Radioaktivität in Fukushima: Roboter bringen Licht ins Dunkel

In mindestens drei der sechs Kraftwerksblöcke wird wegen der hohen Radioaktivität nicht mehr gearbeitet. Kühlwasser, das ins Meer geleitet wurde, ist 100fach verstrahlt.

Ein Roboter, während er gerade eine Tür im Kraftwerk Fukushima öffnet. Bild: dpa

BERLIN taz | Im AKW Fukushima ist die Lage weiter dramatisch. Wegen der hohen Strahlung in mindestens drei der sechs Kraftwerksblöcke liegen die Arbeiten zur Wiederherstellung der Kühlsysteme und zur Stabilisierung der Stromversorgung brach. Gestern waren erstmals Roboter im Einsatz, um die Radioaktivität zu messen.

Außerhalb der Reaktorgebäude wurden unmittelbar vor den Eintrittsschleusen nach Angaben des Betreibers Tepco 2 bis 4 Millisievert pro Stunde gemessen. In den Schleusen betrug die Dosis 270 Millisievert pro Stunde an Reaktor 1, 12 Millisievert an Reaktor 2 und 10 Millisievert an Reaktor 3. Am Montag stellten die Roboter Dosen zwischen 10 und 49 Millisievert pro Stunde im Reaktorgebäude von Block 1 sowie 28 bis 57 Millisievert im Block 3 fest - für den Block 2 gab Tepco bis gestern Mittag keine Werte bekannt. Die beiden Roboter sind mit Kameras und Greifarmen ausgestattet und messen neben der Strahlung auch Temperatur und Sauerstoffkonzentration. Eingebaute Kameras übertragen Bilder vom Ausmaß der Zerstörung.

Für die Arbeiter in Fukushima hat die japanische Regierung die Jahreshöchstdosis auf 250 Millisievert festgelegt. Menschen sollen in den nächsten Tagen nur noch in kurzen Zeitintervallen eingesetzt werden. Die hohe Strahlung gefährdet nach Ansicht der japanischen Atomsicherheitsbehörde aber nicht den Tepco-Zeitplan, innerhalb von neun Monaten das Kraftwerk unter Kontrolle zu bringen.

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Natürliche Strahlenbelastung in Deutschland: 2 Millisievert pro Jahr

Ein Sievert ist die Maßeinheit für Strahlendosen. Sie dient der Bestimmung der Strahlenbelastung biologischer Organismen und wird bei der Analyse des Strahlenrisikos verwendet. In Deutschland liegt die natürliche Strahlenbelastung in der Größenordnung von etwa 2 Millisievert pro Jahr.

Die maximal erlaubte Jahresdosis für beruflich strahlenexponierte Personen wie etwa Beschäftigte in AKWs beträgt 20 Millisievert, über ein ganzes Berufsleben dürfen jedoch nicht mehr als 400 Millisievert zusammenkommen. Für die normale Bevölkerung ist die zulässige Jahresdosis 1 Millisievert ohne natürliche Strahlung und medizinische Maßnahmen.

Blutungen und Geschwüre bei 1.000 bis 3.000 Millisievert

Nach Angaben der atomkraftkritischen Ärzteorganisation IPPNW treten an betroffenen Zellen ab einer Strahlung von etwa 500 Millisievert schwere Funktionsstörungen auf. Sie können sich nicht mehr teilen oder sterben ab. Das Immunsystem wird geschwächt, das Blutbild verändert sich, der Magen-Darm-Trakt und andere innere Organe werden geschädigt. Bei 1.000 bis 3.000 Millisievert treten Blutungen und Schleimhautgeschwüre auf. Bei 5.000 Millisievert stirbt die Hälfte der Bestrahlten, ab 10.000 Millisievert besteht keine Überlebenschance mehr.

Für die Umgebung des Kraftwerks und das Meerwasser vor der Küste Fukushimas räumt Tepco weiterhin stark erhöhte Radioaktivität und Kontamination mit radioaktiven Isotopen ein. Die Radioaktivität des ins Meer ausgeleiteten Wassers soll etwa das 100fache des zugelassenen Grenzwerts betragen. Im Reaktorgebäude von Block 2 stieg stark kontaminiertes Wasser gestern weiter an, nachdem der Stand durch Ableiten in Tanks kurzfristig gesunken war. Das Abpumpen gerät zur Sisyphusarbeit, weil für die Kühlung weiterhin Wasser von außen zugeleitet werden muss.

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