Radio-Krieg intern: CDU-MPs im Krieg gegen Bremen
■ Süddeutsche Länder: Radio Bremen abschaffen. Ende 2000 fusionieren
Am 19.10.1998 hat eine Verschwörung stattgefunden: Die Ministerpräsidenten von Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen, die allesamt das Lied vom hohen „C“ singen, haben sich verschworen, Ende 1999 den Finanzausgleich innerhalb der ARD-Anstalten zu kündigen.
Ab 1.1.2001 soll es keinen Pfennig der Südstaaten mehr geben für Radio Bremen, den Saarländischen Rundfunk und andere Nehmer-Anstalten. „Sie wollen eine wie immer auch modifizierte Fortführung des Finanzausgleichs ablehnen und fordern die Fusionierung der beiden kleinen Sender Radio Bremen und Saarländischer Rundfunk mit benachbarten größeren Sendern“, heißt es in dem internen Papier der Senatskanzlei in Bremen. Daß der Sender Freies Berlin nicht fusioniert werden soll, hat aus Bremer Sicht rein parteipolitische Hintergründe: „Der SFB wird dabei gar nicht mehr berücksichtigt, wohl auch mit Rücksicht auf den Regierenden Bürgermeister Diepgen.“ Was nur heißen kann: In der CDU nimmt man keine Rücksicht vergleichbare auf Perschau.
Aus Sicht der Bremer Analyse, deren Inhalt gestern von dpa verbreitet wurde, ist gegen die neue christdemokratische Offensive schon ein Kraut gewachsen: Vor dem 31.12.1999 sind in Türingen und in Sachsen Neuwahlen, und wer weiß, ob dann dort noch derselbe Ministerpräsident die Richtlinien der Politik bestimmt. In Thüringen könnte die neue Farbenlehre sogar „rot-rot“ heißen, deutete das Rathaus-Papier an. Im MDR habe zudem auch das SPDregierte Sachsen-Anhalt ein Wörtchen mitzureden. Das gleiche gilt für Baden-Württemberg, das nur zusammen mit Rheinland-Pfalz einen ARD-Sender betreibt.
Aus einem weiteren Grund ist der süddeutsche Vorstoß nach Bremer Lesart nicht sonderlich bedrohlich: Die Kommission „KEF“, die die Höhe der Rundfunkgebühren festlegt, hat schon deutlich gemacht, daß die Gebühren auch für die „reichen“ Länder sinken müßten, wenn die keinen Beitrag zum Finanzausgleich mehr leisten. Allerdings bestehe die Gefahr, daß eine Kündigung des ARD-Staatsvertrages die ARD-Struktur sprengen würde.
Offensichtlich, so die Bremer Analyse, geht es um „ein vorrangiges Standortinteresse der bayerischen Staatsregierung am privaten digitalen Fernsehen“. Im Klartext: Mit der Drohung Richtung Saarland und Bremen sollen die SPD-regierten Länder weichgeklopft werden, bayerischen Interessen am digitalen Fernsehn eher nachzugeben. K.W.
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