätzen ausrücken. Demonstranten warfen Steine, Flaschen und Benzinbomben. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Schlagstöcke ein. Bereits am Sonntag waren bei Ausschreitungen in Belfast drei britische Polizisten durch Schrotkugeln verletzt worden.

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8 Kommentare

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  • B
    bratbär

    bei einigen kommentaren hier wage ich ernsthaft zu bzweifeln, das sich die schreiber jemals tiefer mit dem "nordirland-konflikt" befasst haben ...

  • Q
    Querulant

    Von organisiertem Widerstand und langfristiger Strategie und Taktik keine Spur...so wird das nie was, liebe IRA...

  • M
    Makeze

    Hier handelt es sich nicht um die alten Feindschaften, sondern sind eher vergleichbar mit 1.Mai in Berlin oder Schanzenfest in Hamburg. Hier wird aufgestauter Wut, über ein breit gefächertes Spektrum von Problemen, freien Lauf gelassen. Und wie fast überall auf der Welt wird der Frust größer und die Gewalt eskaliert.

  • E
    egal

    Hier in diesem Text geht es um verletzte Polizisten und ! Demonstranten. Diese Berichterstattung vermisse ich dann, wenn es um deutsche Demonstrationen geht. Vielleicht sollte nicht immer der Polizeibericht abgeschrieben werden, sondern mal vielschichtiger recherchiert werden.

  • G
    Glaswegian

    Liebe Taz,

     

    wie wäre es denn mal mit ner Reportage über "sectarianism", also der Diskriminierung aufgrund von Religion und ethnischer Herkunft. Ist hier in Glasgow (Celtic vs. Rangers) ne ganz große Geschichte und eben auch in Nordirland, da es vorrangig die zwei Lager katholisch/irisch und protestantisch/britisch/englisch gibt. Vielleicht würde ein bisschen Geschichtskunde + aktuelle Forschung noch etwas mehr Licht ins Dunkel bringen und wäre sehr interessant, um diese Ereignisse besser zu verstehen und nicht nur die Deutung der Polizei zuzulassen (Randale aus Spaß???). Das ganze noch in einen kapitalismuskritischen Hintergrund eingebettet wäre mal richtiger TAZ-Journalismus. Wäre toll, wenn das klappt. Danke

  • S
    Sturm

    @pro irland:

     

    Nonsense. Die gewaelttaetigen Gruppen auf beiden Seiten sind einfach kriminelle Gangs, die bestimmte Stadtviertel terrorisieren.

     

    Die Oraniermaersche sollten verboten werden oder zumindest nicht durch katholische Gebiete gehen. Ich wohne in Schottland und kenne diese Maersche von hier - sie schon eine ziemliche Provokation, und ziehen auch in Glasgow ein sehr unangenehmes Publikum an - betrunkene Schlaegertypen.

     

    Die Randale von den Nationalisten die gerade in Belfast ablaufen sind aber genau der gleiche Mist, bloss von der anderen Seite.

     

    Nord Irland ist eines der homophobsten Laender Europas, mit viel gewalttaetigen Angriffen. Daran kann man schon sehen dass das ganze mit Politik nichts mehr zu tun hat, sondern mit abgestumpften Machismo als Resultat der eigenen Traumatisierung.

  • P
    Peter

    Den Nordiren wird wie den Kurden jegliche Autonomie versagt, das muss sich ändern!

  • PI
    pro irland

    Die Briten sollen endlich Irland den Iren zurückgeben. Es geht hierbei nicht um Katholiken gegen Protestanten sondern um Iren die in ihren eigenen Land von den Briten unterdrückt werden.