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■ QuerspalteEin Fest für Gen-ießer

Nun laßt die Mikrobiologen doch mal in Ruhe am Erbgut zaubern. Auf Soja wird eine gen-iale Zukunft folgen. Intelligente Dauerschaum-DNA beim Bier, minuskalorienöser Schokokram, fettfreies Fett und wochenlang knackige Brötchen werden erst der Anfang sein. Kartoffeln sprießen schalenlos in schlanker Frittenform, auf Schreibtischablagen wachsen paprikagetuned knabberfertige Chips. Apfelsinen verkleben nicht mehr die Finger, seit Erbgutfloristen sie in praktischer Bananenform entwickeln. Für Vegetarier sind Fleisch und Wurst tierfrei nachgebaut: Molekularburger und Kreativkoteletts mit Vollwertturbomikroben. Schluß mit den ewigen Möhroffeln, Kohlonen und dem Zucchillerie.

Luxusmampfe wird sozial: Kaviar mit Powergenen wird groß wie Tennisbälle und scheibenweise verkauft. Der Volkshummer XXL gedeiht über Nacht schalenfrei in jeder Badewanne, fangfrisch zum Frühstück. Frostresistente Papayas, Mangos und Eurokokospalmen wachsen im Schrebergarten. Frischobst und Gemüse faulen nicht mehr – die haben die Büchse quasi in sich drin. Kinder lernen Naturgesetze mit dem „Laborkasten Schneller Brüter jun.“ – da wachsen Fischstäbchen und Gummibärchen auf Petrischalen. Eierlegende Wollmilchsäue werden aus Tüten großgezogen. Allergieprobleme sind gelöst, sobald die Food-User ihren Magen-Darm-Trakt transgenisieren lassen: Mit dem Bypass-Implantat GT („Go Through“) wird das menschliche Immunsystem für die neuen Lebensmittel lebenslang kompatibel gemacht.

Gourmetmenü 2000. Vorspeise: pro Person zwei Körner Kürbisreis an Bullenmilch vom Galloway-Rindsreh. Hauptgang: kräutergekreuztes Thunschweinbrüstchen mit hochnukleiden Integralaromen aus der Reagenzröhre. Wein: herrlich petunienblumige Frankenfood-Erbgut-Auslese „Zeller Nacktöchsle“ mit selbst nachregulierbarem Alkoholgehalt. Nachtisch: Frostschutz-Genfrisch-Fruchtmutantenmüsli mit körperwarmem Wintereis. Ein Fest der Sinne, echt was für Gen-ießer! So? Ja! Bernd Müllender

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