Räumung der Liebig 14: "Dann darf er nicht räumen"
Der Bewohner-Anwalt kritisiert das Verhalten von Gerichtsvollzieher und Polizei während der Räumung. Komunikation habe es kaum gegeben
taz: Herr Althoff, wie haben Sie die Räumung erlebt?
Max Althoff: Ich habe die Räumung relativ hilflos erlebt, weil mir jeglicher Kontakt zur Einsatzleitung und zum Gerichtsvollzieher verweigert wurde. Es hieß immer, der Gerichtsvollzieher sei für mich nicht zu sprechen. Das wurde mir sowohl telefonisch als auch mündlich von Polizeibeamten vor Ort ausgerichtet.
Ist das ein übliches Vorgehen?
38, ist Anwalt mit Schwerpunkt Mietrecht. Der ausgebildete Mediator vertritt die geräumten Bewohner der Liebig 14.
Ich habe so etwas noch nicht erlebt.
Haben Sie einen Anspruch darauf, in so einer Situation zu Ihren Mandanten ins Haus zu kommen, oder ist es nur schlechter Stil, wenn Sie nicht vorgelassen werden?
Meine Mandanten haben einen Anspruch darauf, dass ein Besitzanspruch, der geltend gemacht wird, auch überprüft wird.
Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg hatte am Dienstag einen Eileinspruch gegen die Räumung zurückgewiesen. Daraufhin haben Sie Beschwerde vor dem Landgericht eingereicht.
Genau, das Landgericht hat festgestellt, dass es die Besitzverhältnisse nicht überprüfen könne. Das müsse der Gerichtsvollzieher vor Ort machen. Wenn der Gerichtsvollzieher festgestellt hätte, dass es in den Wohnungen im Haus Besitz des Vereins Liebig 14 gibt, dann hätte er das nicht räumen lassen dürfen. Denn er darf nur Besitz von Personen räumen, gegen die er einen Titel hat. Und gegen den Verein liegt kein Räumungstitel vor.
Wie soll man denn in der Praxis überprüfen, ob das Sofa und der Tisch jetzt dem Verein oder einer Person gehören, gegen die es einen Räumungstitel gibt?
Das ist tatsächlich nicht so ganz geklärt. Aber wenn der Gerichtsvollzieher auf Wohnungen stößt, die eine andere Person nutzt als die, die im Räumungstitel steht, dann darf er nicht räumen. Es gibt immer wieder Fälle, in denen Gerichtsvollzieher nicht willens sind, sich daran zu halten. Aber ich erinnere mich an einen Fall, in dem zumindest die Gerichtsvollzieherin, der andere Anwalt, der Einsatzführer der Polizei, der Untermieter und ich zusammen im Polizeiwagen saßen und versucht haben, die Lage zu erörtern. Es ist also durchaus ein übliches Vorgehen, dass man miteinander kommuniziert. Was man problemlos hätte beweisen können, ist, dass sich sämtliche Schlüssel im Besitz des Vereinsvorstandes befinden. Der Vorstand wäre jederzeit in der Lage gewesen, damit Zutritt zu gewähren. So hätte man auch das gewalttätige Aufbrechen der Türen verhindern können.
Wie erklären Sie sich dieses Verhalten?
Jeder hat, seitdem wir den Gerichtsvollzieher angeschrieben haben, versucht, die heiße Kartoffel weiterzureichen. Keiner wollte damit etwas zu tun haben. Und jetzt ist sie wieder beim Gerichtsvollzieher gelandet. Und der wollte auch nichts damit zu tun haben und hat sich dementsprechend verhalten. Die Botschaft des Vorgehens der Gerichte und des Gerichtsvollziehers, die an linke Hausprojekte und Freiräume gesendet wird, lautet daher faktisch: Der Rechtsstaat steht für euch nicht zur Verfügung.
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