Ralf Leonhard über das Wahlprogramm der SPÖ: Zurück zu den Wurzeln
Christian Kern (SPÖ) gegen Sebastian Kurz (ÖVP): Dieses Rennen gleicht dem Match Martin Schulz gegen Angela Merkel. In beiden Fällen liegen die Sozialdemokraten vor den Wahlen im Herbst scheinbar aussichtslos zurück. Der gravierende Unterschied: Der deutsche Wähler weiß bei Merkel, was er hat und wieder kriegen wird, während ein gutes Drittel des österreichischen Wahlvolks seine Hoffnungen auf einen Jungspund konzentriert, der erst beweisen muss, ob er Kanzler kann.
Was er nachweislich kann, ist seine Person und seine Parolen gut vermarkten. Und daneben sehen die Sozialdemokraten alt aus. Auch Kanzler Christian Kern, der im Mai vergangenen Jahres bei seinem Antritt erfrischende Selbstkritik an der Politik übte und der ermatteten SPÖ einen spürbaren Schub verschafft hat.
Auf dem Gebiet der populistischen Rezepte gegen Flüchtlinge und Fremde kann die SPÖ mit der FPÖ und neuerdings Sebastian Kurz nicht konkurrieren. Sie besinnt sich lieber auf sozialdemokratische Werte wie soziale Gerechtigkeit. Dass man Unternehmer nicht vergraulen darf, hat sich längst auch bei den Linken herumgesprochen. Themen wie Vermögensteuer und Maschinenabgabe werden deshalb nicht offensiv vertreten, sondern verschämt versteckt. Aber der Kernklientel versucht man sich als einzig verlässlicher Garant des Sozialstaats anzudienen. Wobei die solideste Basis der SPÖ längst nicht mehr die Werktätigen sind – die haben sich mehrheitlich zur FPÖ verabschiedet –, sondern die Rentner.
Am deutlichsten grenzt man sich vom konservativen Konkurrenten mit der Forderung nach einer Erbschaftsteuer ab. Und auch das Prekariat hat die SPÖ entdeckt. Auch Praktika seien Arbeitsverhältnisse, heißt es etwas vage. Insgesamt wohl mutiger als die Ansagen von Martin Schulz, aber doch zu old school für unsere Event-Kultur. Dass dieses Programm die Wähler zu den Urnen treibt, muss man bezweifeln.
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