Raab an der Uni Münster: Große Schnauze im Hörsaal
Tausende kamen, es wurde live in angrenzende Hörsäle übertragen: Bei einem öffentlichen Interview lästerte der Pro7-Moderator über Pocher und Schmidt.
Die Massen drängeln sich, ein paar junge Frauen geraten in Panik. Die Security droht, die Veranstaltung aufzulösen, wenn nicht bald Ruhe einkehrt.
Robbie Williams? Nein, Stefan Raab. Der Spiegel hat ihn zum Interview in den größten Hörsaal der Universität Münster gebeten; die Uni überträgt live in die angrenzenden Hörsäle. Tausende sind gekommen. Hunderte müssen draußen bleiben.
Raab kommt eine akademische Viertelstunde zu spät und wird mit tosendem Applaus begrüßt. Der Showmaster bedankt sich auf seine bekannt liebenswürdige Art für den Empfang: "Man könnte auch Carsten Spengemann hier herschicken, der Laden wäre trotzdem voll."
Die Studenten, die auf den von Uni und Spiegel angekündigten medienkritischen Dialog gewartet haben, werden schnell enttäuscht. Raab tut, was er kann - Witze reißen und Kollegen durch den Kakao ziehen. Der Interviewer, Thomas Tuma vom Spiegel, versucht recht erfolglos, witzig zu sein, und schneidet seinem Gesprächspartner zielsicher immer dann das Wort ab, wenn die Anekdoten interessant werden. Wiederholt versucht er, aus Raab etwas über dessen Familie herauszubekommen - reine Zeitverschwendung. Raabs Familienleben ist ein wohl gehütetes Geheimnis. Aber Tuma sieht es wohl als seine Pflicht an, es trotzdem zu versuchen. So gibt er ungewollt selbst Anlass zur medienkritischen Reflexion.
Stefan Raab erzählt stattdessen von seinen Anfängen bei Viva, seiner Einstellung zur Arbeit und zum Geld. Auf Tumas Fragen nach Gerichtsverfahren wegen Scherzen unter der Gürtellinie hat er stets eine Antwort parat. "Ich greife nicht in das Privatleben ein. Wir nehmen nur das auf, was schon publik ist." Oder: "Jeder, der sich ins Fernsehen begibt, hat es verdient, fertig gemacht zu werden. Auch Leute, die sich in einer Nachmittagstalkshow zum Obst machen."
Einzig beim Thema Oliver Pocher lässt sich Raab von Tuma verführen. Zunächst zurückhaltend und ungewohnt respektvoll, kann er sich seine Gags dann doch nicht verkneifen. Warum Pocher im Gegensatz zu ihm erst mal eine Stand-Up-Tour gemacht habe, sich nicht an eine eigene Sendung traue, sondern zu Harald Schmidt gehe? "Wer übt, kann nix", sagt Raab. Ob er eifersüchtig sei? "Mein Ziel war es nie, Pflegedienst zu leisten." Für den heutigen Start der Sendung "Schmidt & Pocher" in der ARD erwartet er trotzdem positive Kritik. Im Vorfeld habe es so viel negative Kritik gegeben, da sei es für die Medien nicht mehr interessant, die Show schlechtzuschreiben, "selbst wenn sie schlecht ist".
Was seine eigene Sendung "TV Total" betrifft, gibt er zu, dass es einfacher gewesen sei, einmal pro Woche eine gute Sendung zu machen. "Das Glas wird immer leerer." Aber zum Abschied schenkt er Tuma noch einen ein: "Ich hab was, was Sie nicht haben. Und zwar den deutschen Journalistenpreis." Gemeint ist der Goldene Prometheus, den Raab bekam, weil es ihm am Vorabend der Bundestagswahl 2005 gelungen war, alle Parteivorsitzenden zur Probewahl per Televoting in sein Studio holen. Tuma lächelt verkrampft. Er weiß wohl, dass er für diesen Abend keinen Preis gewinnen wird.
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