piwik no script img

RTL-Thriller "Die dunkle Seite"Schorf und Totschlag

Kommentar von Christian Buss

Mit dem Thriller "Die dunkle Seite" tritt Regisseur Peter Keglevic nach dem "Blackout"-Debakel wieder gegen den "Tatort" an (Sonntag, 20.15 Uhr, RTL).

Effizienter lassen sich Qualen nicht in die Länge ziehen: In Berlin wird die Leiche eines türkischen Gemüsehändlers gefunden, der vor seinem Ableben erst mit dem Messer malträtiert wurde, um dann an einem Bauchschuss zu krepieren. Der Tote war für eine privatwirtschaftliche Kampfeinheit im Irakkrieg unterwegs, der Täter dürfte auch aus dem Söldnermilieu stammen - und versteht sein Handwerk. Der Zuschauer jedenfalls hat in dem RTL-Thriller "Die dunkle Seite" heute reichlich Gelegenheit, die präzisen Stiche am blau angelaufenen und madenbedeckten Körper zu inspizieren.

Vielleicht ist der lustvolle Blick auf Schorf und Totschlag ja die einzige Möglichkeit, am Sonntag gegen die Quotenbastion "Tatort" anzutreten. Zumal dieses Wochenende mit der Krimigroteske "Krumme Hunde" auch noch eine Episode aus dem Münsteraner Revier läuft, wo ja stets so einladend zerstückeltes, verkohltes und verwestes Menschenfleisch aufgetischt wird, als handle es sich dabei um die Zutaten für eine Kochshow.

Bislang scheiterten ja alle Versuche, dem ARD-Dauerbrenner mit deutschen Formaten Paroli zu bieten. Regisseur Peter Keglevic hat das deutlicher zu spüren bekommen als jeder andere. Sein sensationeller Krimi-Mehrteiler "Blackout - Die Erinnerung ist tödlich" wurde 2006 bei Sat.1 gegen den "Tatort" ins Rennen geschickt und nach der schlechten Quote des ersten Teils im Nachtprogramm versenkt. Umso bemerkenswerter, dass Keglevic dem Ersten nun noch mal zu Leibe zu rücken versucht.

Mag sein, dass die RTL-Verantwortlichen bei diesem Hasardeurspiel auf die Zugkraft des "Schwarm"-Autoren Frank Schätzing setzen, auf dessen gleichnamigem Kölnkrimi der Film basiert (nächste Woche folgt eine weitere Schätzing-Adaption). Keglevic aber ist dem Inszenierungsstil seines virtuosen Sat.1-Debakels treu geblieben. Gegen das monströse Erinnerungslabyrinth "Blackout" nimmt sich der Neunzigminüter "Die dunkle Seite" zwar extrem überschaubar aus, doch werden auch hier die Figuren in einem Schwebezustand gehalten, der die Identifikation fürs Publikum erst mal schwer macht. Quotenverträglich ist das natürlich nicht.

Da ist zum einen die Privatdetektivin Vera Gimini (Melika Foroutan), die nach einem traumatischen Erlebnis zur kickboxenden Kampfmaschine mutiert und bei ihrem gerechten bis selbstgerechten Wüten schon mal die Grenzen zwischen Gut und Böse aus dem Blick verliert. Und da ist der undurchsichtige Simon Bathge (Misel Maticevic), der der Schnüfflerin einen gefährlichen Auftrag erteilt- und erst nach und nach seine Identität als ehemaliger Söldner offenbart. Foroutan, sonst beim "Kriminaldauerdienst", und "Blackout"-Hauptdarsteller Maticevic schaffen es, dass man trotz einiger mäßig raffinierter Ermittlungsdrehs am Ball bleibt. Der Aufeinanderprall der beiden Extremcharaktere wird zu einem Spiel der Täuschungen und Offenbarungen - gebrochene Knochen und Herzen inklusive.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • VC
    Vera Conrad

    Peter Keglevic wird in Ihrer Kritik für seinen sensationellen Thriller "Blackout" gelobt. Nur, die Ehre gebührt ihm nicht allein. Inszeniert hat er nur die beiden ersten Teile der Serie. Für die beiden anderen zeichnet sich Bundesfilmpreisträger (und das ist nur eine von vielen Auszeichnungen wie z.B. Bayerischer Filmpreis, Preis der deutschen Filmkritik, Romy etc.) Hans-Günther Bücking verantwortlich, der neben der Inszenierung auch in allen vier Teilen die Kamera übernommen hat und damit maßgeblich den "Look" geschaffen hat.

    Nichts für ungut, aber das nächste Mal bitte ein wenig besser recherchieren.

     

    Vera

  • VC
    Vera Conrad

    Peter Keglevic wird in Ihrer Kritik für seinen sensationellen Thriller BLACKOUT gelobt. Nur, die Ehre gebührt ihm nicht allein. Inszeniert hat er nur die beiden ersten Teile der Serie. Für die beiden anderen zeichnet sich Bundesfilmpreisträger (und das ist nur eine von vielen Auszeichnungen wie z.B. Bayerischer Filmpreis, Preis der deutschen Filmkritik, Romy etc.) Hans-Günther Bücking verantwortlich, der neben der Inszenierung auch in allen vier Teilen die Kamera übernommen hat und damit maßgeblich den "Look" geschaffen hat.

    Nichts für ungut, aber das nächste Mal bitte ein wenig besser recherchieren.

     

    Vera

  • O
    Odo

    Hallo!

     

    Vorweg: die Schätzing - Bücher sind super und ich freue mich, wenn mal gute deutsche Romane verfilmt werden.

    Leider gilt es auch hier, wie so oft: die Verfilmung ist ganz anders als das Original. Schade! Wenn man von den ganzen (!) Abweichungen absieht und die Vorlage ausser acht lässt, ist es aber ok.

    Was mich allerdings auch ein wenig ärgerte ist, dass mal wieder etwas in Berlin gedreht wurde (auch, wenn die eigentliche Story dort nicht spielt). Ich mag die Stadt, aber es muss sich ja nicht immer so viel darum drehen. Mittlerweile kommt ja alles dort hin. Es gibt noch andere nette Städte... (z.B. Köln -> Originalhandlungsort)

     

    Gruß und bis denne,

     

    Odo