■ Querspalte: Die edlen Federn
„Es war schon nervenzerfetzend, nichts zu bringen“, ließ Helmut Markwort verlauten und meinte damit nicht etwa die bangen Minuten in der Business-Class von Offenburg nach München, Arabellastraße, in denen der Focus-Chef seine gedankenfreien Tagebucheinträge rauszuschwitzen pflegt. Vielmehr bedankte sich Markwort für die „Goldene Feder“, die der Hamburger Bauer-Verlag einmal im Jahr unter den Kollegen verteilt.
Ja, sie haben richtig gelesen. „Goldene Feder“ für Focus. Es kommt sogar noch doller, denn ebenfalls gekürt wurden die Bild-Zeitung, Hamburger Morgenpost, Stern und Spiegel – also wahrlich „nicht die Vorkämpfer der Diskretion in Deutschland“, wie Helmut Markwort sympathisch dummdreist klarstellte.
Ein Tusch für alle, die entgegen ihrer Gewohnheit im richtigen Moment nichts veröffentlicht haben. Während der fünf Wochen nämlich, in denen der entführte Jan Philipp Reemtsma im Kellerverlies hockte und an seinem Roman feilte – sich also als einziger nicht an das Schreibverbot hielt. Davon müsse eine „Signalwirkung“ für beispielhaftes Verhalten an alle Medien ausgehen, bramarbasierte ein Juror vom Bauer-Verlag, der ja selbst so beispielhafte Publikationen wie Praline, Blitz-Illu, Wochenend und Mach mal Pause auf den Markt wirft und bereits vor Jahren mit dem Dauerprojekt Ergo bewiesen hat, wie lange man selbst mit etlichen Millionen nichts bringen kann.
Die derart umschleimten Redaktionen haben sich zweifelsohne honorig verhalten – obwohl sie im Grunde genommen nur eine Disziplin verfeinert haben, die sie eh bestens beherrschen, von der man aber bisher nicht wußte, daß sie auch einen positiven Aspekt hat: das Unterdrücken von Tatsachen nämlich.
So gesehen nehmen wir natürlich gern in Kauf, daß sich Focus über seine Geschäftsbeziehungen zu Silvio Berlusconi ausschweigt und der Spiegel seine braune Vergangenheit am liebsten in Talkshows aufarbeitet. Wenn das noch vielen Reemtsmas hilft, hätte es sich wenigstens gelohnt. Oliver Gehrs
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