Ralf SotscheCk über Atomkraft in Großbritannien: Spionage als Chance
Mit ihrer Anklage der staatliche chinesischen Atomfirma China General Nuclear Power (CGNPC) wegen Spionage haben die USA der britischen Regierung theoretisch nun eine Möglichkeit eröffnet, dass ökonomisch und ökologisch idiotischste Projekt des Jahrhunderts abzublasen. Das chinesische Unternehmen ist zu einem Drittel an dem geplanten britischen Atomkraftwerk Hinkley Point C beteiligt.
Aber die Anklage birgt auch Gefahren. Es geht nicht mehr nur um die Stromversorgung. Nun hat das Projekt auch eine außenpolitische Dimension erhalten. Nach dem Brexit-Referendum glaubt man in Großbritannien, auf China als Handelspartner angewiesen zu sein. Chinesische Unternehmen haben in den Londoner Flughafen Heathrow investiert, in Canary Wharf und nicht zuletzt in diverse Fußballvereine. Der chinesische Botschafter in London, Liu Xiaoming, drohte mit Blick auf Hinkley unverhohlen, dass die Beziehungen beider Länder auf dem Spiel stünden.
In die gleiche Kerbe hauen die Lobbyisten der Atomindustrie, darunter Peter Mandelson, der Architekt von New Labour. Er sagt, man könne nach dem Brexit nicht wählerisch sein, mit wem man Handel treibe.
Die britische Premierministerin Theresa May wäre deshalb gut beraten, die Sicherheitsbedenken gegen die chinesische Atomfirma aus der Debatte über Hinkley herauszuhalten. Das könnte nach hinten losgehen, denn die Hinkley-Befürworter können zu Recht argumentieren, dass die chinesische Regierung kein Interesse daran hat, die wirtschaftliche Expansion durch dunkle Machenschaften zu gefährden.
Es gibt ja Gründe genug, den Bau von Hinkley abzusagen, nicht zuletzt die exorbitanten Kosten sowie die Inkompetenz des französischen Staatskonzerns EDF, der Hinkley unter Beteiligung der Chinesen bauen will. Das Unternehmen hat in der Vergangenheit bewiesen, dass es unfähig ist, ein solches Projekt zu stemmen.
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