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Ralf Schumacher outet sichDas kleine Coming-out

Der ehemalige Rennprofi Ralf Schumacher outet sich – dabei wird deutlich, wie sehr er sich von der Macho-Welt des Rennsports distanziert hat.

Das Thema hat sich überholt: Ex-Rennfahrer Schumacher kurz vor seinem Coming-out Foto: Eibner Pressefoto/imago

Es gab eine Zeit im Leben des Ralf Schumacher, da nannte er genau das, was er gerade öffentlich gemacht hat, „bösartige Vorwürfe“. Mit diesen Worten kommentierte der Ex-Formel-1-Pilot vor über 20 Jahren, im Jahr 2003, Gerüchte, er sei schwul.

Nun aber hat sich für den Bruder des siebenfachen Formel-1-Weltmeisters Michael Schumacher einiges geändert. Er ist lange genug aus den täglichen Schlagzeilen der Yellow Press raus, und auf Instagram präsentiert er sich Arm in Arm mit einem Mann, dazu der Text: „Das Schönste im Leben ist, wenn man den richtigen Partner an seiner Seite hat, mit dem man alles teilen kann.“ Ein nicht von Kitsch freies Coming-out hat der 49-Jährige da hingelegt. Etienne heißt seine große Liebe.

Die Welt, in der Ralf Schumacher berühmt wurde, ist der Motorsport. Hier sind laut Regelwerk Frauen gleichberechtigt, aber gerade in der sogenannten Königsklasse, der Formel 1, regiert eine Machokultur, die in weiten Teilen der Welt nur noch anachronistisch wirkt. Fotografen fordern junge Frauen barsch auf, sich gefälligst auf Boliden zu räkeln, wie die Rennwagen genannt werden, und dafür müssen sie sich dann als „Boxenluder“ beschimpfen lassen. Ralf Schumacher war zehn Jahre lang Teil dieses Zirkus, fuhr 180 Grand-Prix-Rennen in der Formel 1 – sechsmal gewann er –, und danach fuhr er weiter in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft. Ein Weltklasse­motorsportler also, der aber so ganz nie dazugehörte.

Vor allem war Ralf Schumacher immer der kleine Bruder von Michael. Gerüchte, dass er schwul sei, hatte seine damalige Frau Cora einmal angefeuert („in Pressekreisen heißt er nur noch ‚die Schwester‘“), dabei wollte sie die Gerüchte bloß zurückweisen. „Ja, ja, unser Sohn ist aus der Retorte, ich habe ein Verhältnis und mein Mann ist schwul“, hatte sie 2005 in einem Interview gängige Gerüchte referiert und lächerlich machen wollen.

„Am A… vorbei“

Ralf selbst sagte damals: „Dieses Gerücht ging mir am A… vorbei, weil ich es besser weiß“, doch, fügte er hinzu: „Es passt auch nicht mehr in die heutige Zeit, darüber zu diskutieren. Das hat mich nichts anzugehen und umgekehrt auch nicht.“ Da klang schon an, dass Ralf das gar nicht wirklich dementieren wollte, sondern vor allem auf seine Privatsphäre pochte.

Nun ist es raus, und schon die Art, wie Schumacher sein Coming-out mitteilte, deutet an, dass ihm das Private immer noch wichtig ist. Sein Ausflug in die Welt des Trash ist schon seit Jahren zu Ende. Seine Ex-Frau Cora war Model, hatte sich auch als Rennfahrerin versucht, ist manchmal in Reality-TV-Shows zu sehen, doch Ralf hält sich seit Jahren aus der Öffentlichkeit raus. Der gemeinsame Sohn will nur noch Kontakt zu ihm, nicht mehr zur Mutter.

Auch zu den vielen Geschichten um seinen Bruder Michael, um dessen Gesundheitszustand, um dessen Frau Corinna und dessen Sohn Mick, der auch Rennfahrer wurde, schweigt Ralf Schumacher meist.

Beruflich kümmert er sich um eine Kartbahn, ist als Experte beim Fernsehsender Sky bei der Formel 1 unterwegs. Ralf hat sich in Kerpen, wo er aufgewachsen ist, jahrelang als Jugendleiter des örtlichen Motorsportvereins um den Nachwuchs auf der Kartbahn gekümmert. Später hat er als Tierliebhaber eine Art Streichelzoo aufgebaut.

Langsam, doch, wie es scheint, sehr zielbewusst hat sich Ralf Schumacher eine Welt aufgebaut, in der er sich wohler fühlt als in der von Homophobie und Sexismus nur so durchtränkten Welt der schnellen Boliden.

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12 Kommentare

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  • Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

    Die Moderation

  • Was für eine merkwürdige Ansammlung Von urteilen über eine Branche, die offensichtlich keiner von Ihnen wirklich kennt. Die Super Macho Zeiten aus den Siebzigern sind auch im Motorsport längst vorbei. Das ist eine Hochleistungsindustrie In der Fachfrauen längst angekommen sind.



    Das Ralf Schumacher sich jetzt ist sein privates Problem. Wir alle kennen seine persönliche Entwicklung kaum.

  • Obwohl ich mich mit ihm - unbekannterweise natürlich - freue, dass er sein Privatleben nicht mehr verheimlichen muss, obwohl es eigentlich seine ureigenste Privatsphäre ist...

    Es ist wichtig, wenn solche Promis ihre Liebe nicht mehr verstecken müssen! Besonders in Branchen, in denen eine Steinzeit-Männlichkeit angenommen und vorausgesetzt wird. Wo Andersliebende undenkbar sind.

    Wenn weltweit zwischen 7 und 10% gleichgeschlechtlich Liebende angenommen werden: Wieviele Fußballer, Polizisten, Soldaten etc müssen (oder glauben zu müssen!) ihren gleichgeschlechtlichen Partner verstecken?

    Kann man sich ausrechnen. WARUM?! Brecht endlich dieses tumbe Tabu!

    Also in diesem Sinne: Danke, Herr Schumacher!

  • Fehlt nur noch Adrian Sutil.

    Aber ja, Motorsport ist ein extrem cis-männlich geprägtes Umfeld. Eben eine Macho-Welt.

    Ne Frau in der Formel 1? Immernoch undenkbar. Höchstens mal zu Testfahrten.

    Muss sich was ändern. Ich habe auch schon eine Idee: Parität.

    • @Troll Eulenspiegel:

      "Ich habe auch schon eine Idee: Parität."

      Der Talentpool gibt diese Parität wohl aktuell (noch) nicht her. Die Formel 1 hat seinerzeit ganz schön neidisch auf die NASCAR geschaut, als die mit Danica Patrick tatsächlich mal eine siegfähige Fahrerin am Start hatte, weil die auch massig Sponsorengelder mitbrachte und Merch verkaufte. Motivation gäbe es also. Geld macht schnell - gerade in der F1. Aber solange bei den Testfahrten dann doch immer rauskommt, dass auch der schnellsten Frau immer noch 25 oder mehr Männer gegenüberstehen, die noch ein wenig schneller sind, würde eine erzwungene Parität spätestens auf der Rennstrecke zum antiemanzipatorischen Frust. Die Fahrerinnen, die es gibt, äußern sich meines Wissens ähnlich: Mehr Frauen im Grid sind gut, SOLANGE sie auch alle mithalten können.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Wir Schwulen sind keine halben Frauen, wir sind genauso Cis-Männer wie Cis-Heten! Und rein männliche Umfelder in denen männliche Körperlichkeit eine große Rolle spielt, sind für Schwule durchaus attraktiv. Wenn männliche Homosexualität verweiblicht werden soll, wie offenbar in diesem Kommentar, dann ist das auch homophob.

      Es geht doch nicht darum der Formel 1 ihren maskulinen Reiz zu nehmen, sondern sie so wie sie ist für Schwule zu öffne n.

      • @Ruediger:

        So wenig auch ich mit der Tendenz anfangen kann, homosexuelle Cis-Männer zu "verweiblichen", muss man wohl ehrlicherweise eingestehen, dass solche archaischen Machowelten Sexismus und Homophie nicht zufällig parallel produzieren. Das ihnen zugrundeliegende Menschenbild idealisiert halt relativ eng Männer, die "coole Männersachen" machen UND auf Frauen stehen (und auf die umgekehrt Frauen stehen, WEIL sie coole Männersachen machen).

        Insofern haut die wünschenswerte Aufweichung dieses Ideals zwangsläufig in BEIDE Kerben. Der Unterschied ist, dass Frauen in aller Regel nicht einmal die Wahl haben, sich einfach nicht als solche zu outen. Ihre augenfällige "Nonkonformität" zu dem beschriebenen Ideal macht daher im Zweifel die offene Konfrontation mit Diskriminierung stärker - oder zumindest zu einem früheren Karrierezeitpunkt - unausweichlich.

        • @Normalo:

          Ich habe ehrlich gesagt zu wenig Interesse an Motorsport, um beurteilen zu können ob das Formel-1-Umfeld in 2024 homophob ist, ob es zum Beispiel wie teilweise noch im Fußball homophobe Fangesänge auf den Tribünen gibt.



          Nun hat sich ein seit langem nicht mehr aktiver, aber immer noch recht bekannter Fahrer als schwul geortet. Wie wissen nicht, warum gerade jetzt, warum nicht früher, qist auch seine Privatsache. Vielleicht hat es mit Homophobie in seinem Umfeld in seiner aktiven Zeit zu tun, vielleicht auch einfach damit, dass er jetzt einen Partner hat.



          Egal wie, es geht hier nicht um Frauen oder Transpersonen, sondern um einen schwulen Cis-Mann. Wenn man im diesem Zusammenhang - wie der Troll, auf dessen Kommentar ich mich beziehe - das cismännliche Umfeld oder die fehlenden Frauen zum Them macht, dann stellt man natürlich die Geschlechtsidentität schwuler Männer in Frage, das ist eine sehr perfide Form von Homophobie.

          • @Ruediger:

            Ich kann dir sagen, wie man das zum Thema macht.



            Einfach die taz durchlesen. Und die Subüberschrift mit dem Wort "Macho".

            Und den Homophobie-Vorwurf kannst du gerne beiseite lassen. Ich bin FLINTA-Mitglied. FLINTA steht kritisch gegenüber cis, gegen Patriarchat, gegen Machogehabe.



            Homophobie steht nicht in unserem Repertoire. Sonst würden wir uns FINTA nennen, das L steht für Lesbians. Oder wir würden uns AfD nennen.

  • Ach Gottchen “…wer will schon wirklich wissen!



    Was sein Auto wirklich wert ist!“ Newahr

    kurz - BM - Bravo Michael! 🏎️



    Immer im Kreis!⭕️! Woll 🏎️



    Alter. Das schwächt! - 🙀🥳🥹 -



    Normal

    • @Lowandorder:

      Es ist ja klar, dass auch hier von irgendjemandem so ein " wer will das denn wissen?"-Kommentar kommt, wie unter jedem Social Media Post zu dem Thema, meist mit homophobem Unterton. Vielleicht wollen Sie es nicht wissen, aber solche Coming Out sind verdammt wichtig. Sportler und Stars haben eine Vorbildfunktion, sind Roll Models für junge Leute. Wenn man sich als Teenager für Fußball oder für Motorsport interessiert und nicht für Ballett oder ESC, dann ist es verdammt schwer sich zu akzeptieren, während man in diesen Bereichen nur Heten wahrnimmt. Insofern ist die Aussage, es handelt sich hier um eine Distanzierung von der Formel-1-Kultur leider auch ziemlich dämlich. Es handelt sich um eine Öffnung der Formel-1-Kultur.

      • @Ruediger:

        Huch. Sie sind scheint’s nicht auf Höhe des Reifendrucks.



        Mein Spott gilt erkennbar dem Abgreifen von Werbekohle zB auf YouTube - lästig! Newahr



        Wie bei meinen Mitmusikern ist mir deren sexuelle Disöposition genauso wumpe wie die von diesem 🏎️⭕️fahrer!



        Fachsimpeln über die grad verstorbene Ruth Westheimer während der Session sind mir wichtiger - als dieser BM aus Hürth! ⭕️🏎️🏎️🏎️⭕️ Bergheim!



        Normal Schonn