RWE plant CO2-Abscheidung: Pipeline trifft Recht
RWE möchte eine CO2-Pipeline vom Rheinland nach Schleswig-Holstein verlegen. Der rechtliche Rahmen für den Bau der Leitung ist aber ziemlich unklar.
DORTMUND taz Zwei Sätze reichten aus, um den schleswig-holsteinischen Wirtschaftsminister Werner Marnette (CDU) zu verärgern. Bei der Grundsteinlegung für ein neues Kohlekraftwerk in Hamm vor einer Woche sagte Jürgen Großmann, Chef des Essener Energiekonzerns RWE, zum Thema Kohlendioxid-Abscheidung: "In Schleswig-Holstein suchen wir nach potenziellen Speicherregionen. Und mit den Arbeiten zu einer Pipelinetrasse wollen wir bald beginnen." Minister Marnette kritisierte, die Pläne würden getroffenen Vereinbarungen widersprechen.
Doch beim Thema CO2-Abscheidung macht RWE jetzt Ernst. Bis zum Jahr 2014 soll ein neuartiges Braunkohlekraftwerk im rheinischen Hürth gebaut werden, das dann sein klimaschädliches Kohlendioxid durch eine Leitung gen Norden schicken soll, statt es in die Luft auszustoßen. Im Bereich Holstein hat RWE bereits Anträge für seismische Untersuchungen an drei Orten gestellt, die aussichtsreiche CO2-Lagerstätten auffinden sollen. Die Landesregierung unterstützt das Vorhaben mit wissenschaftlichen Begleitstudien.
Dass RWE nun allerdings schon den Bau einer Pipeline plant, verstört die Zuständigen in Kiel. "Vorrangig seien die Kohlendioxid-Speicher im eigenen Bundesland für die heimischen Kraftwerke vorgesehen", sagt Harald Haase, Sprecher des Landes-Wirtschaftsministeriums. Zudem sei der Rechtsrahmen für den CO2-Transport noch "völlig unklar". Da es in Deutschland noch keine CO2-Pipeline gibt, sind die technischen Anforderungen an die Leitungen noch nicht geklärt.
Die RWE-Pipeline müsste zudem auch Landesgrenzen überbrücken. In Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind unterschiedliche Behörden mit solchen Verfahren befasst. "Dagegen wirkt der Bau einer Autobahn wie ein Wimpernschlag", so Haase. Der Versorger RWE erwartet, dass eine erste Pipeline-Route frühestens im Frühjahr 2010 auf dem Tisch liegt.
Die Bundesregierung will den Versorgern Planungssicherheit geben und bereite bereits eine entsprechende Gesetzesgrundlage vor, parallel zu einer geplanten Richtlinie der EU-Kommission. Der deutsche Vorschlag solle noch in dieser Legislaturperiode abgestimmt werden.
"Wir wollen wirtschaftliche Vorteile haben, wenn Kraftwerksbetreiber aus anderen Bundesländern ihr Kohlendioxid bei uns speichern", sagt Harald Haase. Schon wird die Idee gehandelt, eine Art von Konzessionen für die CO2-Lagerung zu erheben. Das Problem: RWE erzeugt sein Kohlendioxid vor allem in Nordrhein-Westfalen. Die größten vermuteten Lagerstätten liegen allerdings vor allem in Norddeutschland.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies