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ROT-GRÜNER GESETZENTWURF ZUR JUSTIZREFORM VORGELEGTEntschlossene Flexibilität

Die geplante Reform des Zivilprozesses ist der Härtetest. Denn am Beharrungsvermögen des Justizapparats haben sich schon viele Justizminister die Zähne ausgebissen. Wenn Herta Däubler-Gmelin und die rot-grüne Koalition dieses Projekt (also vor allem eine Stärkung der ersten Instanz auf Kosten der Berufung) zum Erfolg führen, dann ist ihnen auch sonst noch einiges zuzutrauen.

Zu Beginn der Wahlperiode galt Däubler-Gmelin noch als „Ankündigungsministerin“. In fast allen Bereichen des Rechtssystems hatte sie große Pläne. Zivil- und Strafprozess sollten effizienter und transparenter werden; bei den Straftatbeständen wollte sie die halbherzige Reform der alten Regierung nachbessern; mit neuen Sanktionsmitteln wie Führerscheinentzug und gemeinnütziger Arbeit griff sie ein altes SPD-Anliegen auf.

Doch erst einmal tat sich nichts. Mehrere Gesetzentwürfe, die für den letzten Herbst versprochen worden waren (unter anderem zur eingetragenen Partnerschaft von Homosexuellen), ließen auf sich warten. Die Nachfragen häuften sich, und der Pressesprecher des Justizministeriums konnte das Wort „Herbst“ nicht mehr hören. „Wir arbeiten zügig, aber gründlich“, lautete die Standardantwort. Dann kam das neue Jahr und mit ihm eine Fülle von Vorlagen und Kommissionsberichten: zum Zivilprozess, zum Mietrecht, zum Sanktionensystem und zum Urheberrecht. Plötzlich hieß es: „Jetzt verzettelt sie sich“ und „Man kann doch nicht alles auf einmal reformieren“.

Jetzt scheint es, als würden die zahlreichen Versprechen tatsächlich umgesetzt. Die Vorhaben sind gut vorbereitet, Kritikpunkte werden aufgenommen und die Projekte dennoch zügig zu Ende geführt. Der Gesetzentwurf zur Reform der Zivilgerichte ist ein Beispiel hierfür. Mit vernünftigen Zugeständnissen werden die wichtigsten Einwände zumindest teilweise entkräftet – verbunden mit dem Signal, dass der Abschluss der Gesetzgebung bevorstehe. Diese Mischung aus Flexibilität und Entschlossenheit dürfte Wirkung zeigen.

Dabei bewährt sich, dass Rot-Grün in der Rechtspolitik einen recht kooperativen Koalitionsstil gefunden hat: Man arbeitet nicht gegeneinander, wie etwa in der Atompolitik, sondern sucht den Ausgleich der Interessen. Das Schnüren von Paketen erleichtert dieses Vorgehen. Die Grünen können bei den eingetragenen Partnerschaften mit einer akzeptablen Lösung aufwarten, dafür zeigen sie sich bei der für die Ministerin zentralen Justizreform kooperativ. Wenn die Koalition auch sonst so arbeiten würde, könnte man ihr durchaus ein langes Leben wünschen. CHRISTIAN RATH

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