■ Querspalte: Tip für Theo
In Gelddingen ticken protestantisch gefärbte Hirne immer noch am schnellsten. Galt doch schon den Reformatoren die Bewährung hinieden im Reiche Mammons als Zeichen göttlicher Auserwähltheit. Je praller die Säckel puritanischer Kaufleute, so das Credo, desto offener die Pforten des Paradieses. Vergnügungssucht hielt da nur von der ewigen Seligkeit fern, denn die behinderte ja den erfolgreichen Gelderwerb – fürs gesegnete Ticket nach oben. Wo also liegen Askese und Geldinstinkt so nah beieinander wie sonst nirgends? In der Schweiz, Wirkungsstätte des Zuchtmeisters Calvin. Wer sich in Genf – dem „protestantischen Rom“ – das Vergnügen einer Kinokarte für umgerechnet 19 Mark leistet, um bei „Twister“ mal ordentlich vor häuserfressenden Tornados zu schlottern, der zahlt damit auch eine 13prozentige „Abgabe für die Armen“. Helvetiens Kantone lassen in Kabaretts für Hungernde ablachen, in Bars für Behinderte schwofen und in Spielhallen für Hinfällige rumballern. Schweizer Richter haben das kürzlich abgesegnet.
Allein Genf macht damit 23 Millionen Mark pro Jahr, um Sozialdienste zu finanzieren. Nicht dumm. Weil die calvinistische Gemeinde echtes Vergnügen in ihrer Mitte ebensowenig duldet wie Bettlertum, macht die spaßverteuernde Abgabe doppelt Sinn. Wenn man hier was wegnimmt und dort hingibt, ist man bald beides los. Mögen sich g'schiete Eidgenossen gedacht haben, od'r?
Modell für Deutschland. Obwohl der verdrießliche Bundesfinanzminister Theo Waigel weiß Gott kein Vorzeige-Calvinist ist, spart er hart, um uns auch noch das letzte bißchen Fun auszutreiben. Das reicht aber nicht. Mit 30 Prozent Vergnügungssteuer, ha, ha, könnte sich die große Masse doch am eigenen Schopf aus dem Finanzloch ziehen. Dann klingelt's jedesmal in der Staatskasse, wenn Konrad Jopplos auf „Mission impossible“ geht oder Gerda Herty am Tresen Macarena tanzt. Krankenhäuser, Kindergärten, Kurhotels? Kein Problem mehr. Die Amüsement-Taxe macht's möglich. Thomas Worm
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