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■ QuerspalteBonn im Koma

Vorweg geschickt sei, daß wir unserem Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt auf diesem Wege alles Gute und baldige Genesung wünschen. Wir hoffen, daß er keine bleibenden Schäden davonträgt.

Mit der Malaria ist nämlich nicht zu spaßen. Also wenn ich wieder einmal für eine unumgängliche Recherche in die Tropen reisen muß, schaue ich immer vorher in die „Gemeinfaßliche Anleitung zur Gesundheitspflege“ des Königlich Preußischen Kriegsministeriums von 1914, welche Vorkehrungen zu treffen sind, packe alsdann den Tropenhelm ein, bestreiche eine Weidenrute mit Kolophonium, Terpentin und Rübensirup, auf daß die Stechmücke darauf sitze und festklebe...

Günter Rexrodt hatte nichts dergleichen dabei, als er im Mai zu den Victoria- Wasserfällen reiste und ihn dort eine weibliche Anophelesmücke hinterhältig in den Arm stach. Übrigens völlig unbemerkt von seinen Leibwächtern, die zwar geübt darin sind, sich in jeder Lage schützend vor den Minister zu werfen, dabei allerdings mehr auf Kugeln als auf Fliegen achten. Eine sträfliche Lücke in der Ausbildung unserer Bodyguards.

Kohl in Halle von einem Ei getroffen, Rexrodt in Südafrika von Fliegen befallen, Waigel in München schutzlos im Bierzelt bespritzt – ja, wo leben wir denn eigentlich? In einer Bananenrepublik, oder was?

Gestern ging es dem Wirtschaftsminister übrigens wieder etwas besser, vermeldeten die Agenturen und wiesen darauf hin, daß man den Patienten schon vor einiger Zeit in ein künstliches Koma versetzt habe. Vergeblich suchte man in der Meldung allerdings nach dem genauen Zeitpunkt dieser ärztlichen Intervention. Ist es vielleicht schon Monate oder gar Jahre her, daß man den Wirtschaftsminister künstlich unschädlich machte? Liegt hier vielleicht der Schlüssel zur Erklärung seiner Wirtschaftspolitik? Wer außer Rexrodt liegt in Bonn noch im künstlichen Koma? Vor allem: seit wann? Philipp Maußhardt

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