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Ränkespiel

■ Betr.: Extreme Gruppen, taz hamburg vom 25.10.1999

Leider habt Ihr in der Berichterstattung über die Ansiedlung von Bauwagenbewohner/innen in HH-Nord zwei Aspekte nicht beachtet: 1. Das Wendebecken der ehemaligen Schiffsbau-Versuchsanstalt wird mitnichten allein wegen der „Bauis“ saniert. Schon lange besteht die Absicht, den betonierten Boden aufzubrechen und zu entsiegeln. Diese Maßnahme kostet in der Tat Steuergelder. Diese waren aber sowieso eingeplant. Setzt man den Betrag, der wirklich wegen der Bauis ausgegeben werden soll (Kanalisation etc.) ins Verhältnis zu den Sanierungskosten, die sowieso angefallen wären, ist einige Polemik der Bauwagengegner schon dahin.

2. Leider geht es mittlerweile nicht mehr nur um die Frage pro oder contra Bauwagen. Mit dem merkwürdig schnellen Beschluss, nun das Gelände rasch herzurichten, sind Amt, GAL und SPD nur knapp dem Bürgerbegehren gegen den Bauwagenplatz zuvorgekommen. Nun halte ich zwar die Argumente der Bauwagengegner/innen für nicht stichhaltig, doch wie der Bezirk mit bürger/innennaher Demokratie umgeht, indem ein Bürgerbegehren schlicht ausgebremst wird, entspricht nicht gerade demokratischem Anstand.

Fazit: Nur weil sich Behörden und Bezirksversammlung weigern, Informationen rechtzeitig offen zu legen, werden die Bauwagenbewohner/innen zum Gegenstand eines politischen Ränkespiels. Dass es auch nicht im Sinne der „normalen“ Bürger/innen sein kann, wenn die Bauis aus der Stadt getrieben und in Slums vor den Toren eingepfercht werden, wie es die CDU und Teile der SPD wollen, geht dabei völlig unter. Die FDP-Nord setzt sich deshalb für ein politisches Konzept ein, das die Bauis als Bürger akzeptiert: mit dem Recht, so zu wohnen, wie sie wollen, aber auch der Pflicht, auf andere Rücksicht zu nehmen. Mit Offenheit ließe sich diese Idee sicherlich auch Kritikern vermitteln.

Roland Bösker, Innenpolitischer Sprecher der FDP Hamburg-Nord

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